Rat beschließt Verschärfung der bestehenden Baumschutzsatzung
Lüneburg, 02.12.2024 - Auf Lüneburgs Gartenbesitzer kommen härtere Zeiten zu. In seiner jüngsten Sitzung beschloss der Rat der Stadt mehrheitlich, die seit 2015 bestehende Baumschutzsatzung zu verschärfen. Künftig dürfen selbst Bäume mit einem Stammumfang von nur noch 70 Zentimetern nicht mehr ohne Genehmigung gefällt werden, bisher waren es 90 Zentimeter. Und es gibt noch mehr Einschränkungen.
Obstbäume und Nadelgehölze stehen ab sofort ebenfalls unter Schutz, wenn sie einen Stammumfang von mindestens 70 Zentimeter haben. Heimische Hecken wie Rotbuchen oder Hainbuchenhecken genießen künftig einen Schutzstatus, wenn sie mindestens 1,2 Meter hoch und vier Meter lang sind. Auch Baumgruppen sind künftig geschützt, wenn sie ortsbildprägend sind und einer der Bäume mindestens 50 Zentimeter Stammumfang hat. Auch der Gehölzschutz auf Baustellen wurde mit in die Satzung mitaufgenommen, um die bestehenden Regelungen bekannter zu machen.
Kleiner Trost für Gartenbesitzer: Künftig gibt es mehr Möglichkeiten für Ersatzmaßnahmen. Anstelle einer Nachpflanzung kann beispielsweise ein Dach begrünt werden. "Auch gibt es je nach Wert des Baumes ein Punktesystem, um mit Augenmaß zu kompensieren", sagt Constanze Keuter, Bereichsleiterin Grünplanung und Forsten bei der Hansestadt.
Die Verschärfung diene dazu, Lüneburgs Grün mit Blick auf den Klimawandel und den wachsenden Flächenverbrauch zu erhalten und zu schützen, lautet die Begründung für die Neuregelung. Denn Bäume, Hecken und Sträucher sind laut Rathaus die Lebensgrundlage für Mensch und Tier, produzieren Sauerstoff, binden Kohlenstoff aus der Atmosphäre, reinigen die Luft, sorgen für Schatten und Abkühlung und sind wichtige Lebensräume für viele Tiere.
◼︎ Zuwiderhandeln wird teuer
Wer geschützte Bäume, Sträucher oder Hecken entnimmt, ohne dies entsprechend bei der Hansestadt zu beantragen und entsprechenden Ersatz zu leisten, muss künftig mit höheren Bußgeldern rechnen. Die Ordnungswidrigkeit kann künftig mit einer Geldbuße bis zu 15.000 Euro, in besonders schweren Fällen mit bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Bisher lag die Obergrenze bei 5.000 Euro.
Die neue Gehölzschutzsatzung wird voraussichtlich im Dezember im Amtsblatt veröffentlicht und tritt dann Anfang des Jahres in Kraft. Die neue Satzung wird dann auf der Homepage der Hansestadt veröffentlicht, ebenso wie der dann angepasste Antrag auf Ausnahmegenehmigungen.
◼︎ Diskussion im Rat
In der Debatte im Rat warb Ralf Gros (Grüne) für die Vorlage und wies auf die Bedeutung einer strengeren Gehölzschutzsatzung für den Klimaschutz hin und knüpfte sich auch die Fraktionen von SPD, CDU und FDP vor. Gros: "Wenn man diese Arbeit betrachtet, ... dann ist es umso unverständlicher, wenn dann die strittigen Kernelemente der neuen Gehölzschutzsatzung von CDU, SPD und FDP abgelehnt werden."
Entgegnung von Eckhard Pols (CDU): "Herr Gros, dann appelliere ich an Sie, Ihren alten 190 D vielleicht auch mal stillzulegen – ist ja auch nicht gerade sehr förderlich für unsere Umwelt." Und weiter: "Wenn man sich die Pläne der Dahlenburger Landstraße ansieht, Frau Oberbürgermeisterin, da geht die Stadt mit schlechtem Beispiel voran. Wenn ich es richtig sehe, werden dort über 30 Bäume gefällt. Muss das eigentlich sein, oder kann man da nicht nochmal drüber reden? Denn die Stadt selber ist der größte Vernichter von Bäumen, nicht die Privatleute."
Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne): "Ich gehe davon aus, dass hier kein Baum gefällt wird, der nicht gefällt werden muss."
Ulrich Blanck (Grüne) überzeugte mit zwei kreisrunden Tafeln mit einmal 90 Zentimetern und einmal 70 Zentimetern Stammesumfang. Die Botschaft: Bäume mit diesen Umfängen haben bereits eine stattliche Größe erreicht. Und auch weiterhin bestehe die Möglichkeit, Bäume dieser Art unter bestimmten Umständen fällen zu dürfen: "Es ist möglich, es geht nur darum, dass man es prüfen muss."
Dirk Neumann (AfD) wiederum zeigte die Widersprüchlichkeit dieser Debatte mit Bezug auf die ablehnende Haltung des Rates zur Abholzung von Waldflächen für die Errichtung von Windkraftanlagen außerhalb der Stadt auf: "Ich möchte die Fraktion doch noch einmal bitten, in sich schlüssig zu bleiben: Ein Ökosystem außerhalb der Stadt, ein Wald, hat dann genau die gleiche Wertschätzung zu erfahren wie ein Ökosystem innerhalb der Stadt. Sonst ist das Ganze unglaubwürdig."
Und Burghard Heerbeck (CDU) brachte auf den Punkt, was seit langem schon vielen Ratsmitgliedern aufstößt: "Wie viele Mitarbeiter wollen wir jetzt in der Verwaltung eigentlich noch einstellen, die diese Anträge bearbeiten können?" "Und wollen Sie jetzt in die Gärten der Bürger gehen, um zu prüfen, ob da nicht vielleicht doch eine Hecke in der Mitte durchtrennt wurde?"
Heerbeck warf aber auch den Blick auf eine andere Variante: den Verkauf eines Grundstücks, das von seinen Vorgängern nicht mehr gepflegt wurde oder aus Altersgründen nicht mehr gepflegt werden konnte. "Da steht 'ne riesen Hecke, da stehen fünf Bäume drauf, vielleicht mit dem Stammdurchmesser von 70 Zentimtern, die kann ich dann nicht mehr fällen. ... Ich muss doch als Eigentümer eines Grundstücks das Recht haben, dort zu gestalten. Das, was Sie mit dieser Satzung machen, ist faktisch eine Entrechtung der Eigentümer und Besitzer der Grundstücke."
Die möglichen Konsequenzen aus dieser neuen Satzung warf Heerbeck auch an die Wand: "Die Verbote, mit denen hier gearbeitet wird, können ja das genaue Gegenteil herbeiführen. Weil jeder, der jetzt davon hört, wird sich genau überlegen, ob er da eine Hecke hinsetzt oder einen Baum pflanzt. Weil er genau weiß: Die kann ja dann geschützt sein, die kriege ich ja nie wieder weg. Dann hat es genau den gegenteiligen Effekt. Wir sollten lieber Anreize schaffen und keine Verbote."
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