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Schein-Hindernisse fürs Sicherheitsgefühl

Lüneburg trauert um Magdeburg-Opfer und hält an wirkungslosem Sicherheitskonzept von 2016 fest

Der Weihnachtsmarkt in Lüneburg ist gegen Anschläge wie in Magdeburg kaum gesichert. Foto: LGheuteLüneburg, 23.12.2024 - Der Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, bei dem am Freitag fünf Menschen zu Tode kamen und mehr als zweihundert Personen zum Teil schwer verletzt wurden, hat auch in Lüneburg ein Echo der Betroffenheit und Bestürzung ausgelöst. Das Rathaus rief am Samstag zu einer Schweigeminute auf, Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch nannte die Ereignisse in Magdeburg "erschütternd und schrecklich" und verwies auf das Sicherheitskonzept der Stadt für seine Weihnachtsmärkte. Das aber hätte einen Anschlag wie in Magdeburg wohl kaum verhindern können. 

"Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Den Verletzten wünsche ich eine gute und rasche Genesung", teilte Lüneburgs Oberbürgermeisterin am Tag nach dem Anschlag per Pressemitteilung mit – ein Zeichen, das sich manch einer wohl auch vom Landkreis gewünscht hätte, nachdem selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz umgehend den Weg nach Magdeburg gesucht hatten, um den Opfern und ihren Angehörigen ihre Anteilnahme auszudrücken.

Aus dem Rathaus hieß es, man habe direkt nachdem Anschlag in Magdeburg den Kontakt zur Polizei gesucht und die Lage erörtert. Das Ergebnis: Die Polizei werde in den kommenden Tagen rund um den Weihnachtsmarkt ihre Präsenz "sichtbar erhöhen", so das Rathaus. Weitere zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen seien vorerst allerdings nicht geplant, da die Polizei die Lage in Lüneburg als unverändert einschätzt.

◼︎ Wirkungslose Betonklötze sollen Anschläge verhindern

Zugleich verweist das Rathaus auf ihr "Sicherheitskonzept", das sie nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin vor acht Jahren angepasst habe. Seitdem, so die Stadtverwaltung, werden an den städtischen Weihnachtsmärkten Am Sande und am Markplatz sowie beim Stadtfest und bei den Sülfmeistertagen Betonblöcke auf den Einfahrtstraßen aufgestellt. Diese sollen, so die Theorie, Anschläge wie in Berlin oder Magdeburg verhindern.

Doch die Praxis sieht anders aus. Zwar stehen in den Zufahrten zu den Plätzen jeweils zwei oder drei schwere Betonklötze, einen wirksamen Schutz gegen Terrorakte wie jetzt in Magdeburg aber bieten sie nicht, wie die täglich dort verkehrenden Busse zeigen. Weil sie den Platz am Sande und auch den Marktplatz ansteuern müssen, sind die Betonklötze so gesetzt, dass diese bequem passiert werden können. Für Autofahrer stellen sie damit also ohnehin kein ernstzunehmendes Hindernis dar. Und spätestens, wenn sie die vermeintlichen Barrieren passiert haben und auf dem Platz angekommen sind, hätten sie jede Möglichkeit, mit hohem Tempo in die dortigen Menschenmengen zu rasen.

◼︎ In Magdeburg waren sogar mobile Sperren vorgesehen 

Zur Einordnung: In Magdeburg, wo das schreckliche Szenario Wirklichkeit wurde, waren die Zufahrten zum Weihnachtsmarkt durch Betonklötze und andere Hindernisse tatsächlich versperrt. Lediglich der Bereich, den die dortige Straßenbahn für die Durchfahrt benötigte, war freigehalten und laut Medienberichten vom Attentäter ausgenutzt worden. Nur: Selbst hier hätte, wie jetzt bekannt wurde, eine mobile Sperre dies eigentlich verhindern sollen.

Und Lüneburg? Hier wird weiter auf das "verbesserte Sicherheitskonzept" von 2016 und auf symbolträchtige Betonklötze gesetzt. Wohl in der Hoffnung, dass die rund einen Meter hohen Barrieren jeden Attentäter schon optisch abschrecken und zur Umkehr bewegen. Ganz so drastisch soll die Abschreckung dann aber wohl doch wieder nicht sein. Anders ist kaum zu erklären, warum die Klötze mit einer freundlichen Klinkermauer-Attrappe umhüllt werden.

 

 

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