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"Was nützt ein Doppel-Haushalt, der nicht durchgerechnet ist?"

Nach heftiger Kritik am Vorgehen der Verwaltung kommt nun doch eine Sondersitzung des Finanzausschusses

Immer größere Defizite im Haushalt: Überm Lüneburger Rathaus braut sich was zusammen. Foto: LGheuteLüneburg, 10.07.2025 - Nun also doch: Wegen der sich dramatisch zuspitzenden Haushaltslage der Stadt soll es am Freitag, 18. Juli, eine Sondersitzung des Finanzauschusses geben. Das teilte die Stadtverwaltung gestern mit. Sie reagierte damit auf Kritik von SPD und CDU, die sich überrascht gezeigt hatten über das plötzliche zusätzliche Haushaltsloch von rund 11 Millionen Euro und deshalb eine Sondersitzung forderten.

Eigentlich wollte Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch sich mit ihrer Hiobsbotschaft, mit der sie den Rat vor wenigen Tagen aufgeschrecke, lieber in die Sommerpause verabschieden, wie sie in ihrer Mail am 4. Juli mitteilte – nach dem Motto: Ist ja alles geregelt. Denn Kalisch hatte mit der Bekanntgabe der angeblich unverhofft aufgetretenen Finanzlöcher – rund 6 Millionen Euro durch Wegbrechen der Gewerbesteuer-Einnahmen und zusätzliche 5 Millionen Euro für Pensionsrückstellungen – eine verschärfte Haushaltssperre verhängt, im Wesentlichen durch Nichtverlängerung von befristeten Arbeitsverträgen und Nichtbesetzung von vakanten Stellen für vorerst sechs Monate (LGheute berichtete).

◼︎ Seit Kalisch mehr als zweihundert neue Planstellen

Doch damit will sich die SPD nicht abspeisen lassen und fordert Aufklärung, warum die Verwaltung nicht bereits in der Sitzung des Finanzausschusses am 12. Juni über die Lage berichtet hatte. "Es macht stutzig, dass die Verwaltung angeblich nicht gewusst haben will, wie hoch die Pensionsrückstellungen ihrer Mitarbeiter sind", sagt der Co-Fraktionsvorsitzende der SPD Uwe Nehring gegenüber LGheute. "Sowas ist doch leicht mit jedem Taschenrechner auszurechnen." 

Dass die Stadt immer mehr unter der Last der Personalkosten ächzt, ist für Nehring kein Wunder: "In der Amtszeit von Frau Kalisch sind mehr als zweihundert neue Planstellen dazugekommen, das schlägt sich natürlich auch in den Pensionsrückstellungen nieder." Zwar sieht auch Nehring die Notwendigkeit, kritisch auf die Personalstellen zu schauen, er hält es aber nicht für gerechtfertigt, "mit Entlassungen zu hantieren" und den Mitarbeitern "einfach mal die Schlinge um den Hals zu legen". Statt "Maßnahmen aus dem Handgelenk" sollte der Blick vielmehr auf die Gesamtausgaben der Stadt gerichtet werden, so Nehring. "Welche Investitionen sind erforderlich, welche stellen wir zurück?"

Nehring weist zudem auf ein weiteres Problem hin: "Was nützt ein Doppel-Haushalt, der nicht durchgerechnet ist? Eigentlich wäre jetzt ein Nachtrags-Haushalt erforderlich." Die SPD hatte der Aufstellung des Doppel-Haushalts für 2025 und 2026 nicht zugestimmt.

◼︎ FDP fordert wirtschaftliche Kehrtwende

Aus Sicht der FDP-Fraktion handelt es sich bei den zusätzlichen Belastungen nicht um einen plötzlichen Einbruch, "sondern um ein strukturelles Defizit, das einer klaren wirtschaftspolitischen Antwort bedarf", sagt der Co-Fraktionsvorsitzende Cornelius Grimm. Seine Fraktion fordert daher eine Neuausrichtung, mit der die "ökonomische Säule der Nachhaltigkeit" ernst genommen werde. Dazu bedürfe es konkreter Schritte zur Stärkung der lokalen Wirtschaft und zur Sicherung der städtischen Handlungsfähigkeit. Die FDP fordert deshalb eine "wirtschaftliche Kehrtwende" in fünf Schritten:

  1. Ausweisung und Entwicklung weiterer nutzbarer Gewerbeflächen
  2. Vereinfachung und Digitalisierung von Genehmigungsverfahren
  3. Bestandspflege für bestehende Unternehmen und Handwerksbetriebe
  4. Verknüpfung von Wirtschaftsstrategie, Mobilität und Stadtplanung
  5. Etablierung eines Mittelstandsbeirats mit regionaler Praxisexpertise

◼︎ Situation könnte auch die CDU belasten

Auch die CDU fordert eine kritische Bestandsaufnahme. "Transparenz und eine sachliche Analyse sind jetzt unabdingbar", sagt Ratsmitglied Alexander Schwake, der auch dem Finanzausschuss vorsitzt. Jede einzelne Maßnahme müsse daraufhin geprüft werden, ob sie wirklich notwendig ist. Projekte wie etwa Straßenumbenennungen, Ausgaben für sogenannte Bürgerräte oder Radschönrouten gehörten auf den Prüfstand ebenso wie alle freiwilligen Leistungen und Ausgaben – mit Ausnahme von Schule und Kita.

Allerdings könnte der CDU die Aufarbeitung der angeblich "nicht prognostizierbaren" Entwicklung, wie Kalisch die beiden neuen Millionen-Löcher zu rechtfertigen versucht, auch selbst noch auf die Füße fallen. Schließlich ist Alexander Schwake nicht nur Vorsitzender des Finanzausschusses, Stadtkämmerer Matthias Rink ist ebenfalls CDU-Mitglied. Dass Beide keine klaren Vorstellungen von den Zahlen des Haushalts haben, stimmt bedenklich und dürfte vermutlich ebenfalls Thema in der Sondersitzung werden.

Die öffentliche außerordentliche Sondersitzung des Finanzausschusses beginnt um 15 Uhr im Huldigungssaal des Rathauses. 

 

 

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