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"An den Pranger gestellt"

Coca-Cola wehrt sich gegen Kritik an der Grundwasserentnahme – Pumpversuch um wenige Tage verschoben

Mit seinem in Lüneburg produzierten Mineralwasser "Vio" ist Coca-Cola auf dem Markt sehr erfolgreich. Foto: LGheute31.01.2021 - Erneut muss der geplante Pumpversuch für den dritten Brunnen, den das Coca-Cola-Tochterunternehmen Apollinaris Brands benötigt, um die Produktion seines Lüneburger Mineralwassers "Vio" ausweiten zu können, verschoben werden. Das bestätigte das Unternehmen gegenüber LGheute und nennt zur Begründung technische Probleme. Im Zusammenhang mit dem vor wenigen Tagen verübten Sabotageakt am Bohrloch des Brunnens äußerte sich das Unternehmen auch zur anhaltenden Kritik an der kommerziellen Nutzung des Grundwassers.

"Der Pumpversuch wird voraussichtlich Mitte kommender Woche durchgeführt", sagt Coca-Cola-Pressesprecherin Marlen Knapp. Als Grund für die Verschiebung nennt sie Probleme bei der Verbindung zweier Leitungsteile. Diese seien nicht passgenau, wie erst jetzt festgestellt worden sei. Passende Teile seien aber bestellt worden, so dass der Pumpversuch zeitnah stattfinden könne. Dieser sollte ursprünglich am morgigen Montag stattfinden.

Das Unternehmen sieht sich in Lüneburg wegen seiner Grundwasserentnahme seit langem starker Kritik ausgesetzt, die sich zuletzt in der Lüneburger Bürgerinitiative "Unser Wasser" formiert hat. Sie wirft dem Unternehmen Profitstreben mit dem Allgemeingut Wasser vor. Erst vor wenigen Tagen wurde wie berichtet am Bohrloch für den geplanten dritten Brunnen bei Vögelsen ein Sabotageakt verübt, den die Bürgerinitiative selbst aber verurteilte. Zugleich kündigte sie weiter Protest zum Start des Pumpversuchs vor Ort an.

Gegen eine kritische Auseinandersetzung habe Coca-Cola nichts, "sie sollte aber transparent und offen geführt werden", äußerte Knapp gegenüber LGheute. Ihr Unternehmen suche weiterhin den Austausch, allerdings sollte dieser immer "auf der Basis von Fakten" geführt werden. Im Zuge des Klimawandels über die kommerzielle Nutzung von Grundwasser zu sprechen, sei wichtig, hier leiste die Bürgerinitiative auch einen "hohen Beitrag". Sabotageakte aber stellten eine nicht zu rechtfertigende "Grenzüberschreitung" dar. 

Als nicht gerechtfertigt betrachtet Knapp auch, dass vornehmlich Coca-Cola "an den Pranger gestellt wird", zumal das Unternehmen vergleichsweise wenig Grundwasser entnehme. In der Tat gibt es in Lüneburg Unternehmen, die ein Vielfaches der Grundwassermenge von Coca-Cola fördern. "Wir können aber schlecht die Diskussion für alle führen", beschreibt Knapp die Situation aus Sicht des Unternehmens. Auch jeder Einzelne müsse sich dabei angesprochen fühlen. "Die Frage ist, wie gehen wir alle damit um?", sagt Knapp mit Verweis darauf, dass Coca-Cola mit seinem Mineralwasser ein Lebensmittel anbietet, während das wertvolle Grundwasser in Lüneburg auch zur WC-Spülung genutzt werde.

Einen so heftigen Protest wie in Lüneburg kenne das Unternehmen an seinen übrigen 15 Produktionsstätten in Deutschland nicht, erläutert Knapp. Sie führt dies auf die geplante Errichtung des weiteren Brunnens zurück, noch dazu in einer "von Dürre gepägten Zeit". "2017, als es eine Elbeflut gab, hätte es diesen Protest so wohl nicht gegeben."

Die immer wieder vorgetragene Kritik, Coca-Cola bediene sich an dem nahezu kostenlosen Grundwasser und erziele mit dessen Vermarktung riesige Gewinnspannen, will Knapp so nicht gelten lassen. Vielmehr müsse berücksichtigt werden, dass der Weg vom Grundwasser zum Verbraucher mehrere Schritte umfasse, die Kosten erzeugen. Dazu nennt sie neben der Errichtung eines Brunnens die Förderung, Abfüllung, Vertrieb und Logistik und nicht zuletzt auch die Handelsmarge, die der Endverkäufer für sich beanspruche.

Hinzu komme, dass der Mineralwassermarkt sehr "dynamisch und wettbewerbsintensiv" sei. Dies zeige sich auch an den 200 Mineralwasserbetrieben, die in Deutschland um Marktanteile kämpften.

Zur derzeit laufenden politischen Diskussion zur Erhöhung der Entnahmegebühr – derzeit sind es 9 Cent pro Kubikmeter – wollte sich Knapp nicht äußern. Klar sei aber, dass Unternehmen wie Coca-Cola im Gegensatz zu anderen schon jetzt die höchste Gebühr entrichte.

 

 

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