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Wo war das Zeichen?

Morgen erstrahlt das Rathaus in Orange – Für Israel aber blieb es dunkel

Nach dem Überfall auf Israel blieb das Rathaus in Lüneburg dunkel. Foto: LGheuteLüneburg, 24.11.2023 - In Lüneburg werden gern Zeichen gesetzt. Mal für besseres Klima, mal für mehr Radwege, mal gegen Autobahnen, mal gegen Rechts. Aber auch gegen den Krieg in der Ukraine wurden Zeichen gesetzt. In der Johanniskirche wurden noch am selben Tag spontan Kerzen angezündet, drei Tage später kamen mehr als eintausend Menschen auf dem Marktplatz zusammen, das Rathaus wurde über Wochen Blau-Gelb angeleuchtet – Zeichen der Solidarität. Am morgigen Sonnabend erstrahlt das Rathaus wieder, dann orange als Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Wo aber blieb das Zeichen für Israel? 

Als Israel am 7. Oktober von der islamistischen Terrororganisation Hamas überfallen wurde, blieb Lüneburg lange stumm. Keine Kerzen, keine Flaggen, keine spontanen Solidaritätsbekundungen. Erst eine Woche später versammelten sich knapp 300 Menschen auf dem Lüneburger Marktplatz, sie waren einem gemeinsamen Aufruf Lüneburger Parteien und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Lüneburg gefolgt.

Von offizieller Seite war bis dahin nichts zu vernehmen. Gerademal für eine Beflaggung hatte sich das Rathaus durchringen können, die zuvor aber ohnehin von der Landesregierung angeordnet worden war. Eine Israel-Flagge sah man nicht. Auch das Rathaus selbst blieb dunkel. Keine Beleuchtung der Fassade wie noch beim Ukraine-Krieg, kein Erstrahlen in den Farben Israels wie bei der Groß-Demo am Brandenburger Tor in Berlin. Immerhin: Bei der Marktkundgebung war Jule Grunau als Bürgermeisterin vertreten. 

Ab morgen nun wird das Rathaus wieder erstrahlen. Nicht aber in den Nationalfarben Israels, sondern in orange. Anlass sind die morgen beginnenden "Orange Days", an denen mehrere Tage lang Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen gesetzt werden. 

Warum aber ist die Stadtverwaltung ausgerechnet bei Israel so zurückhaltend? Warum wurde keine Israel-Flagge vor dem Rathaus gesetzt, warum gab und gibt es keine Fassaden-Beleuchtung, wenn dieses sogar anlässlich von Orange Days möglich ist?

◼︎ Im Rathaus gab's keine Flagge 

LGheute fragte im Rathaus nach. Es habe zum Zeitpunkt der Kundgebung noch keine Israel-Flagge im Rathaus gegeben, war die Antwort der Pressestelle. Die Stadt habe nach dem Anschlag der Hamas aber eine Israel-Flagge bestellt und diese mittlerweile in ihrem Flaggen-Fundus. Diese sei auch am 9. November zum Gedenken an die Reichspogromnacht gehisst worden.

"Überdies hat der Stadtrat in seiner Sitzung am 8. November der Menschen in Israel und im Gaza-Streifen gedacht, Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch hat dort und bei der zentralen Gedenkfeier des Landes Niedersachsen zur Reichspogromnacht klare Worte gefunden", ergänzt Pressesprecherin Ann-Kristin Jenckel.

Warum das Rathaus nicht beleuchtet wurde, dazu gab es keine Antwort. Lediglich den Hinweis, dass Krisenherde "immer schrecklich und zu verurteilen" seien. "Sie miteinander zu vergleichen und abzuwägen, welcher Konflikt schlimmer ist oder bei welchem Konflikt mehr oder weniger Solidarität notwendig ist, ist aus unserer Sicht nicht angebracht und auch nicht zielführend", so die Pressesprecherin.

◼︎ Starkes Engagement – aber nicht für Israel

Mit deutlich mehr Engagement sind Stadt und Landkreis Lüneburg dafür bei den "Orange Days" dabei. "Gemeinsam mit einem breiten Bündnis an Akteurinnen und Akteuren zeigt auch der Landkreis Lüneburg gemeinsam mit der Hansestadt Lüneburg bis zum 10. Dezember 2023 Flagge", verkündete stolz die Pressestelle des Landkreises.

Und hier gelingt, was es für Israel nicht geben sollte: So findet morgen eine Demonstration statt, die um 15.30 Uhr vor der Lüneburger Kreisverwaltung beginnt und gegen 17 Uhr in der Waagestraße am Rathaus mit einer Kundgebung endet. Und weiter heißt es in der Pressemitteilung: "Als Zeichen der Solidarität hissen Landkreis und Hansestadt Lüneburg, die Polizei, die Leuphana Universität und das Museum Lüneburg während der 'Orange Days' Flaggen mit der Aufschrift 'Nein zu Gewalt an Frauen'. Das Lüneburger Rathaus erstrahlt am 25. November 2023 in Orange, auch eine Sprühkreide-Aktion macht auf das Thema aufmerksam." Außerdem stehen in den kommenden Wochen weitere Aktionen auf dem Programm.

Geschnürt wurde das Programm rund um die „Orange Days“ von den Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis Lüneburg, dem Kriminalpräventionsrat mit dem Runden Tisch gegen Gewalt in der Familie und dem Runden Tisch gegen Gewalt in der Pflege, dem Lüneburger Club von Soroptimist International, der Frauenpolitischen Initiative, dem Kinderschutzbund, der Volkshochschule Region Lüneburg, dem Agora Club Tangent 56, dem DGB sowie pro familia, der Leuphana Universität, dem Frauenhaus und dem Museum Lüneburg.

So viel Engagement ist beeindruckend – oder ernüchternd, je nachdem, welchen Blick man darauf richtet. Ein Zeichen ist es auf jeden Fall.