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Weiter Rätsel um die Villa Heyn

Wer wird künftiger Nutzer? Uni spricht von laufenden "Gesprächen", erwirbt selbst aber neue Immobilie – Baugenehmigung hinfällig?

Was wird aus der Villa Heyn? Bislang jedenfalls scheinen die Bauarbeiten an dem denkmalgeschützten Gebäude zu ruhen. Foto: LGheute Lüneburg, 19.12.2023 - Ein abgerissener Wintergarten, ein halbfertiger Anbau und ein Bauherr ohne Mieter – so stellt sich aktuell die Situation um die Villa Heyn in Lüneburg dar. Das denkmalgeschützte Gebäude ist in die Diskussion geraten, seit bekannt wurde, dass die Genehmigung zum Abriss unzulässig war und die geplante Nutzung des Gebäudes durch die Leuphana fraglich geworden ist. Verfolgt die Universität gar andere Ziele? Der Erwerb einer Immobilie scheint darauf hinzudeuten. Auf die Villa könnten dann neue Probleme zukommen.

Die Bestätigung kam prompt. Ja, die Universität habe die Immobilie gekauft, teilte Leuphana-Pressesprecher Henning Zühlsdorff auf LGheute-Nachfrage mit. Die Rede ist von Haus Nummer 20 in der Kefersteinstraße in Lüneburg. Die Universität wolle dort ein "Wissenschaftlerhaus" einrichten, das für die Unterbringung von Wissenschaftlern genutzt werden soll. Ein "normaler Universitätsbetrieb" sei dort aber nicht vorgesehen, so Zühlsdorff.

Eine Art Wissenschaftlerhaus der Universität soll eigentlich auch in der Villa Heyn entstehen. So jedenfalls sieht es das Nutzungskonzept der neuen Besitzer des denkmalgeschützten Gebäudes an der Altenbrückertorstraße vor. Laut Konzept soll dort ein Tagungszentrum mit Gästezimmern für das European Center für Advanced Studies (ECAS) entstehen, einer gemeinsamen Forschungseinrichtung der Universität Glasgow und der Leuphana Universität Lüneburg. Ein Nutzungskonzept, das laut Stadtverwaltung ein "öffentliches Interesse" bekunde. 

◼︎ Abriss wegen "öffentlichem Interesse"

Das "öffentliche Interesse" aber war entscheidend für die Lüneburger Stadtverwaltung, grünes Licht für den Abriss des Wintergartens geben zu können, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Wintergarten – anders als von der Verwaltung anfangs behauptet – doch fester Bestandteil des Gebäudes und damit ebenfalls denkmalgeschützt war und zumindest aus diesem Grund nicht hätte abgerissen werden dürfen.

Inzwischen scheint aber auch dieses Argument der Stadtverwaltung auf wackeligen Beinen zu stehen. Denn außer einer Interessensbekundung seitens der ECAS liegt für eine künftige Nutzung der Villa Heyn durch die Lüneburger Uni nichts Belastbares vor. Das wurde kürzlich sogar von der Uni-Spitze bestätigt: "Weitergehende Vereinbarungen wurden bisher nicht getroffen", erklärte Uni-Präsident Sascha Spoun im November in einer Senatssitzung – Monate nach dem Abriss des Wintergartens.

◼︎ Uni führt weiterhin Gespräche – nur mit wem?

Diente das der Stadtverwaltung vorgelegte Nutzungskonzept für die Villa Heyn also lediglich dazu, den umstrittenen Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes an gesetzlichen Bestimmungen vorbei durchführen zu können? Dagegen spricht, dass die Universität sich angeblich noch nicht gänzlich von dem Projekt verabschiedet hat, wie Pressesprecher Zühlsdorff deutlich macht: "Hinsichtlich einer möglichen Nutzung der Villa Heyn befindet sich die Universität in Gesprächen." Allerdings ließ er dabei aber offen, mit wem die Gespräche geführt werden. Auch von Jürgen Sallier, dem neuen Besitzer der Villa, war dazu keine Stellungnahme zu bekommen. Dass die Uni ihr neues Gebäude in der Kefersteinstraße für die Aktivitäten der ECAS nutzen will, schloss Zühlsdorff allerdings aus. 

◼︎ Neue Baugenehmigung erforderlich?

Für die Villa Heyn aber könnte es unangenehm werden, sollte die Universität sich entgegen anderslautender Äußerungen doch noch von dem Objekt verabschieden. Dann nämlich wäre eine neue Baugenehmigung fällig, wie das Baudezernat auf eine Anfrage des Ratsmitglieds Wolf von Nordheim (Grüne) erklärt. Unter Bezug auf das bislang eingereichte Nutzungskonzept heißt es: "Sofern der Bauherr hiervon abweichen möchte, benötigt er eine entsprechend geänderte Baugenehmigung." 

Wie leicht diese zu bekommen ist, erklärt das Baudezernat gleich mit. Denn offenbar reicht es schon, ein halbwegs plausibles Konzept vorzulegen, ohne hierfür Belastbares vorlegen zu müssen. So heißt es in der Antwort des Baudezernats: "Ein Nachweis über eine etwaige vertragliche Vereinbarung zwischen dem Bauherrn und einer potentiellen Nutzerin ist nicht erforderlich." Das Baudezernat begründet seine Auffassung mit einem zumindest fragwürdigen Vergleich. Sein Argument: Die Bauverwaltung müsse sich vor Errichtung eines Mehrfamilienhauses ja auch keine Mietverträge mit den potentiellen Mietern des Gebäudes vorlegen lassen.

◼︎ Denkmalschutz nur noch Makulatur? 

Eine zumindest gewagte These. Denn die Konsequenz aus diesem behördlichen Verständnis würde bedeuten, dass in Lüneburg künftig jedes denkmalgeschützte Gebäude abgerissen werden dürfte, sobald vom Eigentümer ein Nutzungskonzept vorgelegt wird, das den Abriss aus Sicht der Bauverwaltung rechtfertigt, egal, ob die behauptete künftige Nutzung tatsächlich zutrifft oder nicht – ein Freibrief für jeden denkmalschutzgeplagten Eigentümer.

Wie es jetzt mit der Villa Heyn weitergeht, war noch nicht in Erfahrung zu bringen. Dort scheinen die Umbauarbeiten zumindest vorerst zu ruhen.


Bisher dazu auf LGheute:

 

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