Der notwendige Neuzuschnitt wird zunehmend zum Politikum
Hannover/Lüneburg, 20.05.2021 - Wird der Landkreis Lüneburg gevierteilt? Dieses Szenario ist hinsichtlich der geplanten Neu-Aufteilung der Landeswahlkreise in Niedersachsen nicht ganz unwahrscheinlich. Das Problem: Der Wahlkreis 49, zu dem die Stadt Lüneburg und die Samtgemeinden Amelinghausen, Bardowick und Gellersen gehören, ist zu groß. Amelinghausen soll daher dem Wahlkreis 44 Soltau zugeschlagen werden. Das hat bei Politikern der Region für Unmut gesorgt. Von der SPD kommt jetzt ein Gegenvorschlag. Auch von den Grünen.
Nicht Soltau, sondern Salzhausen/Winsen soll die Samtgemeinde Amelinghausen zugeordnet werden. Das jedenfalls ist der Vorschlag von Andrea Schröder-Ehlers. "Das ist auch nicht gut, aber es wäre vielleicht das geringere Übel", sagt die in Lüneburg beheimatete SPD-Landtagsabgeordnete. Und sie ergänzt, dass der Vorschlag, auch die Samtgemeinden Gellersen und/oder Ilmenau dem Wahlkreis Soltau zuzuordnen, von der SPD-Landtagsfraktion nicht unterstützt wird. "Damit müsste das Thema vom Tisch sein. Die Samtgemeinde Ilmenau bliebe dann im Wahlkreis Uelzen."
Laut Schröder-Ehlers ist ihr Vorschlag, Amelinghausen jetzt Salzhausen/Winsen zuzuordnen, mit ihrem Landtagskollegen Detlev Schulz-Hendel (Grüne) abgestimmt. Doch der Amelinghausener zeigt sich überrascht: "Das ist nicht der Fall."
◼︎ Neuer Wahlkreis als Lösung
Statt einer weiteren Herauslösung einer Samtgemeinde aus dem Bereich des Landkreises Lüneburg in landkreisfremde Wahlkreise – die Samtgemeinde Ilmenau ist bereits dem Wahlkreis Uelzen zugeordnet, Adendorf, Scharnebeck, Bleckede, Ostheide, Dahlenburg und Amt Neuhaus gehören zum Wahlkreis Elbe mit Schwerpunkt Lüchow-Dannenberg – spricht sich Schulz-Hendel für die Schaffung eines neuen Wahlkreises aus: "Dieser könnte die Stadt Lüneburg und die Gemeinde Adendorf umfassen, die Samtgemeinden Amelinghausen, Gellersen, Bardowick und Ilmenau bildeten dann einen eigenen Wahlkreis." Es bliebe also bei drei Wahlkreisen im Landkreis Lüneburg.
Dass die Schaffung eines zusätzlichen Wahlkreises aufgrund der damit verbundenen Gewichtsverschiebungen beim Stimmenaufkommen insgesamt eher unrealistisch ist, weiß auch Schulz-Hendel. Er plädiert deshalb für eine "Kompensation" in Form eines Wegfalls eines Wahlkreises mit deutlich geringem Stimmenanteil. Seine Begründung: "Wir gehen davon aus, dass in fünf Jahren erneut Veränderungen aufgrund der Bevölkerungsentwicklung notwendig werden und ohnehin Wahlkreise gegebenenfalls wegfallen müssen."
◼︎ Verhindert die SPD in Hannover eine Einigung?
Schulz-Hendel hat dabei das südliche Niedersachsen im Blick, konkret den Wahlkreis 19 Einbeck, der mit einem Minus von mehr als 25 Prozent die zulässige Toleranzgrenze für die Größe von Wahlkreisen bereits unterschreitet. Zum Hintergrund: Um den Grundsatz der Wahlgleichheit zu garantieren, wird eine annähernd gleiche Größe der Wahlkreise bezogen auf die Wahlberechtigten angestrebt. Diese darf maximal 25 Prozent nach oben oder unten abweichen. Der Wahlkreis 49 Lüneburg liegt mit 27,01 Prozent oberhalb dieser Grenze.
Dass es bislang dennoch nicht zur Verständigung für eine Kompensation gekommen ist, führt, Schulz-Hendel darauf zurück, "dass einzelne Abgeordnete mit enormer Durchsetzungskraft die Kompensationsmöglichkeiten an anderer Stelle nicht anerkennen wollen oder können". Gemünzt ist dieser Vorwurf auf den direkt gewählten Wahlkreisabgeordneten des Wahlkreises Einbeck, Uwe Schwarz (SPD). "Er konnte sich bislang offenbar stärker durchsetzen als Frau Schröder-Ehlers", bemerkt Schulz-Hendel dazu.
Ob es doch noch zu einem neuen Wahlkreis kommen wird, ist ungewiß. Spätestens im Juli aber muss über den Neuzuschnitt im Landtag von Hannover entschieden werden, um die Weichen vor den Landtagswahlen 2022 noch rechtzeitig stellen zu können.
◼︎ Warnung vor Politikverdruss
Sollte es dazu nicht kommen, spricht sich Schulz-Hendel wie Schröder-Ehlers aufgrund der "gewachsenen Lebenssituationen" ebenfalls für die Zuordnung von Amelinghausen nach Salzhausen/Winsen statt nach Soltau aus, "aber nur als die weniger schlechte Lösung". Er hofft aber weiterhin, dass sich die Politik in Hannover seinem Vorschlag nicht verschließt, "denn das wäre fatal", wie Schulz-Hendel mit Verweis auf Bewohner der Samtgemeinde Amelinghausen erklärt. Dort und auch in Ilmenau sei ihm schon gesagt worden: "Dann gehen wir gar nicht mehr wählen."