Konjunkturklima erneut gesunken – IHK fordert wirtschaftspolitische Reformen
Lüneburg, 13.10.2023 - Es geht weiter bergab. So ist die Stimmung der Unternehmen im Wirtschaftsraum Nordostniedersachsen zu verstehen, die sich laut Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) zum Herbst hin weiter verschlechtert hat. Ergebnis: Der Konjunkturklimaindikator fällt im Vergleich zum zweiten Quartal 2023 um fünf Punkte auf einen Stand von 76 Punkten.
Nachdem der Indikator bereits im Vorquartal einen starken Rückschlag erlitten hatte, liegt er damit wieder auf dem niedrigen Niveau, das bereits nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs herrschte.
Aus Sicht von IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert sind gleich mehrere Faktoren für die schlechte Stimmung verantwortlich: "Die regionale Wirtschaft leidet unter hohen Energiekosten, gestiegenen Preisen für Vorprodukte, zunehmenden Arbeitskosten sowie unter der gewachsenen Zinsbelastung. Hinzu kommen grundlegende Herausforderungen wie der allgegenwärtige Arbeits- und Fachkräftemangel, der enorme Anpassungsdruck im Zuge der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz, starke Belastungen durch überbordende Bürokratie und neue Gesetzesvorgaben sowie die Auswirkungen der fortschreitenden globalen außen- und sicherheitspolitischen Polarisierung." Alles in allem ergebe sich daraus eine prekäre Gemengelage, "die der heimischen Wirtschaft mächtig aufs Gemüt schlägt".
Den stärksten Verlust verzeichnet der Großhandel mit einem aktuellen Konjunkturklimaindikator von lediglich 45 Punkten – 15 Punkte weniger als im Sommer. Einbußen gibt es auch in der Industrie, die gegenüber dem Vorquartal zwölf Punkte verliert und auf 75 Punkte zurückfällt. Lichtblicke sind dagegen bei der regionalen Dienstleistungswirtschaft und beim regionalen Einzelhandel zu vermelden, die gegen den Landestrend zulegen. Die Dienstleistungsbranche legt im Herbst um zwölf Punkte zu und bleibt mit 97 Punkten an der Spitze des Konjunkturzuges. Gefolgt vom Einzelhandel, der sich mit einer Steigerung um 15 Punkte auf 94 Punkte verbessert.
Die Stimmung der befragten Unternehmen ist angespannt: Im Moment bezeichnet nur noch jedes fünfte Unternehmen seine Geschäftslage als gut. Knapp die Hälfte schätzt sie wenigstens als befriedigend ein. Jeder dritte Betrieb beurteilt seine momentane Situation hingegen als schlecht. Und auch der Blick in die Zukunft auf die geschäftlichen Aussichten für die kommenden zwölf Monate ist getrübt: Die zuvor schon ausgeprägte Skepsis hat sich weiter vertieft. Mittlerweile rechnen 43 Prozent der befragten Betriebe mit geschäftlichen Einbußen im kommenden Jahr. 47 Prozent meinen, das Geschäftsniveau zumindest halten zu können. An eine Verbesserung der Geschäftslage glaubt inzwischen nur noch jedes zehnte Unternehmen. Düsterer sind die Prognosen bisher nur zum Höhepunkt der Corona-Krise und infolge des Schocks nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine ausgefallen.
"Die Ergebnisse unserer Konjunkturumfrage sind besorgniserregend“, sagt Zeinert. Spätestens jetzt brauche es einen schnellen und klaren Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik. Anstatt immer neue "Bürokratiemonster" wie das Energieeffizienzgesetz oder kaum praktikable Vorschriften zur Umsetzung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus zu erschaffen, müsse die Politik dafür sorgen, dass die Innovationskraft, wirtschaftliche Stärke und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft wiederhergestellt werde.
Zeinert resümiert: "Die Unternehmen können erst dann wieder mehr Zuversicht schöpfen, wenn die Rahmenbedingungen es zulassen. Zum Beispiel sollten die Unternehmenssteuern auf ein Niveau abgesenkt werden, das vergleichbar ist mit anderen Industrieländern. Das Gebot der Stunde ist daher eine breit angelegte wirtschaftspolitische Reformagenda."