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Politik für Fortgeschrittene

12.07.2022 - Es gibt viele Gelegenheiten, als Landrat oder Oberbürgermeisterin in Erscheinung zu treten. Treffen mit Landes- oder gar Bundesministern aber gehören zu den Anlässen, die einen unverrückbaren Platz im Terminkalender eines Verwaltungschefs einnehmen sollten. Bietet sich dabei doch stets eine willkommene Gelegenheit, sich als Vertreter der Interessen einer Stadt oder eines Landkreises zu zeigen. Warum Claudia Kalisch eine solche Chance verstreichen lässt, ist unverständlich. Professioneller ist da schon das Agieren von Bernd Althusmann.

Dass es mit "Alpha-E" nichts mehr werden könnte, ist Althusmann durchaus bewusst. Nicht umsonst hat er jetzt in kleiner Runde die Möglichkeit eines Raumordnungsverfahrens durchblicken lassen. Dass er dennoch weiter an "Alpha-E" festhält, ist offenkundig dem Umstand geschuldet, dass in gut zehn Wochen Landtagswahl in Niedersachsen ist und Althusmann neuer Landesvater werden will.

Dafür braucht er jede Stimme. Davon gibt es vor allem bei denen viele, die sich gegen eine Neubautrasse durch ihre Region aussprechen. Die wenigen Kommunen, die gegen den Ausbau der Bestandsstrecke sind, dürften da vernachlässigbar sein. Da zählt auch nicht, dass Althusmann Heiligenthaler ist, also aus dem Landkreis kommt, der "Alpha-E" ablehnt.

Bis zur Wahl also wird Althusmann die "Alpha-E"-Variante weiter im Spiel halten. Die Gefahr, dass die Bahn ihm zuvorkommt und schon vor der Wahl mit Ergebnissen pro Neubau kommt, droht in Deutschland nicht. Dass er jetzt zu dem Treffen eingeladen hat, beweist seinen politischen Instinkt: Rechtzeitig Signale setzen und Stimmen sichern, egal was nach der Wahl passiert.

Ein solcher Instinkt ist bei Claudia Kalisch nicht zu erkennen, wie ihr Fehlen in Hannover belegt. Aber nicht nur dies zeigt, dass sie wichtige Zeichen offenbar nicht zu deuten weiß. Auch in Lüneburg wird sie nur selten gesehen, und wenn doch, dann muss sie zeitig wieder weg. Aus Termingründen, wie es dann stets heißt. Als Ausgleich setzt sie sich dafür auch mal für ein Pressefoto aufs Fahrrad, auch wenn es nicht das eigene ist, obwohl sie ja damit angeblich gern zur Arbeit fährt.

Man muss Ulrich Mädge nicht nachtrauern, aber wenn es um Lüneburg und die Interessen der Stadt ging, war er immer zur Stelle. Am liebsten in Hannover. 

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
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