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Nichts begriffen

18.10.2015 - Es ist bezeichnend, dass die Lüneburger Politiker sich nahezu geschlossen einen Kommentar zu den Äußerungen von Oberbürgermeister Ulrich Mädge verkniffen haben. Er hatte es sich in diesen Tagen nicht nehmen lassen, das nahezu Unaussprechliche beim Namen zu nennen: CSU-Chef Horst Seehofer, so Mädges Botschaft, stünde mit seinen Forderungen nach schnellerer Abschiebung und Transitzone für Flüchtlinge den Kommunen näher als alle anderen. Dass dies von einem SPD-Mann ausgesprochen wurde, zeigt, wie verzweifelt die Situation für die Kommunen inzwischen ist. Und es zeigt, dass Politiker in wirklich schweren Krisen zusammenstehen können – jedenfalls in Lüneburg. Denn nicht anders ist das Schweigen der Lüneburger Parteien zu diesen klaren Worten ihres Oberbürgermeisters zu werten. Nur die Linke mag da noch nicht mitmachen.

 

Auch in einer für die Kommunen in dieser Form noch nie dagewesenen Situation bleibt sich die Links-Partei lieber selbst treu. Statt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, wirft sie Lüneburgs OB lieber "Parolen vom rechten Rand" vor und kritisiert, Mädge gieße mit seinen Äußerungen "Öl ins Feuer der Fremdenfeinde". In Zeiten wie diesen jammert sie tatsächlich lieber über die "jahrelange Umverteilungspolitik von unten nach oben". Und statt etwa mehr Unterstützung des Bundes bei der Bewältigung der Probleme vor Ort einzufordern, empfiehlt sie, der Rathauschef möge sich innerhalb der SPD besser für eine stärkere Besteuerung von Vermögen einsetzen.

Deutlicher kann man eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, dass diese Partei noch nicht begriffen hat, was die Stunde geschlagen hat.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Wenn die Realität die Politik einholt"

 

Kommentare  
In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg haben die rund 30 Millionene Bürger der damaligen Westzonen rund 12 Millionen Flüchtlinge in dem damaligen Gebiet der Bundesrepublik (alte Bundesländer) untergebracht; und dass, obwohl fast 50 % des Wohnraums zerstört waren und es Probleme bei der Grundernährung gab. Heute leben wir in der BRD mit rund 80 Millionen Bürger in einer Wegwerfgesellschaft, und nicht nur in Lüneburg werden massenweise Wohnungen für den gehobenen Mittelstand gebaut - da bleibt für 1 Million vor Tod und Hunger fliehenden Menschen kein Platz. Eine Schande für Deutschland und seine Spitzenpolitiker in den Regierungsparteien!
VETO!

Die Forderung, nach einem Ende der Aufnahme von Flüchtlingen schürt Ängste und bedient rechte Vorurteile. Die Angst, wir würden die Aufnahme von Flüchtlingen nicht bewältigen, ist unbegründet. Wir sind der größte europäische Staat, haben eine gut ausgebaute Infrastruktur, einen (wenn auch unnötig abgebauten) öffentlichen Dienst. Wenn wir es nun die Aufnahme von knapp 1mio Flüchtlingen bis zum Ende des Jahres, eventuell auch 1,5mio Flüchtlingen bis Ende des kommenden Jahres, zur unbewältigbaren Aufgabe erklären, frage ich: warum? Wir muten seit Jahrzehnten anderen Staaten zu, wie selbstverständlich mehr Flüchtlinge unterzubringen. Es sind Staaten wie Jordanien, die Türkei, der Libanon und andere. Es sind Staaten die keine jahrzehntelange Phase des internen Friedens erlebt haben, des Wohlstandsaufbaus, so wie Deutschland. Staaten mit weniger Einkommen, weniger Infrastruktur. Und jetzt kommen die Polemiker und Wahlstrategen der Parteien daher und erklären uns, "wir schaffen das doch nicht." Natürlich schaffen wir das! Wo uns gute Lösungen bei der Unterbringung, etwa Wohnungen oder Herbergen ausgehen, da müssen improvisierte Lösungen her mit niedrigen Standards - seien es leerstehende Kinderheime, Container oder Alternativen, die ich hier nicht zerredet wissen will.

Es war und ist eine zivilisatorische Leistung von Kanzlerin Merkel, auch gegen den Widerstand der Angstmacher in der Koalition, das Dublin-Regime außer Vollzug zu setzen. Denn es war eine geographische Tatsache, dass kein Flüchtlinge Nord- oder Westeuropa erreichen konnte, ohne ein anderes Land der Europäischen Union dabei zu queren. Es war eine Tatsache, dass wir damit jene die doch hier ankamen, automatisch kriminalisiert haben, denn einen legalen Weg gab es ja nicht. Es war eine Tatsache, dass in vielen Ländern, etwa in Ungarn, faktisch kein menschenwürdiges Asylverfahren stattfand und bis heute stattfindet. Es war und es ist eine Tatsache, dass bei dem Versuch sich selbst und die eigene Familie in Sicherheit zu bringen, Menschen ihre Gesundheit und oft ihr Leben riskierten und verloren. Es ist ein Gebot des Humanismus oder, wenn man es denn mit dem lieben Gott hält, ein Gebot der Nächstenliebe, nicht darin die Lösung zu sehen, das Angesicht der real existierenden Probleme wieder aus unserem Blickfeld zu schieben.

Das Fehlen einer Friedenspolitik und der ungerechte Welthandel, der Kampf um Öl, die "Interessensgeleitete Entwicklungspolitik" sind hausgemachte Fluchtursachen. Es hat die Stunde geschlagen, dies zu bekämpfen statt das Asylrecht auszuhöhlen!
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