Kreistag widmete sich erneut dem Thema Elbbrücke - Nebelkerzen und Scheingefechte im Vorwahlkampf
Hansestadt, 18.10.2012 - Die geplante Elbbrücke zwischen Darchau und Neu Darchau bleibt ein politischer Dauerbrenner. Erneut befassten sich die Kreistagsmitglieder am Montag allein in drei Tagesordnungspunkten direkt oder indirekt mit dem Thema Brücke und offenbarten damit ein zuverlässiges Indiz, dass der Landtagswahlkampf 2013 bereits in vollem Gange ist. Abstimmen mussten die Kreistagsmitglieder über kostenlose oder kostengünstige Fährverbindungen, über die Mitgliedschaft des Landkreises im Verein Brücken bauen e.V. und über die Aufhebung der bereits beschlossenen Bürgerbefragung zu möglichen Mehrkosten beim Bau der Brücke.
|| Fährverbindung Bleckede nicht kostenlos, aber billiger ||
Aus der von der CDU beantragten kostenlosen Fährverbindung über die Elbe bei Bleckede wurde erwartungsgemäß nichts. Wilhelm Kastens, Mitglied der CDU-Kreistagsfraktion, unternahm zwar den Versuch, eine angemessene verkehrliche Anbindung der Neuhäuser an den Rest des Landkreises als moralische Verpflichtung des Landkreises darzustellen, doch drei Monate vor der Landtagswahl wollte dies nicht so recht gelingen.
Dies lag nicht zuletzt an den von der CDU prognostizierten Kosten von 400.000 Euro, die den Landkreis-Etat zusätzlich belasten würden und die von Landrat Manfred Nahrstedt auch prompt mit einem Veto blockiert wurden. "Der Landkreis hat noch Luft von 175.000 Euro, mehr ist nicht drin", sagte Nahrstedt mit Verweis auf die Grenze von 1,55 Prozent, die der Landkreis aufgrund des Entschuldungsvertrags für freiwillige Leistungen ausschöpfen darf.
Leichteres Spiel hatte hingegen die rot-grüne Mehrheitsgruppe. Zwar setzte auch sie sich für Vergünstigungen beim Fährbetrieb ein, doch sollte dieser nicht kostenlos wie bei der CDU, sondern lediglich billiger durch Erwerb von subventionierten 10er-, Monats- oder Jahreskarten werden. Dass ihre Kritik am CDU-Modell - "Sie hatten 15 Jahre Zeit, Verbesserungen zu machen" - von den Angesprochenen erstaunlicherweise nicht zurückgespielt wurde, zeigte, wie wenig die CDU von ihrem Antrag selber überzeugt war. "Sicher werden wir mit dem Antrag keine Chance haben, aber jetzt wollen wir hier mal die Gutmenschen sein", bekannte erstaunlich freimütig CDU-Fraktionsvize Meinhard Perschel.
Wahltaktisches Kalkül erkannte auch Gisela Plaschka von der FDP hinter dem CDU-Antrag. Zwar sah sie in der Übernahme der Fährkosten keinen Posten, der die freiwilligen Leistungen des Landkreises betreffe, wohl aber, dass die CDU den Antrag im Hinblick auf die Wahl eingebracht habe, "und das durchschauen die Leute". Martin Gödecke von den Unabhängigen schließlich erinnerte daran, dass die Neuhäuser keine kostenlose Fähre, sondern eine Brücke wollen und kündigte an, dass sich die Unabhängigen der Stimme enthalten.
Der Antrag der CDU wurde mehrheitlich abgelehnt, dem Antrag der Mehrheitsgruppe wurde mehrheitlich zugestimmt.
|| Landkreis wird nicht Mitglied beim Verein "Brücken bauen" ||
Abgelehnt wurde auch der Antrag der Links-Partei, die den Landkreis gern als Mitglied im Verein Brücken bauen e.V. gesehen hätte. Als Zeichen der Politik "Ja, wir wollen die Brücke", wollte Bernd Jaschke von den Linken den Beitritt verstanden wissen, doch er kam mit dem Anliegen seiner Fraktion nicht durch.
"Es scheint, dass keine Idee blöd genug ist", hielt Oliver Glodzei von den Grünen dagegen, der es ablehnte, einem "Heul-Club und Lobbyverein" beizutreten. Hierfür wurde er von CDU-Mann Harald Heuer wegen Verunglimpfung von Kreistagsmitgliedern kritisiert.
Franz-Josef Kamp von der SPD schloss sich der Einschätzung von Landrat Manfred Nahrstedt an, wonach der Landkreis als Genehmigungsbehörde zu Neutralität verpflichtet sei. "Wer freiwillig beitreten will, kann das natürlich machen", sagte Nahrstedt.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
|| Aufhebung der Bürgerbefragung abgelehnt ||
Und auch der Antrag der CDU zur Aufhebung der Bürgerbefragung fand keine Zustimmung durch die Mehrheit des Kreistags. Meinhard Perschel von der CDU/RRP-Fraktion sprach sich zwar grundsätzlich für Bürgerbefragungen aus, führte die jetzt angestoßene Befragung aber allein auf den Zwang von SPD und Grünen zurück, ihren Gruppenvertrag erfüllen zu müssen. "Wenn SPD und CDU die Mehrheit hätten, würde die Brücke kommen", war sich Perschel sicher.
"Herr Perschel, Sie wollten die Gruppe verlassen, Sie wollten nicht mehr regieren," hielt Franz-Josef Kamp ihm daraufhin vor. Und er forderte die CDU auf, Ministerpräsident McAllister nach Lüneburg zu bitten und hier deutlich zu sagen, welche Kosten das Land konkret übernehmen wolle. Dem hielt CDU-Fraktionschef Alexander Blume entgegen, der Spitzenkandidat der SPD Stephan Weil könne doch selber jederzeit eine Aussage zur Finanzierung der Brücke abgeben.
"Hören Sie auf, die Menschen im Landkreis emotional unter Druck zu setzen!", legte Detlev Schulz-Hendel von den Grünen nach. Die Deutsche Einheit sei am 3. Oktober 1990 vollendet worden und habe mit der Brücke nichts zu tun. Er bezeichnete den Antrag der CDU als "Inszenierung" und "Versuch, direkte Demokratie zu verhindern". Schulz-Hendel kritisierte zudem, dass die CDU die Antwort der niedersächsischen Landesregierung zur finanziellen Unterstützung des Brückenbaus (LGheute berichtete) falsch auslege. Es sei durchaus nicht so, dass die Landesregierung eine feste Zusage zu den Mehrkosten beim Brückenbau gegeben habe. Vielmehr habe sie darauf hingewiesen, dass Mehrkosten durch die Kommune in Form von Kompensationen in anderen Bereichen auszugleichen seien.
Dem entgegnete Birte Schellmann von der FDP, dass die im Schreiben der Landesregierung getroffene Formulierung "im Gespräch bleiben" als Bohren dicker Bretter zu verstehen sei. Ein einklagbares Recht sei erst dann möglich, wenn die Verträge unterschrieben und die genauen Kosten fixiert seien. Ihre Fraktionskollegin Gisela Plaschka ergänzte, dass die Bürgerbefragung schon deshalb sinnlos sei, da das Ergebnis bereits vorher feststehe.
Hinrich Bonin von der SPD-Kreistagsfraktion ärgert, dass die Landesregierung mit Nebelkerzen arbeite. "Die Menschen wissen nicht mehr, woran sie sind", beklagte Bonin. Er schlug vor, die Bürgerbefragung um zwei Monate zu verschieben, dann gäbe es eine neue Landesregierung, die auch eine Aussage treffen könne.
CDU-Kreistagsmitglied Ingrid Dziuba-Busch kritisierte, dass viele Wahlhelfer vor offenen Fragen hinsichtlich der Bürgerbefragung stünden. Viele Punkte, darunter auch die Frage der Wahlbenachrichtigung, seien noch nicht geklärt. Kreisrätin Monika Scherff antwortete, dass es zur Bürgerbefragung keine Wahlbenachrichtigung geben werde. Sie bezifferte die Kosten für die Befragung auf rund 50.000 Euro.