header

Vermieten oder Vermieten ohne Ärger?

Rat verlängert "Zweckentfremdungsverbot" von Wohnraum und führt Debatte über "Mieter, die keiner haben möchte"

Lüneburg ist wei kaum eine andere Stadt vom Tourismus abhängig. Wer sie anlockt, muss aber auch Unterkünfte wie Ferienwohnungen bereithalten. Foto: LGheuteLüneburg, 26.06.2024 - Wohnraum für Lüneburger oder lieber Ferienwohnungen für umsatzfördernde Touristen? In Lüneburg entscheiden sich immer mehr Wohnungseigentümer für Letzteres, nicht zuletzt, um Dauerärger mit Dauermietern zu entgehen. Doch in Lüneburg ist Wohnraum knapp, bis 2040 werden knapp 3.500 Wohnungen fehlen, neue Neubaugebiete sind nicht in Sicht. Der Rat der Stadt musste sich nun entscheiden, auf welcher Seite er steht. Anlass war die Verlängerung des "Zweckentfremdungsverbots" von Wohnraum. Dabei zeigten sich interessante Einblicke in das Verständnis einiger Ratsmitglieder im Umgang mit Privateigentum.

Wer in Lüneburg Wohnraum anders als eigentlich vorgesehen nutzen möchte, etwa als Ferienwohnung oder für gewerbliche Zwecke, braucht dafür die Genehmigung der Stadt. Diese Regelung gibt es seit 2019 und nennt sich "Zweckentfremdungsverbot". Verhindert werden soll damit, dass vorhandener Wohnraum für Lüneburger nicht mehr zur Verfügung steht. Unter bestimmten Voraussetzungen kann deshalb eine dauerhafte Vermietung als Ferienwohnung, ebenso ein längerer Leerstand oder eine überwiegend gewerbliche Nutzung von Wohnungen untersagt werden. Nun stand die Verlängerung dieser Verordnung an.

Eingebracht hatten den Antrag die Fraktionen von SPD und Linken, Unterstützung dafür gab es von der Stadtverwaltung. In ihrer Begründung legte sie dar, dass die stark steigende Nachfrage nach Wohnraum in Lüneburg durch Neubau derzeit nicht gedeckt werden könne. So gebe es laut einer Studie der GEWOS aus dem Jahr 2023 einen Wohnungsbedarf von 2.060 Wohnungen bis 2030 und von weiteren 1.430 Wohnungen bis 2040. Als Grundlage hierfür wurde die Bevölkerungsprognose des Landes genannt, nach der Lüneburg bis zum Jahr 2031 um etwa 2.300 Einwohner wachsen werde. "Nur durch Neubau kann in den kommenden Jahren der Mangel an Wohnraum besonders im bezahlbaren Segment nicht behoben werden. Dem Wohnraummangel in Lüneburg kann mit zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit nicht begegnet werden, da kaum Bauland zur Verfügung steht", heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung – von der wiederum nur wenig Bemühungen zu erkennen sind, diesen Zustand zu ändern.

◼︎ FDP: Lieber Mieter, mit denen man keinen Ärger bekommt

Zustimmung zu dem Antrag kam von der CDU. Deren Ratsmitglied Eckhard Pols machte in der Ratsdebatte aber auch deutlich, warum sich viele Wohneigentümer gegen eine Dauer-Vermietung aussprechen. "Zum einen: 'Gute Mieter' zu finden, ist heute schwierig. Mieter, die mit einem Mietobjekt nicht so umgehen wie vertraglich vereinbart, haben deutlich zugenommen. Vertragsbedingungen werden missachtet, vermeintliche Gründe für Mietminderung geradezu gesucht."

Hinzu komme, dass die Kündigung eines Mietvertrages durch den Vermieter "nahezu unmöglich" geworden sei, sie führe oft zu einem langen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang, so Pols. Viele Vermieter wollten sich "dies nicht mehr antun". Sollte sich die Rechtslage nicht pro Vermieter ändern, müsse mit weiterer Zweckentfremdung gerechnet werden, zeigte sich Pols überzeugt. Wohnraummangel sei am Ende deshalb nur hierdurch zu begegnen: "Bauen, bauen, bauen."

Auf Pols' weiteren Hinweis "Eigentum ist Eigentum, und was ist damit mache, entscheide ich selbst" entgegnete FDP-Fraktionschef Frank Soldan: "Ja, Sie haben recht, aber Eigentum verpflichtet auch." In diesem Sinne spreche er "eine gewisse soziale Kompetenz jedem Menschen in unserer Bundesrepublik zu". Was Soldan damit genau meinte, ließ er offen, zeigte aber auch Verständnis für Vermieter, die nach schlechten Erfahrungen lieber andere Wege suchten: "Man möchte einen Mieter haben, mit dem man keinen Ärger bekommt."

◼︎ SPD: Vermieter haben gleiche Pflichten wie Arbeitgeber

Ein gänzlich anderes Eigentums-Verständnis kam von der SPD. "Es ist keine soziale Komponente, dass Eigentum verpflichtet", warf Antje Henze ein und stellte einen bemerkenswerten Vergleich an: "So wie ein Arbeitnehmer seine beste Leistung zu bringen hat und der Arbeitgeber die maximale Förderung und die maximale Sicherung für das Umfeld seines Arbeitnehmers zu geben hat, so ist es bei Wohnungsgebern auch. Man hat die Pflicht, sein Eigentum, das man zu vermieten hat, vernünftig zu versorgen und instandzuhalten. Und dann hat der Mieter auch die Pflicht, sich vernünftig darum zu kümmern. Und alles, was aus diesem System ausreisst, ist zudem noch unchristlich." Und weiter: "Schade, dass es eine solche Zweckentfremdungssatzung nicht überall gibt."

◼︎ Grüne: Mehr Personal für die Verwaltung

Ein Vorschlag, wie das Personal in der Verwaltung noch weiter aufgestockt werden kann, kam von den Grünen. Katja Raiher lobte nicht nur die Berücksichtigung des Mietspiegels im neuen Zweckentfremdungsverbot, sie sagte auch: "Noch besser fänden wir es natürlich, wenn die Bauverwaltung über ausreichende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen würde, um die Zweckentfremdung auch systematisch und flächendeckend ahnden zu können."

◼︎ Bislang keine Bußgelder verhängt

In den ersten drei Jahren seit Inkrafttreten der Satzung im Jahr 2019 waren lediglich 22 Beschwerden über leerstehende Wohnungen bei der Stadtverwaltung eingegangen. Und längst nicht alle verstießen gegen das Zweckentfremdungsverbot. Bußgelder wurden bis Ende 2022 überhaupt nicht verhängt. 

Beschlossen wurde die überarbeitete Verlängerung der 2019 erstmals eingeführten Satzung schließlich mit breiter Ratsmehrheit ohne Gegenstimmen und bei sechs Enthaltungen. 

 

Kommentar schreiben