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Vielleicht mal neue Wege gehen

Wenn das Lüneburger Theater gerettet werden soll, muss mehr als nur Geld fließen

Das Lüneburger Theater ist beim Publikum nach wie vor beliebt. Doch die Zukunft sieht düster aus. Foto: LGheuteLüneburg, 27.09.2023 - Eine, zwei oder weiter drei Sparten? Wieviel Theater kann Lüneburg sich angesichts hoher Defizite künftig noch leisten? Ein Gutachten sollte aufzeigen, ob und wie das Drei-Sparten-Haus erhalten werden kann. Die Politik überzeugten die bislang vorgestellten Ergebnisse, die auf strukturelle Streichungen hinauslaufen, eher nicht, ohnehin dürfe am Bestehenden nicht gerüttelt werden, so eine Forderung. Wie aber dann? Zwei Wege bieten sich an.

Um es gleich vorweg zu sagen: Das Lüneburger Theater leistet hervorragende Arbeit, überzeugt mit einer Auslastung, die im Vergleich mit anderen niedersächsischen Bühnen ihresgleichen sucht, und hat sich einem internen Sparprogramm unterzogen, aus dem vermutlich nicht viel mehr herauszuholen ist. Geblieben sind unterm Strich aber Kosten, die auch bei noch so großen Sparanstrengungen allein nicht mehr zu stemmen sind. Ohne finanzielle Unterstützung ist das Theater in seiner jetziger Form nicht mehr zu halten.

Das ist bekannt. Weil aber Stadt und Kreis als Träger des Theaters eigentlich schon am Ende ihrer Leistungsmöglichkeiten sind – beide sind hochverschuldet – und auch das Land Niedersachsen nicht bereit ist, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, sollte ein Gutachten den Ausweg aus der Misere aufzeigen. Heraus kamen aber, wie bislang bekannt ist, lediglich drei Varianten: 1. Verkleinerung des Orchesters, 2. Streichung des Orchesters oder 3. Einstellung der kompletten Musiksparte (LGheute berichtete).

In der Lüneburger Politik kam das nicht gut an. "Dafür hätten wir kein Gutachten gebraucht", zeigt sich Frank Soldan, Vorsitzender der FDP-Stadtratsfraktion, enttäuscht. Ein Verzicht auf die Musiksparte komme aus Sicht seiner Fraktion nicht in Frage, und auch die SPD fordert den Erhalt des Theaters in seiner jetzigen Form.

◼︎ Wie wär's mit Crowdfunding?

Das aber dürfte ohne weitere Mittel aus den beiden Haushalten kaum machbar sein, wenn nicht auch beim Theater selbst ein Umdenken stattfindet. Denn bislang sieht man sich an der Lindenstraße als eine hilflos dem Wohl- oder Nichtwollen der Politik und ihrer Fördermittel ausgesetzte Einrichtung.

Weniger Geld von der Politik, also weniger Theater? In anderen Ländern, allen voran den USA, gehen nicht nur Theater deutlich selbstbewusster und eigenständiger ans Werk. Dort ist es selbstverständlich, per Crowdfunding für die Eigenfinanzierung zu sorgen. Nicht selten kommen dabei Summen zusammen, die nicht nur das Überleben, sondern manchmal sogar eine Erweiterung des Programmangebots zulassen. Hierfür braucht es nicht viel mehr als einen erfahrenen Crowdfunding-Manager, der, wenn er oder sie gut ist, seine Kosten schon in kürzester Zeit wieder eingefahren hat. 

◼︎ Wo bleibt das Marketing?

Ein zweiter, sicher ebenso erfolgversprechender Weg wäre die Einbindung des Theaters ins städtische Marketing. Was an sich eine Selbstverständlichkeit ist, ist in Lüneburg, wo unter Marketing zumeist das Ausrichten bier- und bratwurstlastiger Stadt-Spektakel verstanden wird, offenbar Niemandsland. Dabei hat die Stadt mit seinen Museen, seiner in Kürze startenden einzigartigen Kant-Ausstellung, seiner Universität, seiner Veranstaltungs-Arena und eben auch mit seinem Theater viel zu bieten: So ließen sich mit Vorträgen, Führungen, Seminaren und Theater- oder Konzert-Besuchen niveauvolle Kultur-Pakete schnüren – für Menschen, die bereit sind, für Gutes auch zu bezahlen. Davon profitieren nicht zuletzt auch Gastronomie und Hotellerie.

Ob es dazu kommt, wird sich zeigen. Am morgigen Donnerstag, 28. September, wird das komplette Gutachten dem Rat der Stadt vorgestellt, am Freitag dann auch der Öffentlichkeit. Man darf gespannt sein. 

 

Kommentare  
Theater erreicht Stellen der menschlichen Seele, wo Netflix und Youtube nicht hinkommen.
Carlo hat Charly und Olli drauf aufmerksam gemacht, dass Christoph bei Hans-Herbert für Hajo und Friedrich die Trommel rührt.
Danke, die Stelle, die Sie vermutlich meinen, wurde gefunden und korrigiert! Gruß LGheute
Ihre Anregungen sind gut. - - - Leider haben die Präsentationen für Stadtrat und Kreistag gezeigt, dass nicht nur Lüneburgs drei Marketing-Organisationen, LMG, LHG und LCM, die Standards ihrer Aktivitäten im Biedermeier der vorvorvergangenen Jahrhundermitte suchen, sondern auch alle Verwaltungsangehörigen und alle Mitglieder beider Kommunalvertretungen entweder nur nebulöse Phrasen um Worthülsen wie „Leuchtturm“, „Magnetwirkung“ oder „Strahlkraft“ herumgruppieren und/oder das lärmend bettelnde Handaufhalten empfehlen können. Dass Kunst Kunst ist und Wirtschaft Wirtschaft, das hat von „den Entscheidern“ noch keiner mitbekommen. Wer Kunst will, muss dafür bezahlen, darf aber nicht erwarten, das sie sich für ihn bezahlt macht. Wenn alles optimal läuft, befreit sie ihn von seinem Hang zum Phrasendreschen und von seinem Glauben, die Welt sei wirklich ein so kleiner, fettiger Teller, wie der, über dessen Rand er nicht hinausschaut, weil ihm dieser an seiner Nasenspitze festgewachsen ist.
Übrigens, Herr Stüwe: Das Gegenteil von „Wohlwollen“ (Absatz 5) ist nicht „Nichtwollen“, sondern „Nichtwohlwollen“ oder „Übelwollen“.
Vielen Dank für den Hinweis, Tobias M. Der Unterschied ist der Redaktion durchaus bekannt, in diesem Fall aber war der gewählte Begriff Absicht. Gruß LGheute
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