A39-Gegner können Nutzen-Kosten-Argumente aus Hannover nicht nachvollziehen
Hansestadt, 15.05.2012 - Nur wenige Tage nach der Stellungnahme von Niedersachsens Verkehrsminister Jörg Bode zur Frage der Wirtschaftlichkeit der geplanten Autobahn 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg haben die Gegner des Projekts Kritik an den genannten Daten geäußert. Sie zweifeln nicht nur den von Verkehrsminister Bode bezifferten Nutzen-Kosten-Faktor an, sondern bezeichnen das Projekt selbst bei Zugrundelegung der von Bode genannten Zahlen als rechnerische Fehlinvestition.
Als "völlig illusorisch" bezeichnet die Bürgerinitiative Hohnstorf 2011 das Festhalten des Niedersächsischen Verkehrsministeriums am ursprünglichen Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 2,8, nachdem die Gesamtkosten des Projekts von 630 Millionen auf jetzt 1,1 Milliarden Euro gestiegen sind. Verkehrsminister Bode hatte dies damit begründet, dass nicht nur die Kosten für den Bau der A39, sondern auch die Nutzen stiftenden Werte der geplanten Autobahn um den gleichen Faktor gestiegen seien (LGheute berichtete).
|| A39 fällt im Vergleich weit ab ||
Dem widerspricht Matthias Sost, Sprecher der BI Hohnstorf, deutlich. Der von Bode angenommene Nutzenzuwachs von 20 Prozent für die A39 sei ein Durchschnittswert sämtlicher neuen Autobahnprojekte in Deutschland. Diese aber kämen nach Informationen der BI Hohnstorf im Schnitt auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 4,7. "Die A 39 fällt mit ihren offiziellen 2,8 dagegen weit ab, und darin ist die aktuelle Kostenverdoppelung noch nicht einmal enthalten", kritisiert Sost, der auch nicht nachvollziehen kann, weshalb ein Planfeststellungsverfahren bereits eingeleitet wurde, obwohl Nutzen und Kosten des Milliardenprojekts noch nicht geklärt seien.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist ebenfalls nicht mit der Einschätzung aus Hannover einverstanden. "Die Kostensteigerung von 608 Millionen Euro zu 1,1 Milliarden Euro beträgt 80,92 Prozent. Sie ist im Verhältnis also schon mal deutlich höher als die von Bode genannte maximale Nutzensteigerung von nur 20 Prozent", sagt Hans-Christian Friedrichs, stellvertretender Vorsitzender des VCD-Landesverbands Niedersachsen.
Friedrichs macht mit den Zahlen aus Hannover zudem eine andere Rechnung als Bode auf. Selbst unter Zugrundelegung des vom Verkehrsministerium angegebenen NKV von 2,78 landet er nur bei einem Wert von 1,84. "Damit ist selbst bei günstigsten Bedingungen das schon vor Jahren durch die Bürgerinitiativen errechnete NKV von 1,87 unterschritten worden, ohne dass ein Spatenstich getan wurde", so Friedrichs.
|| A39-Kosten könnten bei 2,8 Milliarden liegen ||
Noch problematischer, so Friedrichs, sehe es aus, wenn man bei der Ermittlung der Gesamtkosten die vom CDU-Wirtschaftsrat bereits 2006 errechneten Erstellungskosten pro Autobahnkilometer zugrunde legt, die mit 26,8 Millionen Euro beziffert werden. "Daraus ergeben sich Erstellungskosten von 2,8 Milliarden Euro und ein NKV von nur noch 0,72", rechnet Friedrichs vor. Jedem investiertem Euro stünden dann 1,39 Euro Kosten gegenüber, nach Auffassung von Friedrichs eine glatte rechnerische Fehlinvestition.
Mit einem NKV von nur 1,84 dürfte die A39 daher auch nicht auf den vorderen Plätzen dieser Prioritätenliste stehen und keinesfalls im vordringlichen Bedarf sein, schätzt Friedrichs ein, da dort erfahrungsgemäß nur Projekte mit einem NKV geführt würden, die größer als 3 seien. "Legt man sogar den NKV von 0,72 zugrunde, dann hätte die A39 gar nichts mehr im Bundesverkehrswegeplan verloren", ist sich der VCD-Mann sicher.