Bundesklimaminister Habeck streicht Förderprogramm für energiesparende Gebäude – Kritik aus der Region
Reppenstedt, 27.01.2022 – Wären sie es nicht selbst gewesen, die Grünen hätten es vermutlich für einen böswilligen Scherz übelwollender "Klima-Gegner" gehalten. Doch es war Bundesklimaminister Robert Habeck höchstpersönlich, der zu Beginn der Woche kurzerhand die Förderung von energiesparenden Gebäuden einstellte. Mit sofortiger Wirkung. Das kam nicht nur in Berlin schlecht an.
"Es ist ein Unding, dass gerade ein so wichtiger Förderbereich wie die Energieeffizienz von Gebäuden von heute auf morgen trockengelegt wird. Damit nimmt die KfW und mit ihr die Bundesregierung den Antragstellern Planungssicherheit und lässt alle diejenigen im Regen stehen, die einen noch nicht bewilligten Förderantrag gestellt, die Förderung im Normalfall aber schon einkalkuliert haben", kritisiert Steffen Gärtner, Samtgemeindebürgermeister von Gellersen, als Vorsitzender der Jungen Union im Bezirksverband Lüneburg.
Klimaminister Habeck begründete die Entscheidung der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit deutlich gestiegenen Förderanträgen. Die dafür bereitgestellten Finanzmittel seien aber bereits ausgeschöpft.
Dass ausgerechnet eine Maßnahme, die dem Klimaschutz dient, nun von den Grünen selbst kassiert wurde, stößt bei Gärtner auf Unverständnis: "Wie die Antragsflut der vergangenen Monate bei der KfW zeigt, besteht doch großer Bedarf nach einer klima- und umweltfreundlichen Ausrichtung der Bautätigkeiten." Ohne Förderung fielen einige Bauherren nun hinten über oder müssten ihre Bauvorhaben zumindest neu kalkulieren, "manchmal mit ungewissem Ausgang". Private Investitionen von jungen Familien für das Eigenheim und auch zahlreiche öffentliche Vorhaben würden damit erschwert.
"Eklatant ist hier insbesondere der Vertrauensverlust in die Zuverlässigkeit des Staates, da selbst bereits eingereichte Anträge in der Schwebe stehen", kritisiert Gärtner. "So verhindert die Ampel private Investitionen in effiziente Gebäude und damit auch dringend notwendigen Wohnungsbau."
Von dem Fördermittel-Stopp ist auch die Samtgemeinde Gellersen betroffen, die ihre Sportkita mit Fördermitteln aus dem Programmbereich EH40 teilfinanzieren wollte. "Mit der jetzt getroffenen Maßnahme wird das Bauvorhaben zwar sicherlich nicht kippen, allerdings erweist sich das Verhalten der KfW und deren unzureichende finanzielle Ausstattung als Bremsklötze bei der Projektrealisierung", erklärt Gärtner.
◼︎ Jährlich 422 Millionen Euro allein im Landkreis Lüneburg für Sanierungen erforderlich
Welcher Finanzbedarf für die Sanierung des Wohungsbestands allein im Landkreis Lüneburg erforderlich ist, machte jetzt die Organisation "Mein Fairmieter" deutlich. Danach müssen für die 91.000 Wohnungen im Landkreis rund 422 Millionen Euro pro Jahr von den Wohnungseigentümern aufgebracht werden, um die Wohnungen auf einen hohen Energiespar-Standard zu bringen, der bis 2045 erforderlich ist. Die Organisation bezieht sich dabei auf Angaben, die das Pestel-Institut in Hannover für das Gütesiegel-Label "Mein Fair-Mieter" gemacht hat.
"Die Herausforderung ist es jetzt, Klimaneutralität zu einem hohen Maß auch 'Mieten-neutral' hinzubekommen, sagt Matthias Günther von "Mein Fair-Mieter". Mit dem Gütesiegel werden insbesondere öffentliche und kirchliche Wohnungsunternehmen sowie Genossenschaften ausgezeichnet. Es sei daher Aufgabe des Staates, Klimaschutz-Sanierungen bei Mietwohnungen "mit Augenmaß und effektiv zu fördern".
◼︎ 24.000 Antragsteller hängen in der Luft
Welche Auswirkungen die Habeck'sche Klima-Defensive hat, zeigte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" auf: Danach hängen knapp 24.000 Antragssteller aktuell in der Luft, davon 22.000 Privathaushalte. "Sie konnten zwar noch Anträge stellen, für die aber jetzt erstmal kein Geld mehr da ist", heißt es in dem Artikel. In 20.200 Anträgen geht es um Neubauten nach dem KfW- Effizienzhausstandard 55, in 3000 Fällen um Neubauten nach dem noch sparsameren Standard 40.
Auslöser dieses Ansturms auf die Fördermittel war übrigens Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der hatte im vergangenen Jahr das Auslaufen dieses Förderprogramms angekündigt.