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Sexueller Missbrauch in Kinderdorf

Erzieher soll sechs Jungen über viele Jahre in Einrichtung im Landkreis Lüneburg missbraucht haben 

Lüneburg, 06.06.2023 - Ein schwerer Fall von Kindermissbrauch im Landkreis Lüneburg ist jetzt ans Tageslicht gekommen. In einem Zeitraum von mehr als 20 Jahren soll sich in einem Kinderdorf ein Erzieher an sechs Jungen im Alter zwischen sieben und dreizehn Jahren vergangen haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von insgesamt 116 Fällen mit teils schwerem sexuellen Missbrauch.

Ans Licht kamen die Taten, nachdem sich ein Betroffener gegenüber Mitarbeitern der Einrichtung offenbart hatte. Der mutmaßliche Täter wurde daraufhin zur Rede gestellt, er habe die Taten eingeräumt und sich selbst angezeigt, heißt es in dem Bericht des NDR.

Besonders gravierend: Der Mann soll bereits bei der Polizei wegen Kindesmissbrauchs bekannt sein. Gegen ihn habe es 2001 eine Strafanzeige gegeben, die Ermittlungen seien aber von der Staatsanwaltschaft Lüneburg eingestellt worden. "Es ist erschreckend, dass trotz eindeutiger Hinweise über so lange Zeit strafrechtlich nicht weiter verfolgt wurde", sagt Carlo Eggeling gegenüber LGheute. Der frühere langjährige Chefreporter der "Landeszeitung" ist einer der beiden Journalisten, die den Fall für den NDR recherchiert haben.  

Überhaupt hält Eggeling Strukturen wie diese in dem Kinderdorf für "zweischneidig". Die familienähnliche Situation vermittle eine Nähe zwischen Erziehern und den ihnen anvertrauten Kindern, die Entwicklungen wie dieser Vorschub leisten können. Zwar sollten solche Einrichtungen deshalb nicht abgeschafft werden, "aber es ist wichtig, dass Behörden und Ämter hier viel intensiver draufschauen".

◼︎ Landesregierung erhebt keine Daten zu Übergriffen

Wie sehr sich Straftaten wie diese immer noch im Dunklen abspielen können, zeigt eine Anfrage der AfD-Fraktion im Landtag in Hannover. "Vor wenigen Tagen erst offenbarte die Landesregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage, dass keinerlei Daten erhoben werden, ob und wie oft es zu Gewalt- und Straftaten von Erziehern, Ehrenamtlichen und Trainern gegenüber Kindern und Jugendlichen kommt und ob gewalttätig oder strafauffällig gewordene Personen als Erzieher, Ehrenamtliche oder Trainer in der Kinder- und Jugendarbeit eingestellt wurden. Offensichtlich gibt es kaum Prüfungen von Personen, die in sensiblen Bereichen tätig sind, war unsere Schlussfolgerung", erklärt Vanessa Behrendt, stellvertretende sozialpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Der Missbrauchsskandal im Landkreis Lüneburg zeige nun, "wie konkret und allgegenwärtig die Gefahr trotz kostspieliger Präventionsprogramme ist", so Behrendt weiter. Der Schutz vor Übergriffen und Missbrauch durch Erwachsene in Bereichen wie Bildung, Sport und Freizeit sei nicht ausreichend. Sie fordert daher erneut jährliche Berichte und eine lückenlose Datenerfassung zu Missbrauchsfällen an Kindern und Jugendlichen in sensiblen Bereichen.

Der Fall soll ab dem 30. Juni vor dem Landgericht Lüneburg verhandelt werden.

 

 

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