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Annäherung im Ausschuss

Politik und Verwaltung suchen Lösung im Streit um Bus-Sperrung am Sande

Ulrich Mädge forderte im Ausschuss erneut Verbesserungen bei der Sperrung des Sande vor allem für Senioren und Behinderte. Foto: LGheuteLüneburg, 06.06.2024 - Die in den letzten Tagen politisch hochgeschlagenen Wogen um die geplante Sperrung des Platzes Am Sande für Busse scheinen sich wieder zu glätten. Entsprechende Signale wurden gestern im Mobilitätsausschuss der Stadt ausgesendet und kamen vor allem von der Stadtverwaltung: "Wir sind für Gespräche offen", betonte Lüneburgs Verkehrsdezernent Markus Moßmann nicht nur einmal in der Sitzung. Damit könnte sich auch eine andere Variante als die bislang vorgesehene und heftig kritisierte Shuttle-Lösung mit Taxen andeuten. Vor allem ein Vorschlag ließ aufhorchen.

"Man hätte das Thema besser kommunizieren können", räumte Markus Moßmann selbstkritisch ein und zeigte sich gleich zu Beginn der Sitzung erkennbar bemüht, den Druck aus der öffentlichen Diskussion zu nehmen, der sich in den letzten Tagen um die Sperr-Pläne der Stadtverwaltung aufgebaut hatte. Er ging damit auch auf Kritik ein, die im Wesentlichen vom Seniorenbeirat der Stadt kam.

Dessen Vertreter im Mobilitätsausschuss, Alt-OB Ulrich Mädge, hatte sich vor allem darüber beklagt, in dieser "für die 20.000 Senioren der Stadt wichtigen Frage" nicht angemessen eingebunden worden zu sein: "Wir können uns heute zum ersten Mal dazu äußern." Zwar war die geplante monatelange Sperrung des Platzes für Busse bereits am 17. April Thema im Mobilitätsausschuss, doch da war der neue Seniorenbeirat noch nicht im Amt. Dass der alte Seniorenbeirat das Thema nicht wahrnahm, lag auch daran, dass es auf der Tagesordnung als solches gar nicht zu erkennen war, wie auch Moßmann zubilligen musste.

Kritik am Vorgehen der Verwaltung kam auch von Uwe Nehring (SPD). Er bemängelte, dass es seit dem 17. April keine Bemühungen des Rathauses gegeben habe, das Gespräch mit Seniorenbeirat, Behindertenbeirat und anderen Organisationen zu suchen. Zwar werde im Rathaus viel von Beteiligung gesprochen, "die findet aber nur da statt, wo keine Kritik zu erwarten ist", so Nehring. 

◼︎ Shuttle soll verbessert werden

In der Sache selbst kreiste die Diskussion vor allem um die Frage, wie der geplante Shuttle-Service verbessert werden kann. Die bislang vorgesehene Variante der Stadtverwaltung, hierfür lediglich zwei Taxen einzusetzen, stieß bei mehreren Ausschussmitgliedern auf Ablehnung. Auch die Einssatzzeiten der Fahrzeuge – bislang 9 bis 18 Uhr – sei wegen der zahlreichen Arztpraxen am Sande mit ihren deutlich früheren Öffnungszeiten nicht akzeptabel, kritisierte Mädge. Er forderte eine Erweiterung der Fahrzeiten auf 7 bis 21 Uhr, "auch mit Blick auf den Einzelhandel und die Gastronomie". Von dessen Vertreter im Mobilitätsausschuss, LCM-Mitglied Cornelius Schnabel, aber war in der Sitzung nichts zu hören.

Kritisch wurde auch die geringe Größe der Shuttle-Fahrzeuge und deren Tauglichkeit für den Transport von Rollstuhlfahrern bewertet. Die Auskunft von Daniela Laudan vom Behindertenbeirat, wonach dies möglich sei, führte bei einigen Ausschussmitgliedern aber zu Stirnrunzeln. Mädge forderte deshalb auch den Einsatz eines 12-Meter-Busses der KVG für den Shuttle. Von Jörg Kohlstedt (SPD) kam der Vorschlag, die KVG könne doch Kleinbusse anmieten, "dazu gibt es reichlich Angebote im Internet". Dem war die Aussage von Lüneburgs KVG-Betriebsleiter Denis Bauer vorausgegangen, wonach das Unternehmen keine entsprechenden Fahrzeuge zur Verfügung stellen könne, da diese anderweitig im Einsatz seien.

"Besser, einen Shuttle mit wenig Beförderungsmöglichkeiten zu haben als gar keinen", kommentierte Moßmann die Vorschläge mit Verweis auf den Landkreis Lüneburg als Träger des ÖPNV. Der hatte laut Moßmann erklärt, auf einen Shuttle-Service gänzlich verzichten zu können – wohl auch, weil er die Hauptlast bei den Kosten zu tragen hat, die in der Sitzung aber kein Thema waren. 

Eine weitere Anregung aus dem Ausschuss galt der möglichst frühzeitigen Information der Bus-Nutzer. Es reiche nicht, nur Info-Points am ZOB und am Sande aufzustellen, wie es die Stadtverwaltung plant, dort sollten auch Ansprechpersonen sein, die vor allem Älteren und Auswärtigen Orientierung während der geänderten Fahrzeiten bieten – ein Vorschlag, den die Stadtverwaltung aufgreifen wolle, wie Moßmann erklärte. Eine Absage erteilte er dem Wunsch, die neuen Fahrpläne schon jetzt bekanntzugeben. Dem stellte sich auch die KVG mit Verweis auf die noch vorhandenen Unklarheiten und die personellen Ressourcen bei der Erstellung von Fahrplänen entgegen.

◼︎ Wenden doch möglich? Praxistext soll es zeigen

Ein spannender Vorschlag kam von Jörg Kohlstedt, der auf die von Moßmann erneut dargestellten Probleme zur Wendemöglichkeit der KVG-Busse am Sande einging. "Warum probieren wir es nicht einfach mal aus?", fragte der SPD-Politiker. "Ich habe einen passenden Führerschein, wir können das gern mal testen."

Auch für diesen Vorschlag zeigte sich Moßmann offen, wollte ihn aber auf den bereits anberaumten Termin mit der KVG und dem Landkreis Lüneburg am 14. Juni verschieben.

Offen zeigte sich in diesem Punkt auch die KVG. "Aus meiner Sicht ist das problemlos möglich", ließ Bauer die erstaunten Ausschussmitglieder in der Sitzung wissen. Und er überraschte auch mit einem weiteren Vorschlag: "Wir könnten auch die Streckenführung über die Ilmenaustraße anbieten." Das aber hatte Moßmann wenige Minuten zuvor noch wegen angeblich zu enger Kurven und der damit verbundenen Nutzung der Straße An den Brodbänken ausgeschlossen. "Die Straße ist quasi eine Fußgängerzone", sagte Moßmann, das Gefährungspotential sei hier zu hoch. Ob dies dennoch eine mögliche Variante wird, blieb am Ende offen. 

Zwischen Palmen und Dionosauriern: Der Mobilitätsausschuss tagte dieses Mal im Museum Lüneburg, wo derzeit eine Sonderausstellung zu sehen ist. Foto: LGheute◼︎ Dringlich oder nicht?

Dass es überhaupt zur Aussprache in dieser Sache kam, war zu Beginn der Sitzung noch längst nicht ausgemacht. Denn ursprünglich sollte das Thema unter dem Tagesordnungspunkt "Mitteilungen der Verwaltung" behandelt werden, bei dem keine Aussprache vorgesehen ist. Dem wollte Mädge mit einem Dringlichkeitsantrag zuvorkommen, stieß damit aber bei Moßmann auf formale Ablehnung. Er betonte aber auch: "Einer Diskussion will ich mich nicht verschließen." 

Ulrich Blanck (Grüne) vermochte "keine Dringlichkeit" zu erkennen und auch keine Zuständigkeit des Mobilitätsausschusses, Fragen der Verkehrssicherheit zu beschließen. Das aber war mit dem Dringlichkeitsantrag auch nicht gefordert worden. Bei Jörg Kohlstedt stieß Blancks Äußerung auf Verwunderung: "Das Thema ist in der Öffentlichkeit doch längst hochgekocht. Wenn nicht der Mobilitätsausschuss sich damit befassen darf, wer dann?" Und Ulrich Mädge erinnerte daran, dass ein Fachausschuss das Recht habe, Empfehlungen abzugeben. 

Letztlich verständigte sich der Ausschuss darauf, das Thema abweichend von der Geschäftsordnung diskutieren zu wollen.

◼︎ "Pech gehabt!"

Für Kritik sorgte eine Einlassung von Frank Soldan (FDP). Er hatte die von Mädge kritisierte ungenügende Einbindung des Seniorenbeirats mit den Worten "Pech gehabt!" kommentiert und damit Bezug genommen auf den erfolgten Wechsel im Seniorenbeirat. Bei Jörg Kohlstedt kam das nicht gut an: "Das ist glaube ich nicht der Umgang mit den Menschen, die auf Hilfe von uns angewiesen sind."

Nach einem mehr als zweistündigen Austausch war im Ausschuss nicht nur aufgestauter Dampf abgelassen worden, es schien auch wieder eine Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung gefunden worden zu sein. Dem wollte sich auch Ulrich Mädge nicht verschließen: "Nun sind wir ja schon ein paar Schritte weiter." Darauf Moßmann: "Lassen Sie uns vernünftig miteinander umgehen, dann kann man mit mir auch vernünftig reden."

 

◼︎ Dazu bisher auf LGheute: