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Kommt jetzt das Brücken-Aus?

Landkreis wehrt sich gegen Pläne aus Hannover — Grüne reagieren gereizt

Wie lange fahren sie noch? Die Elbfähren im Landkreis Lüneburg sind politisch umstritten. Foto: LGheuteLüneburg, 24.08.2023 - Dass Politik mitunter possenhafte Züge annimmt, ist vor allem seit dem Start der Ampelkoalition in Berlin wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Absurdes ist aber auch auf einer Ebene tiefer zu beobachten. So will die rot-grüne Landesregierung in Hannover ausgerechnet jetzt die geplante Elbbrücke aus dem Landes-Raumordnungsprogramm streichen, wo Fähren wegen Niedrigwasser immer häufiger am Ufer bleiben müssen.

Aus einer Brücke soll eine Fährverbindung werden, so sieht es die angekündigte Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP) vor, die mitten in den Sommerferien bekanntgegeben wurde. Nur: Eine Fährverbindung gibt es an dieser Stelle bereits, und die hat sich bekanntlich als nicht besonders belastbar herausgestellt. Immer häufiger müssen die Schiffe am Ufer bleiben, mal wegen Niedrigwasser der Elbe, mal wegen Eisgang und immer wieder wegen Wartungsarbeiten oder weil das Schiff wegen technischer Probleme streikt. Bewohner und Schüler aus dem Amt Neuhaus müssen dann jeweils teils stundenlange Umwege in Kauf nehmen, um über den Fluss zu kommen.

Beim Landkreis Lüneburg kam die Nachricht aus Hannover nicht gut an, schließlich wird seit langem intensiv an der Vorbereitung für den Brückenbau gearbeitet. Landrat Jens Böther reagierte daher auch entsprechend unwirsch. Mit der Entscheidung für eine Elbbrücke nehme der Kreistag sein Recht auf kommunale Selbstverwaltung wahr, in die der Landtag durch seine Änderungs-Absicht eingreifen würde, so Böther. Außerdem würde die Landesregierung damit "ihre Verantwortung ablehnen und unsere jahrelange Planung mit einem Federstrich in den Wind schießen", schrieb Böther in einem Brief an Ministerpräsident Stephan Weil.

 Grüne reagieren dünnhäutig

Die Landtags-Grünen, von jeher Gegner einer festen Elbquerung, reagierten auf die Kritik aus dem Lüneburger Kreishaus gewohnt dünnhäutig. "Ich bin entsetzt über das Nachkarten gegenüber der Landesregierung und der Landtagsmehrheit", teilte Detlev Schulz-Hendel mit, ohne allerdings darzulegen, worin das Nachkarten denn bestehe.

Stattdessen bedient sich der verkehrspolitische Sprecher der Grünen lieber der bewährten Methode, wonach Angriff die besten Verteidigung ist, und attackierte gleich alles und jeden, der sich für die Brücke ausgesprochen hat, insbesondere die Kreis-SPD, die nach einigem Hin und Her nun doch einem Brückenbau zustimmt.

Bizarr dabei: Schulz-Hendel sieht es offenbar als Majestätsbeleidung an, wenn die Kreisebene nicht den politischen Wünschen in Hannover folgt. Anders lässt sich seine Bemerkung, wonach es dem Fraktionsvorsitzenden der Kreis-SPD an Realitätssinn fehle, "in Erwägung zu ziehen, quasi gegen die eigene Landesregierung rechtliche Schritte einzuleiten", kaum interpretieren - es wirft ein ernüchterndes Bild vom demokratischen Willensbildungsprozess bei den Grünen. Auch, so Schulz-Hendel weiter, sei die Wiederaufnahme der Brückenpläne "ein fataler Fehler auf Kosten der Menschen im Amt Neuhaus" - nur: Es sind vor allem sie, die seit langem die Brücke fordern.

Doch selbst Kreistagsbeschlüsse und sogar die einige Jahre zurückliegende Zustimmung von Amelinghäusern bei der Abstimmung über den Brückenbau - Schulz-Hendel hat dort seinen Wahlkreis - vermögen die Bockigkeit des Grünen gegen die Brücke nicht zu dämpfen. Vielmehr fordert er ein "Umdenken" aller anderen, statt selbst zu akzeptieren, dass ein Fährbetrieb offenkundig keinen Sinn mehr macht.

Landkreis will weiter für Brücke kämpfen

Der Kabinettsbeschluss mit den Änderungsabsichten für das LROP wurde am 2. August veröffentlicht, bis zum 13. September darf der Landkreis noch Stellung nehmen. "Diese Gelegenheit werden wir selbstverständlich wahrnehmen", sagt Böther. Im kommenden Kreisausschuss am 28. August steht das Thema auf der Tagesordnung. "Unser Ziel ist es, die Planungsarbeiten für die Elbbrücke weiterlaufen zu lassen", so der Landrat.

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar. 

Kommentare  
Jeder Brückengegner kann ja mal für sich den Fährbetrieb simulieren: Halten Sie auf dem Weg von und zur Arbeit jeweils 20 Minuten irgendwo an und werfen 5 € aus dem Fenster (oder in ein Sparschwein). Dreimal im Monat machen Sie das für eine Stunde, um Hochwasser, Niedrigwasser, Eisgang oder Wartungsarbeiten zu simulieren. Dann kennen Sie etwa das Gefühl, die Fähre benutzen zu müssen. Von der Brücke würden Tausende jetzige Fährbenutzer profitieren, betroffen wären einige Anwohner in Neu Darchau. Den Kosten der Brücken steht der volkswirtschaftliche Schaden durch Wartezeiten entgegen. Hat das schon mal jemand gerechnet?
Sehr geehrter Herr Schulz-Hendel, es ist doch ganz einfach die Lage zu klären, auf den festen Boden der Tatsachen zurückzukehren - und zwar mit stichhaltigen Argumenten, emotionsfrei.
Listen Sie lediglich die Vorteile/Nachteile von jeweils einer festen Überquerung (Brücke) und der Fähre. Aus Ihrer Sicht. Wäre das ein Vorschlag?
Ich bin weder dünnhäutig noch reagiere ich gereizt. Zu meiner Funktion: ich bin nicht verkehrspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion sondern Fraktionsvorsitzender. Die Rot-Grüne Koalition hat eine gute Entscheidung getroffen. Denn es ist nicht in Ordnung Menschen mit falschen Versprechungen die sich schon lange vor Rot-Grün als Luftnummer erwiesen haben, zu täuschen. Das ist nicht die Politik dieser Rot-Grünen Landesregierung.
Nehmen Sie sich eigentlich noch selbst für voll?
Falsche Versprechen nennt man jetzt eine Entscheidung gegen den kommunalen Willen?
Streichen Sie bitte das Wort "nicht" aus Ihrem letzten Satz.
Dann bekommt das Sinn
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