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"So ein Missmanagement habe ich noch nicht erlebt"

Kritik am Vorgehen des Rathauses wegen der Baustellen-Verzögerungen am Sande wird lauter

Auf der Baustelle am Sande/Rote Straße wird voraussichtlich noch bis Ende November weiter gebuddelt. Foto: Stadt LüneburgLüneburg, 13.10.2024 - Die Diskussion um die Verantwortung für das Baustellen-Desaster in der Roten Straße nimmt Fahrt auf. Nachdem die Stadtverwaltung vor drei Tagen mitteilen musste, dass die Fertigstellung der Baustelle und der damit verbundenen Sperrung des Platzes Am Sande sich wie berichtet nun noch einmal um vier Wochen verschiebt, hatte die Händlerorganisation Lüneburger Citymanagement (LCM) Kritik an der Stadtverwaltung geäußert. Die reagiert nun spürbar gereizt. Aber auch von anderer Seite kommt deutliche Kritik.

"Die Geschäftsleute am Sande und in angrenzenden Bereichen haben Umsatzeinbrüche von 30 bis 40 Prozent, und das schon seit dreieinhalb Monaten. Das tut richtig weh! Und jetzt soll es noch bis Ende November weitergehen?" Heiko Meyer ist nicht nur fassungslos über die jetzt fünfmonatige Bauzeit, die eigentlich nur drei Monate dauern sollte, der LCM-Vorsitzende wundert sich auch über die Art und Weise, wie mit den betroffenen Einzelhändlern und Gewerbetreibenden umgegangen wird. Er selbst und auch die Geschäftsleute hätten aus der Zeitung von der erneuten Verlängerung um vier Wochen erfahren. "So geht man nicht miteinander um", kritisiert Meyer das Agieren der Stadtverwaltung. 

Hinzu komme, dass die Verlängerung nun auch noch in das für den Handel wichtige Weihnachtsgeschäft hinreiche, kritisiert Meyer. Zwar hatte die Verwaltung erklärt, dass die Bauarbeiten zum Start des Weihnachtsmarkts am 24. November beendet sein müssen, "dann ist das Weihnachtsgeschäft aber bereits angelaufen", so Meyer. 

◼︎ Rathaus: LCM schadet dem Ruf der Stadt

Im Lüneburger Rathaus kommt die Kritik nicht gut an, Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) reagierte entsprechend gereizt. Zwar sei es "gut und richtig", wenn der LCM seine Mitglieder deutlich hörbar vertrete, "doch sollte der Verein dabei nicht übertreiben und Lüneburg schlechtreden. Ständige Kassandrarufe schaden unserer Innenstadt", warnt Kalisch. Sie ging damit auf Bemerkungen Meyers ein, wonach Lüneburger inzwischen lieber nach Winsen oder Uelzen ausweichen würden, weil ihnen der Weg mit dem Auto in die Stadt immer mehr erschwert werde. Das, so Kalisch, träfe aber nicht zu.

Die Reaktion aus dem Rathaus zeigt: In der Verwaltung liegen die Nerven offenbar blank. Angesichts des inzwischen auch wirtschaftlich bedeutsamen Ausmaßes dieser Baustelle verwundert das allerdings. Schließlich müssen die von der Sperrung am Sande betroffenen Unternehmen seit Monaten auf viele Kunden und damit auf wichtige Einnahmen verzichten.

◼︎ Stadt nicht zuständig? Alt-OB Mädge widerspricht 

Doch die Stadtverwaltung sieht sich hier offenbar nicht in der Pflicht. "Das ist nicht unsere Baustelle", zitiert die "Landeszeitung" Lüneburgs Tiefbauchefin Uta Hesebeck – was aber nur zum Teil richtig ist. Zwar lässt hier die Avacon neue Fernwärmeleitungen und Stromkabel verlegen, gänzlich unbeteiligt ist die Stadtverwaltung dennoch nicht. Schließlich müssen Baustellen im öffentlichen Bereich vorab mit dem Rathaus abgestimmt werden, bevor die Genehmigung erteilt wird.

Wie das normalerweise läuft, macht Lüneburgs Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge deutlich. Im Gespräch mit LGheute sagt er: "Natürlich setzt man sich vorher zusammen und schaut, wie so eine Maßnahme durchgeführt werden kann, vor allem dann, wenn sie solche Auswirkungen hat wie diese." Dass die Arbeiten in der Roten Straße nur drei Monate dauern sollten, hatte Mädge schon vor Beginn der Arbeiten bezweifelt. Bei Baustellen wie dieser müsse mit mindestens sechs Monaten Bauzeit gerechnet werden, so der frühere Verwaltungschef. 

◼︎ "Längere Arbeitszeiten kommen zu spät"

Aber auch auf die Avacon ist Mädge nicht gut zu sprechen. "Wenn Arbeiten der Avacon anstanden, habe ich grundsätzlich immer ein Drittel Bauzeit oben draufgeschlagen, dann passte es auch meistens." Dass jetzt aber schon zwei Verlängerungen vermeldet wurden, macht auch ihn fassungslos: "So ein Missmanagement habe ich noch nicht erlebt."

Auch dass erst jetzt über längere Arbeitszeiten auf der Baustelle nachgedacht werde, irritiert Mädge: "Es war doch längst absehbar, dass es in der ursprünglich vorgesehenen Zeit nicht klappt." Arbeiten auch am Wochenende sei überdies nichts Ungewöhnliches. "Die werden bei der Gewerbeaufsicht beantragt und das Unternehmen erhält ein entsprechendes Beschleunigungsentgelt, das ist das übliche Verfahren", erläutert Mädge. Warum allerdings trotz der Ankündigung auch an diesem Samstag nicht gearbeitet wurde, könne er nicht nachvollziehen.

Überhaupt findet Mädge die Begründungen von Avacon, wonach die Verzögerungen wegen der unklaren Baugrundbedingungen nicht vorab einschätzbar gewesen seien, fadenscheinig. "Im Bereich der Baustelle liegen Stromkabel, Gasleitungen und Wasserleitungen. Für all dies ist Avacon zuständig. Sie müsste also wissen, was sie dort verlegt hat." Hinzu komme, dass 1994 der gesamte Platz Am Sande neu angelegt wurde, auch unter Einbindung der Avacon. "Spätestens seitdem ist bekannt, was dort wo liegt", so Mädge. 

◼︎ Mädge: Avacon soll Entschädigung zahlen

Dass die Stadtverwaltung nun LCM kritisiert, kann Mädge ebenfalls nicht nachvollziehen: "Hier haut man den Falschen." Schließlich sei es die Pflicht von LCM, sich für die Händler stark zu machen. Überdies sei es an der Zeit, über Entschädigungen für die betroffenen Geschäfte zu sprechen, "und zwar seitens Avacon", hebt Mädge hervor. Er hält hier einen fünfstelligen Betrag für angebracht - für jedes Unternehmen.

◼︎ Dazu bisher auf LGheute:

 

 

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