FDP-Chef Christian Lindner stellte in Lüneburg das Wahlgramm der Liberalen vor
Lüneburg, 13.01.2025 - Spröde, oberlehrerhaft mit dem Hang zu Arroganz. Wenn über Christian Lindner gesprochen wird, fallen oft Worte wie diese. Der FDP-Parteichef kommt nicht bei jedem gut an. Dafür gibt's dann auch schon mal 'ne Schaumtorte ins Gesicht. Dass er auch anders kann, zeigte Lindner heute in Lüneburg. Gut aufgeräumt, humorvoll und gespickt mit allen Argumenten, wie Deutschland wieder auf Vordermann gebracht werden kann, sprach er am Vormittag vor knapp 200 Gästen im Lüneburger Kunstsaal, um Stimmung für den überfälligen Politikwechsel zu machen, natürlich mit der FDP. Dafür gab's nicht nur viel Zustimmung im Publikum, sondern am Ende auch noch eine Torte.
Der Saal war rappelvoll, als Lindner mit etwas Verspätung kurz vor 11 Uhr ans Mikro trat. Grund war die strenge Einlasskontrolle, mit der Aktionen wie in Greifswald, wo Lindner vor vier Tagen von einer Politikerin der Linken eine Torte ins Gesicht gedrückt wurde, unbedingt vermieden werden sollte. Als alle Namen kontrolliert, Jacken abgegeben und Taschen kontrolliert waren, durfte Platz genommen werden, viele aber mussten stehen, einige sogar draußen bleiben, weil sie sich nicht angemeldet hatten und aus Sicherheitsgründen nicht mehr als 199 Personen im Saal zugelassen waren.
"Hat jemand zufällig wieder etwas mitgebracht?", fragte Lindner augenzwinkernd in Anspielung auf sein Torten-Erlebnis in Greifswald und hatte den Saal damit gleich da, wo er ihn haben wollte: bei sich und seinem Programm für den Wechsel. Und das gelang ihm gut. Immer wieder schaffte er es, seine Themen nicht nur anzusprechen, sondern sie so zu garnieren, dass die Botschaft auch begeistert angenommen wurde.
"Es stört mich nicht, wenn die Linken gegen uns demonstrieren. Schlimm wäre es, wenn die Kreishandwerkerschaft es täte", sagte Lindner und setzte damit den Ton, der bei den Teilnehmern ankam. Denn dass Wirtschaft wieder Vorrang haben müsse, schienen nicht nur die Teilnehmer zu fordern, daran ließ auch Lindner keinen Zweifel.
Und er lieferte. "Unsere Priorität: Wir wollen die Wirtschaft wieder flott machen. Denn die Situation ist ernst." Das aber sei bei SPD und Grünen noch nicht angekommen, "manche machen Wahlkampf und bieten Programme, als sei nichts geschehen". Eine Schuldenpolitik zur Subventionierung einzelner Unternehmen, "daran glauben wir nicht". Der Markt selbst entscheide, was sich am Ende behauptet. "Als Politik können wir Ziele vorgeben, den Weg dorthin aber müssen wir den Ingenieuren überlassen", sagte Lindner mit Blick auf die deutsche Klimapolitik, "für die wir im Ausland nur noch belächelt werden".
Deutschland sehe sich gern überall als Spitzenreiter – bei den Löhnen, im Naturschutz, im Klimaschutz, "auch moralisch" –, nur bei den Spitzenleistungen hapere es inzwischen deutlich. Die Konsequenz: Unternehmen verlassen Deutschland, weil der Standort nicht mehr das biete, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Einstellung zur Arbeit insgesamt müsse sich wieder ändern, forderte Lindner, "Arbeit darf nicht die lästige Unterbrechung der Freizeit sein".
Gleiches, so Lindner, gelte auch für die Bildung. Der Verzicht auf Zensuren sei ein falscher Weg: "Wer in der Schule die Fünf abschafft, schafft auch die Zwei ab und damit die Leistungsbereitschaft, damit aus einer Fünf wieder eine Zwei werden kann." Wer auf Leistung verzichtet, verzichte auch auf den Erfolg.
Veränderungen seien auch beim Staat selbst unumgänglich. "Wir haben 700 Bundesbehörden, die wir längst nicht alle brauchen." Allein im Umweltbundesamt arbeiteten 1.800 Angestellte, die sich mit dem beschäftigen, was auch Aufgabe des Bundesamts für Strahlenschutz und des Bundesamts für Risikobewertung ist. "Hier werden nicht nur Doppelentscheidungen getroffen, die sich sogar auch mal widersprechen, sie kosten auch Zeit und Geld." Gleiches gelte für das Auswärtige Amt und das Bundesamt für wirtschaftliche Zusammenarbeit. "Beides ließe sich problemlos zusammenlegen", so Lindner.
Um Deutschland für Unternehmen wieder attraktiver werden zu lassen, will Lindner die Unternehmenssteuern senken. Die lägen hierzulande bei durchschnittlich 30 Prozent, im EU-Mittel bei 21 Prozent und in den USA wolle Trump sie jetzt auf 15 Prozent senken. "Wir können es uns in der wirtschaftlichen Krise nicht leisten, den Unternehmen so viel Geld wegzunehmen", warnte Lindner, der auch die Arbeitnehmer entlasten will. So soll der steuerfreie Grundfreibetrag um eintausend Euro angehoben werden. Dies, so Lindner, "merken die Geringverdiener als Erste!".
Auch in Schulen, Infrastruktur und Sicherheit soll investiert werden, und Lindner machte klar, was das kostet: "600 Milliarden Euro in zehn Jahren." Die Schuldenbremse müsse dafür nicht abgeschafft werden, "denn Staatsgeld haben wir genug". In einem Zeitraum von zehn Jahren nehme der Staat zwölf Billionen Euro ein, rechnete Lindner vor, "das Geld muss nur intelligent genug ausgegeben werden. Und das ist eine Frage der Prioritäten".
Diese Ziele, so Lindner, seien einzig mit der CDU umsetzbar, die der FDP-Chef in Anspielung an die Zeit der Merkel-CDU mit einem Chamäleon verglich. "Mal schimmerte sie rot, mal grün." Jetzt sei es an der Zeit, dass sie wieder mehr gelb schimmert. Dafür gab es ebenso wie für sein Schlusswort starken Beifall: "Ich bin nicht dafür, dass Robert Habeck sein Zerstörungswerk fortsetzt."
Lobende Worte fand Lindner zuvor für Cornelius Grimm. Der FDP-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Lüchow-Dannenberg/Lüneburg hatte mehr Unterstützung für die Kommunen gefordert, es gebe einen gewaltigen Investitions-Stau, alles dauere viel zu lange. Lindner versprach nicht nur, die Bitte mit nach Berlin zu nehmen, er zeigte sich auch beeindruckt davon, dass Grimm bereits mit 14 Jahren seinen eigenen Gartenbaubetrieb gründete – den es bis heute noch gibt. Grimm dankte mit einer Torte, die er Lindner aber eingepackt übergab.