Staatsanwaltschaft wählte "Ausnahmeverfahren" wegen hoher Anzahl der Straftaten
Lüneburg, 03.02.2025 - Wieder neue Straftaten, wieder ein Angriff auf die Bäckerei-Mitarbeiterin, die schon vor einer Woche Opfer des Serientäters aus Guinea-Bissau wurde. Nun hat die anhaltende Straftaten-Serie des 30-jährigen Serienstraftäters auch bei der Lüneburger Staatsanwaltschaft das Fass zum Überlaufen gebracht. Gestern beantragte sie Hauptverhandlungshaft gegen den Mann, dem inzwischen knapp 40 Delikte angelastet werden. Noch in dieser Woche soll es zur Gerichtsverhandlung kommen. Aber warum reagiert die Staatsanwaltschaft erst jetzt?
"Das Gesetz sieht vor, dass es in Situationen wie dieser innerhalb einer Woche zur Gerichtsverhandlung kommen muss", erläuterte Staatsanwältin Wiebke Bethke als Pressesprecherin der Lüneburger Staatsanwaltschaft auf LGheute-Nachfrage das jetzt in Gang gebrachte Verfahren gegen den gewalttätigen Mann, der seit Wochen Lüneburg mit Beleidigungen, Bedrohungen, Hausfriedensbrüchen, Zechprellereien und vor allem auch Körperverletzungen tyrannisiert.
Mit dieser "Situation" meint die Staatsanwaltschaft die Hauptverhandlungshaft, in der sich der Angeklagte seit gestern Abend befindet, nachdem die Anklagebehörde Hauptverhandlungshaft beantragt hatte und ein Bereitschaftsrichter am Amtsgericht Soltau Haftbefehl erließ (LGheute berichtete).
◼︎ Genaue Anzahl der Anklagepunkte noch offen
Was aber konkret zur Anklage gebracht werden soll, ist offenbar noch nicht endgültig entschieden. "Der Haftbefehl bezieht sich auf die Taten vom Wochenende, doch wir prüfen, ob noch weitere Taten zu berücksichtigen sind", so die Pressesprecherin. Damit soll geprüft werden, ob dem 30-jährigen Mann, der sich ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhält, auch die Straftaten vor dem vergangenen Wochenende zur Last gelegt werden – immerhin eine Liste mit rund 35 Delikten.
Begründet wird diese ungewohnte Vorgehensweise durch die Staatsanwaltschaft mit den besonderen Bedingungen, die für eine Hauptverhandlungshaft gelten. Anders als bei einer Untersuchungshaft stehe hier eine zeitnahe Behandlung der Straftaten durch ein beschleunigtes Verfahren am Gericht im Vordergrund, sobald dies im Interesse der öffentlichen Sicherheit gegeben sei, so Bethke.
◼︎ Warum reagierte die Staatsanwaltschaft erst jetzt?
Warum aber wird die Staatsanwaltschaft dann erst jetzt aktiv? Hätte die Hauptverhandlungshaft vor dem Hintergrund der zahlreichen Straftaten, die bereits vor dem vergangenen Wochenenden begangen wurden, nicht schon längst beantragt werden müssen? Staatsanwältin Bethke weist diese Frage zurück und spricht von einem unzulässigen "Rückschau-Fehler". "Bei einer Hauptverhandlungshaft handelt es sich um ein Ausnahmeverfahren", so Bethke. Zwar sei dies grundsätzlich immer anwendbar, doch sei es "sehr aufwendig und bindet viele Ressourcen". Vor diesem Hintergrund müsse eine entsprechende Abwägung vorgenommen werden.
Dass die Staatsanwltschaft sich nun für den Weg der Hauptverhandlungshaft entschied, begründet Bethke mit der hohen Frequenz der Straftaten und der offenkundigen Uneinsichtigkeit des mutmaßlichen Straftäters. "Die meisten Menschen zeigen sich einsichtig, wenn sie auf oder nach frischer Tat erwischt werden. Dann ist ein solches Verfahren natürlich nicht erforderlich." Anders sei es in diesem Fall. Allein die "hohe Frequenz" der verübten Straftaten habe dazu geführt, jetzt eine Hauptverhandlungshaft zu beantragen.
◼︎ Abschiebung wird weiter angestrebt
Spätestens bis Freitag muss das Amtsgericht Lüneburg über den Fall entscheiden. "Freispruch, Geldstrafe oder Freiheitsentzug bis zu einem Jahr – alles ist möglich", sagt Staatsanwältin Bethke. Sie geht davon aus, dass es noch deutlich vor Freitag, "vielleicht schon morgen", ein Urteil geben wird.
Die vom Landkreis Harburg weiter angestrebte Abschiebung bleibt laut Staatsanwaltschaft Lüneburg davon unberührt. "Je nach Urteil wird die Staatsanwaltschaft dann entscheiden, wie weiter vorzugehen ist", sagt Bethke. Das bedeutet auch, dass ihre Behörde für den Fall einer Verurteilung des Angeklagten eine Verzichtserklärung abgibt, die zur Folge hat, dass ein möglicher Strafvollzug zugunsten der beantragten Abschiebung nicht vollzogen wird.
Der für die Aufenthaltsgenehmigung zuständige Landkreis Harburg hat unterdessen Widerspruch gegen die Ablehnung seines Abschiebeantrags eingelegt.
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