13.10.2025 - Frau Kabasci hat entschieden, dass es niemanden etwas angeht, ob und welcher politischen Partei sie angehört. Da hat sie recht. Allerdings nur als Privatperson. Das ist Frau Kabasci aber nicht, denn sie hat ein Mandat, das ihr ein Teil der Lüneburger Bürgerschaft per Wahl erteilt hat. Frau Kabasci ist deshalb eine Person des öffentlichen Lebens. Von diesen wird zu recht erwartet, dass sie darüber Auskunft geben, wenn sich die Bedingungen für ihre Wahl geändert haben. Das hat Frau Kabasci noch nicht begriffen. Sie ist ja auch noch jung. Doch es gibt noch mehr Fragwürdigkeiten in dieser Angelegenheit.
Da ist vor allem die Fraktion der Grünen. Die sieht ebenso wie Frau Kabasci keinen Anlass, die Lüneburger darüber zu informieren, dass in ihren Reihen eine Frau sitzt, die ihren Mitgliedsausweis bei den Grünen abgegeben hat, weil ihr deren Bundes-Politik nicht mehr gefällt. Das ist spannend. Künftig darf man also bei den Grünen, die im Rat der Stadt Lüneburg sitzen, davon ausgehen, dass sie womöglich gar nicht mehr bei den Grünen sind und nur so tun als ob. Denn öffentliche Bekanntmachungen dazu gibt es ja nicht mehr.
Und da ist Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch – nach derzeitigem Kenntnisstand immer noch Mitglied der Grünen, wobei das ja inzwischen nicht mehr als gesichert angenommen werden darf –, die seit dem Austritt von Frau Kabasci aus der Partei weiß, dass Letztere keine Grüne mehr ist. Dass eine Oberbürgermeisterin, die gern von Transparenz spricht und behauptet, Oberbürgermeisterin aller Lüneburger zu sein, ein solches Spiel mitspielt, stimmt mehr als bedenklich. Denn auch wenn das Agieren von Frau Kabasci formal nicht zu beanstanden ist, ein Veto der Oberbürgermeisterin wäre zwingend angebracht gewesen, um Schaden an der Glaubwürdigkeit der Lüneburger Ratspolitiker abzuwenden.
Dass Frau Kabasci, Frau Kalisch und die gesamte Fraktion stattdessen lieber den Mantel des Schweigens über den Partei-Austritt legten, lässt wiederum nur einen Schluss zu: Bloss keine weiteren Negativ-Nachrichten kurz vor den Kommunalwahlen angesichts der ohnehin schon schlechten Umfragewerte für die Partei. Ob sie sich und den Grünen damit einen Dienst erwiesen haben, darf allerdings bezweifelt werden.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
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