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Das Problem der zwei Stimmen

Warum der Bundestag 598 Sitze hat und trotzdem deutlich mehr Abgeordnete einziehen werden - Informationen zur Bundestagswahl 2013

Hannover, 15.09.2013 - Wenn am kommenden Sonntag die Wahllokale geschlossen haben, wird feststehen, wer künftig auf einem der 598 Sitze im Deutschen Bundestag Platz nehmen darf. Ob am Ende dann doch noch ein paar Stühle mehr hereingetragen werden müssen, um auch denjenigen einen Platz anbieten zu können, die per Überhang- oder Ausgleichsmandat in den Bundestag einziehen dürfen, ist durchaus wahrscheinlich. Doch was ist eigentlich ein Überhangmandat und wie wirken sich die beiden Stimmen aus, die jeder Wahlberechtigte abgeben darf? LGheute hat hierzu die wichtigsten Informationen zusammengetragen. 

Die Wahlberechtigten können insgesamt 598 Abgeordnete für den Deutschen Bundestag wählen. Davon werden 299 in den Wahlkreisen und 299 nach den Landeslisten gewählt. Die Gesamtzahl der Sitze kann sich durch Überhang- und Ausgleichsmandate erhöhen (s.u.). Von den insgesamt 299 Wahlkreisen im Bundesgebiet entfallen 30 auf das Land Niedersachsen (Wahlkreise 24-53). Der Landkreis Lüneburg bildet zusammen mit dem Landkreis Lüchow-Dannenberg den Wahlkreis 37.


Erst- und Zweitstimme

Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wählen die Wähler die Bewerber in den 299 Wahlkreisen direkt. In jedem Wahlkreis ist gewählt, wer die meisten Erststimmen auf sich vereinigt. Die auf diese Weise gewählten 299 Bewerber ziehen auf jeden Fall, also ohne Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse der mit der Zweitstimme zu wählenden Parteien in den Bundestag ein. Mit der Erststimme wird also entschieden, welche oder welcher Abgeordnete für einen bestimmten Wahlkreis in den Deutschen Bundestag kommt.

Die übrigen 299 Sitze werden mit der Zweitstimme gewählt. Mit der Zweitstimme wählen die Wähler eine der von den Parteien in den Ländern aufgestellten Landeslisten. Die Zweitstimme ist die maßgebende Stimme für die Verteilung der Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze auf die einzelnen Parteien, da die Anzahl von Abgeordneten, die eine Partei in den Bundestag entsenden kann, sich aus dem Verhältnis der auf die Landeslisten der jeweiligen Partei abgegebenen Zweitstimmen ergibt. Deshalb entscheidet die Zweitstimme also über die Stärke der Fraktionen im Deutschen Bundestag.

Wähler brauchen ihre Erst- und Zweitstimme nicht derselben Partei zu geben. Vielmehr können Erststimme und Zweitstimme "gesplittet" werden - so genanntes Stimmensplitting -, indem die Erststimme für den Wahlkreisbewerber der einen Partei und die Zweitstimme für die Landesliste einer anderen Partei abgegeben wird. Es ist auch möglich, nur eine Stimme, sei es die Erst- oder Zweitstimme, abzugeben. In einem solchen Fall zählt die jeweils nicht abgegebene Stimme als ungültig.

Blinde oder sehbehinderte Wähler können bei der Bundestagswahl mit Stimmzettelschablonen wählen, die für Niedersachsen vom Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V. (BVN) kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

 

Überhangmandate

598 Sitze sind im Deutschen Bundestag zu vergeben. Die Hälfte davon, 299 Sitze, stehen den Gewinnern aus den 299 Wahlkreisen zu, die jeweils die meisten Erststimmen auf sich vereinigen konnten. Die übrigen 299 Sitze werden auf die Parteien entsprechend ihrem Anteil aus dem Zweitstimmenergebnis verteilt. Diese Plätze werden normalerweise mit Kandidaten aus den Landeslisten aufgefüllt, die vor der Wahl von den Landesverbänden der Parteien aufgestellt wurden. Somit vermindert im Allgemeinen jedes gewonnene Direktmandat einer Partei die Anzahl der ihr verbleibenden Listenmandate.

Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei innerhalb eines Landes mehr Direktmandate erzielt, als ihr nach Zweitstimmen Mandate des Landeskontingents zustehen. Bislang durfte die Partei die zusätzlichen Sitze, die ihr durch die Überhangmandate zustanden, behalten, obwohl sie damit mehr Abgeordnete entsandte, als ihr durch die Zweitstimmen zustanden. Durch diese Überhangmandate erhöhte sich die Zahl der Abgeordneten im Bundestag. Ein Ausgleich zugunsten der anderen Parteien, der die jeweilige Sitzzahl dem Zweitstimmenverhältnis wieder anpassen würde, fand bei Bundestagswahlen bis einschließlich 2009 nicht statt, wohl aber bei einigen Landtagswahlen.

In diesen Situationen kam es zu einer Umkehrung der Abhängigkeit der Sitzverteilung von der Stimmabgabe: Entweder konnten zusätzliche Stimmen für eine Partei diese einen Sitz kosten oder weniger Stimmen dieser Partei einen zusätzlichen Sitz verschaffen. Da das Bundesverfassungsgericht diese Regelung für verfassungswidrig erklärte, wurde im Mai dieses Jahres eine Neuregelung eingeführt. Diese sieht vor, dass Überhangmandate künftig durch Ausgleichsmandate vollständig zu kompensieren sind. Durch die Ausgleichsmandate kann es allerdings zu einer erheblichen Vergrößerung des Bundestags über die bisherige Mindestzahl von 598 Mitgliedern hinaus kommen. Beispielsweise mit dem Wahlergebnis von 2009 ergäben sich nach neuem Wahlrecht 648 Sitze, während es nach altem noch 622 waren.


Sitzverteilung

Vor dem Hintergrund der beschlossenen Neuregelung zur Ermittlung von Ausgleichsmandaten vollzieht sich die Sitzverteilung wie folgt:

  • Im ersten Schritt wird für jedes Bundesland vor der Wahl ein festes Kontingent der insgesamt zu vergebenden Sitze bestimmt. Dieses Kontingent bemisst sich nach den jeweiligen Bevölkerungsanteilen, bezogen auf die deutsche Bevölkerung. Demnach sind in Niedersachsen 7.354.892 Personen zu berücksichtigen, so dass gerundet 59 Sitze auf Niedersachsen entfallen.

  • Erst im zweiten Schritt kann die genaue Anzahl der Sitze ermittelt werden, wenn die Auswertung der Zweitstimmen erfolgt ist. Bei dieser Berechnung werden vor allem entstandene Überhangmandate durch die Vergabe weiterer Mandate mit Blick auf den bundesweiten Parteiproporz vollständig ausgeglichen.

 

Wahlberechtigte

Wahlberechtigt für die Bundestagswahl 2013 ist, wer Deutsche/Deutscher ist und am Wahltag

  • das 18. Lebensjahr vollendet und
  • seit mindestens drei Monaten ihren/seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat.

Von den rund 7,9 Millionen Einwohnern Niedersachsens erfüllen voraussichtlich etwa 6.145.145 Personen (77,3 Prozent der Einwohner) diese Voraussetzungen. Davon sind rund 249.000 Personen Jungwähler im Alter von 18-21 Jahre.


Wahlvorschläge

Folgende Parteien bzw. Einzelbewerber haben Wahlvorschläge in Niedersachsen eingereicht (die Aufzählung entspricht der Reihenfolge auf dem Stimmzettel):

 

Kurzbezeichnung

Parteiname

Kreiswahl-

vorschläge

Landesliste

CDU

Christlich Demokratische Union Deutschlands in Niedersachsen

30

X

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

30

X

FDP

Freie Demokratische Partei

30

X

GRÜNE

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

30

X

DIE LINKE.

DIE LINKE. Niedersachsen

30

X

PIRATEN

Piratenpartei Niedersachsen

23

X

NPD

Nationaldemokratische Partei Deutschlands

27

X

Tierschutzpartei

PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ

-

X

MLPD

Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands

2

X

AfD

Alternative für Deutschland

18

X

Pro Deutschland

Bürgerbewegung pro Deutschland

-

X

REP

DIE REPUBLIKANER

-

X

FREIE WÄHLER

FREIE WÄHLER Niedersachsen

22

X

PBC

Partei Bibeltreuer Christen

5

X

Bündnis 21/RRP

Bündnis 21/RRP

2

-

BIG

Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit

1

-

FAMILIE

Familien-Partei Deutschlands

1

-

EB

Einzelbewerber

4

-

 

 

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