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Wortentzug war nicht zulässig

Verwaltungsgericht gibt Klage des früheren Linken-Politikers Pauly statt

Justitia schmückt die Fassade des Lüneburger Rathauses. Foto: LGheuteLüneburg, 29.11.2023 - Es gab Zeiten, da verliefen Sitzungen des Lüneburger Stadtrats so turbulent, dass sie noch Jahre später ein Echo auslösten. Eine solche Sitzung war der 26. September 2019. Weil der damalige Ratsherr Michèl Pauly die AfD-Stadtratsfraktion als rechtsextrem bezeichnet hatte und er dies trotz Aufforderung zur Unterlassung wiederholte, wurde ihm von der damaligen Ratsvorsitzenden Christel John das Wort entzogen. Das aber hätte sie nicht tun dürfen, urteilte heute das Verwaltungsgericht in Lüneburg.

Die Empörung, ob echt oder provoziert, war heftig, nachdem Christel John (CDU) dem damaligen Ratsmitglied Pauly der Linken, inzwischen nicht mehr im Rat vertreten und aus der Partei Die Linke ausgetreten, das Wort entzogen hatte. Türen-knallend und protestierend verließen er und sein damaliger Fraktionskollege Christoph Podstawa daraufhin die Sitzung.

Für die Ratsvorsitzende aber sollte die Geschichte ein gerichtliches Nachspiel haben, denn Pauly wandte sich an das Verwaltungsgericht Lüneburg. Das entschied heute, gut vier Jahre später: Der Wortentzug war rechtswidrig, er habe gegen die Geschäftsordnung des Rates der Stadt verstoßen.

Zwar erkannte das Gericht an, dass nach dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz die Vorsitzende die Verhandlungen leitet und damit für die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Sitzungen sorgt. Die Voraussetzungen für den Wortentzug hätten laut Gericht dennoch nicht vorgelegen, und zwar aus formalen Gründen. So seien der eindeutige Ruf "zur Ordnung" unter Nennung des Namens des Klägers, also Paulys, sowie dessen nochmalige Verwarnung nicht erfolgt. Die weitere strittige Frage, ob Paulys Äußerung, die AfD-Fraktion sei rechtsextrem, ebenfalls einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung darstellte, war aus Sicht des Gerichts jedoch nicht "entscheidungserheblich" gewesen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine Fortsetzung dürfte die Angelegenheit aber wohl nicht finden. "Ich hätte ihm das Wort nicht ohne Ordnungsrufe entziehen dürfen und habe mich bei Herrn Pauly dafür auch entschuldigt", teilte Christel John gegenüber LGheute mit.