IHK-Umfrage: Historischer Tiefstand in der Geschäftserwartung der regionalen Unternehmen – Corona Haupttreiber
Lüneburg, 24.04.2020 - Die Konjunktur für den Wirtschaftsraum Nordostniedersachsen ist im ersten Quartal 2020 steil abgestürzt. Laut Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) liegt der Indikator aktuell bei nur noch 51 Punkten – der mit Abstand niedrigste Wert, der bei IHK-Konjunkturauswertungen jemals ermittelt wurde, wie die Kammer mitteilt. Selbst zum Höhepunkt der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren fiel der Indikator lediglich auf 66 Punkte. Im letzten Quartal 2019 lag der Wert noch bei 106 Punkten.
"Die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage zeigen, wie ernst die wirtschaftliche Lage in Nordostniedersachsen nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den in der Folge erlassenen gesundheitspolitischen Anordnungen ist", kommentiert IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert. "Viele Unternehmen sind verzweifelt, weil die Kosten weiterlaufen und Umsätze ganz oder zum großen Teil ausbleiben. In mehreren Branchen werden wir eine noch in diesem Jahr eine größere Zahl von Insolvenzen sehen. Wenn unsere Wirtschaft nicht weitreichenden Schaden nehmen soll, muss jetzt gegengesteuert werden. Und zwar nicht nur durch Hilfsprogramme, sondern durch ein verantwortungsbewusstes Hochfahren der wirtschaftlichen Aktivitäten."
◼︎ Einzelhandel, Hotels und Gastronomie besonders betroffen
Vom Einbruch besonders betroffen sind laut IHKLW-Konjunkturbericht vor allem der Einzelhandel, das Hotel- und Gaststättengewerbe, der Tourismussektor, das Messe- und Veranstaltungswesen und personenbezogene Dienstleister. Die Kontaktverbote, Nachfrageausfälle im In- und Ausland, unterbrochene Lieferketten und die Verunsicherung von Investoren und Auftraggebern haben in der regionalen Wirtschaft tiefe Spuren hinterlassen.
◼︎ 70 Prozent der Betriebe rechnen mit erheblichen Einbußen
Für die Konjunkturumfrage haben im April 243 Betriebe aus den Landkreisen Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Celle ihre aktuelle und künftige Wirtschaftslage eingeschätzt. Dabei bezeichnen nur noch 19 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als gut, 39 Prozent als befriedigend und 42 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre momentane Situation als schlecht. Folglich ist der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen mit 23 Punkten weit in den Negativbereich gerutscht, im Vorquartal lag dieser Wert noch bei 21 Punkten im Plusbereich.
Noch stärker sind die Geschäftserwartungen betroffen: Über 70 Prozent der befragten Unternehmen rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit teilweise erheblichen geschäftlichen Einbußen. Knapp ein Viertel meint, das Geschäftsniveau halten zu können. An eine Aufhellung ihrer Geschäftstätigkeit glaubt hingegen nur eine kleine Minderheit von fünf Prozent.
◼︎ 90 Prozent der Betriebe sehen Ursache für ihre Probleme in Corona-Pandemie
Der IHKLW-Umfrage zufolge sind etwa neun von zehn Unternehmen mit den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie konfrontiert. Deutlich mehr als die Hälfte der Betriebe rechnet bezogen auf das Gesamtjahr 2020 mit Umsatzrückgängen, ein großer Teil davon gar mit erheblichen Einbrüchen. So erwartet gut jedes fünfte Unternehmen für 2020 Umsatzeinbußen von mehr als 25 Prozent. Für viele Unternehmen ist eine Einschätzung der Umsatzentwicklung aufgrund der jederzeit veränderlichen Lage aber gar nicht möglich. Rund 40 Prozent der befragten Betriebe befürchten, Corona-bedingt in Liquiditätsengpässe zu geraten. Drei Prozent der Unternehmen rechnen damit schon im April, annähernd 30 Prozent im Mai. Rund 60 Prozent halten ihre Liquiditätsreserven vorerst für ausreichend.
◼︎ IHK fordert schrittweisen Normalbetrieb für Außengastronomie, Kitas, Schulen und ÖPNV
Die IHKLW hat dazu gemeinsam mit den anderen niedersächsischen Industrie- und Handelskammern der Politik Empfehlungen für einen geordneten Weg aus der Corona-Krise vorgelegt. Die IHKLW regt ein vierstufiges Vorgehen an, in dem nach den Betrieben des Einzelhandels möglichst bald auch die Außengastronomie und dann schrittweise weitere Branchen geöffnet werden. Flankierend sollten Kindertagesstätten und Schulen geöffnet werden, ebenso sei ein verlässlich fahrender ÖPNV Voraussetzung.