Amtsgericht ordnet auch Abschiebung an – Richter kritisiert Medien und Lüneburgs Oberbürgermeisterin
Lüneburg, 07.02.2025 - Der Lüneburger Serien-Straftäter aus Guinea-Bissau ist hinter Schloss und Riegel. Gestern wurde er vom Amtsgericht Lüneburg zu zwölf Monaten Haft verurteilt, ihm wurden acht Taten zur Last gelegt. In der Verhandlung fiel der Angeklagte noch einmal durch hohes Aggressionspotential auf, mehrfach musste er aus dem Gerichtssaal geführt werden. Die Sitzung war aber auch in einem anderen Punkt ungewöhnlich: Bei der Urteilsbegründung sparte der Vorsitzende Richter nicht mit Kritik an den Medien – und an Lüneburgs Oberbürgermeisterin.
An Händen und Füßen gefesselt und durch zeitweise fünf Vollzugsbeamte auf seinem Anklagestuhl unter Kontrolle gehalten, bot der überraschend schmächtige Mann, der wochenlang Lüneburg in Angst und Schrecken versetzte, ein bizarres Bild. Sein Kopf war umhüllt mit einem weißen Stoff, eine Schutzmaßnahme, wie Richter Ottmüller die Anwesenden zu Beginn der Sitzung informierte. Denn der Angeklagte, der 30-jährige Sani F. aus Guinea-Bissau, hatte zuvor mehrfach andere bespuckt.
Ruhe gab der Angeklagte dennoch nicht. Kaum war das Wort an ihn gerichtet, stieß er brüllend übelste Beschimpfungen aus – "I fuck your Mother" – und zeigte sich empört, überhaupt hier festgehalten zu werden, er habe nichts getan und gültige Papiere "für die ganze Welt", wie der anwesende Dolmetscher übersetzte. Weil er auch im weiteren Verlauf weiter herumschrie, schloss Amtsrichter Ottmüller ihn schließlich von der Verhandlung bis zur Urteilsverkündung aus.
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Nach vier Stunden stand das Urteil fest: Zwölf Monate Haft ohne Bewährung, schuldig gesprochen für vorsätzliche Körperverletzung in drei Fällen, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte mit Bedrohung, Betrug in vier Fällen, dabei in drei Fällen gewerbsmäßig handelnd. Dabei folgte der Richter Ottmüller "vollumfänglich" dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte selbst kein Strafmaß beantragt und es ins Ermessen des Richters gelegt.
In seiner Urteilsbegründung ging Ottmüller auch auf die Situation ein, in der Sani F. sich befand, als er die ersten Male in Lüneburg auffiel. Ein ganz normaler Zechpreller sei er gewesen, wie es sie hundertfach gebe. "Wir haben jemanden in der Stadt gehabt, der sagt, ich habe Hunger". Bis dahin – das hatte auch die Zeugenbefragung ergeben – habe er sich normal und friedlich verhalten. Und bis dahin sei er auch "zu recht" immer wieder von der Polizei laufen gelassen worden.
"Und dann ist Aggressivität hinzugekommen." Eine Aggressivität, die, so der Amtsrichter, bei vielen Menschen mit Fluchthintergrund auftrete: "Ein Drittel von ihnen sind psychisch beeinträchtigt." Dass Sani F. also auch zu einer tödlichen Gefahr für die Allgemeinheit hätte werden können – der Doppelmord von Aschaffenburg schwebte noch im Raum –, dazu sagte Ottmüller nichts.
◼︎ "Sorry, dass wir die Gesetze anwenden"
Stattdessen nahm der Vorsitzende Richter die Medien in den Blick und machte minutenlang seinem Unmut über die Berichterstattung der letzten Tage Luft. Dass seitens der Strafverfolgungsbehörden "nichts passiert" sei, wie einzelne Medien behaupteten, "das ärgert mich für all' die Menschen, die sich hier die Finger wundschreiben".
Ja, es war "gut und richtig, und hier musste was geschehen", räumte Ottmüller ein, "das hat uns alle überrollt!". Doch handele es sich immer noch um ein rechtsstaatliches Verfahren. "Der Strafjustiz Nichtstun unterstellen – ich weiß nicht."
Damit wandte er sich auch an Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch, die Ottmüller direkt ansprach. In einer Pressemitteilung vom 2. Februar hatte Kalisch mitteilen lassen, dass sie die Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Serientäter "persönlich nicht nachvollziehen könne, auch wenn ich sie in meiner öffentlichen Funktion akzeptieren muss". Bei Ottmüller kam das nicht gut an: "Sorry, dass wir die Gesetze anwenden."
◼︎ Abschiebung bis zum 20. März
Wie geht es nun weiter? In einer vorangegangenen Verhandlung hatte das Amtsgericht Lüneburg Abschiebehaftbefehl gegen Sani F. erlassen. Damit bleibt er bis zu seiner Abschiebung, die spätestens am 20. März erfolgen muss, in Abschiebungshaft. Vorsorglich ordnete Amtsrichter Ottmüller im nachfolgenden Verfahren auch noch Untersuchungshaft an. Er begründete dies mit fehlendem festen Wohnsitz und Fluchtgefahr.
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