29.09.2022 - "Das Boot ist voll" – sinngemäß so klang Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch noch vor wenigen Wochen, als die Stadt mit ersten Flüchtlingen aus der Ukraine konfrontiert wurde. Geändert hat ihr Lamento in Richtung Hannover nichts, im Gegenteil. Nun wird das Boot noch etwas voller, weil Bund und Land es so wollen. Das muss nicht jedem gefallen, schließlich ist geübte Solidarität bisweilen auch mit Einschränkungen oder Einsatz verbunden. Dass es Claudia Kalisch nicht gefällt, ist allerdings bemerkenswert.
Es ist erst wenige Monate her, dass die Lüneburger Rathausfassade abends in blau-gelbe Farben getaucht wurde. Zu schön das Gefühl, sich denen gegenüber solidarisch zu erklären, die sich plötzlich einem schrecklichen Aggressor und seinen Truppen gegenüber sahen. Da mochte auch Oberbürgermeisterin Kalisch nicht beiseite stehen, als Ende Februar mehrere Tausend Sympathisanten auf dem Lüneburger Marktplatz ihre Verbundenheit mit den Ukrainern ausdrückten.
Inzwischen scheint davon nicht mehr viel übrig geblieben zu sein, zumindest im Rathaus nicht. Anders ist es nicht zu erklären, warum schon nach einem ersten Flüchtlings-Ansturm von der Verwaltungsspitze wiederholt Stopp-Signale ausgesendet werden. Und das, obwohl bislang erkennbar wenig seitens der Verwaltung geschehen war. Was wurde denn unternommen, um die Flüchtlinge aufnehmen zu können? Wo wurden Flächen oder Plätze umgewidmet, um Container aufzustellen? Wo wurden Partner in der Zivilgesellschaft gesucht, um das Problem gemeinsam anzugehen? Wo war der "Mädge-Einsatz", den der Alt-Bürgermeister stets gezeigt hat, als es 2016 darum ging, all die Flüchtlinge aufzunehmen, die Bundeskanzlerin Merkel ins Land gelassen hatte?
Von Oberbürgermeisterin Kalisch ist davon nichts zu sehen oder zu hören. Vielmehr begnügt sie sich mit einem Appell an die Lüneburger, doch bitteschön Wohnraum bereitzustellen, und dem Hinweis, dass die Kapazitäten seitens der Stadt erschöpft sind. Oder meinte sie damit etwa ihre persönlichen?
Auffällig ist aber auch ein Weiteres: Von all denen, die Mädge und dem Lüneburger Stadtrat 2016 gern vor und in jeder Ratssitzung Verweigerung bei der Aufnahme von Flüchtlingen vorgeworfen haben, ist inzwischen nichts mehr zu hören. Wo sind all die Transparent-Halter und Sprech-Chöre geblieben? Wo ist die "Seebrücke", die so oft das Wort geführt hat? Oder galt das nur, um Gelder für die "Ocean Viking" einzutreiben? Die Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser "NGO's", wie sie sich gern nennen, nehmen durch ihr beredtes Schweigen in diesen Tagen nicht gerade ab.
Zurück zu Kalisch: In Zeiten wie diesen wird Führung erwartet. Damit das Boot, egal wie voll, Kurs hält, braucht es einen weitsichtigen Käpt'n, gern auch als Frau. Doch die ist nicht in Sicht.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Weitere Sporthallen werden Notunterkünfte"