Im Lüneburger Rathaus sieht man auch nach Magdeburg keinen Anlass für ein tragfähiges Sicherheitskonzept
Lüneburg, 15.01.2025 - Markt und Sande in Lüneburg haben, nachdem die Weihnachtsmärkte wieder abgebaut sind, ihr gewohntes Bild zurückerhalten. Mit den Glühweinständen und Bratwurstbuden sind auch die Betonklötze bei den Zufahrten zu den beiden Plätzen weggeräumt worden. Sie bildeten das Sicherheitskonzept, um Anschläge verhindern. Davon jedenfalls ist die Stadtverwaltung überzeugt. Doch Zweifel daran sind angebracht. LGheute hat deshalb im Rathaus nachgehakt. Dort sieht man aber auch nach Magdeburg nur wenig Änderungsbedarf.
Ob Weihnachtsmarkt oder eine andere Veranstaltung, aus Sicht der Stadtverwaltung "wird es bei der traurigen Wahrheit bleiben, dass es keine absolute Sicherheit vor jedwedem Szenario geben wird, sondern wir den Menschen nur maximal ein Gefühl der Sicherheit geben können." Doch von absoluter Sicherheit ist man mit dem derzeitigen Sicherheitskonzept in Lüneburg weit entfernt. Hier beschränkt man sich darauf, an den Zufahrten lediglich ein paar Betonklotze aufzustellen – damit das Sicherheitsgefühl stimmt.
LGheute hat sich deshalb mit den nachfolgenden Fragen an die Stadtverwaltung gerichtet. Hier die Antworten.
Die vor den Weihnachtsmärkten aufgestellten Betonklötze erweisen sich bei kurzer Betrachtung als sinnlos, da sie die Durchfahrt für Busse ermöglichen müssen und daher auch jedem Pkw die Zufahrt ermöglichen. Eine mobile Schranke ist dort nicht vorhanden, auch sind dort keine Polizeikräfte erkennbar, die eine nicht genehmigte Zufahrt unterbinden. Welche Sicherheit sollen die Betonklötze also bieten?
Die Betonklötze sollen eine schnelles Durchfahren insbesondere für große Fahrzeuge erschweren bzw. verhindern. Intensive Diskussionen haben wir in den letzten Jahren in Lüneburg immer wieder geführt, wenn es um motorisierte Verkehre in der Innenstadt bzw. ihre Reduzierung geht. Im Jahr 2021 z.B., als es darum ging, den ÖPNV aus der Achse Sande – Am Berge – An den Brodbänken herauszunehmen. Die letzte Diskussion dazu ist kurz vor dem Magdeburger Attentat geführt worden. Die Mehrheit des Rates hat im Rahmen des Doppelhaushaltes 2025/26 Mittel für die Installation von 2 Polleranlagen bewilligt, die in einem ersten Schritt der Durchsetzung der geltenden Durchfahrtsbeschränkungen in der Neuen Sülze und in der Bardowicker Straße dienen. Diese Polleranlagen bestehen aus mehreren Pollern, die zum Teil versenkbar sind und im Nebenraum (Bürgersteig) statisch das Vorbeifahren an den versenkbaren Poller verhindern werden. Der Standard dieser Anlagen ist zur Abwehr von Attentaten geeignet, bei denen Fahrzeuge als Waffen missbraucht werden.
Personen, die problemlos mit ihrem Pkw die Betonklötze passieren und auf den Platz Am Sande fahren können, können von dort völlig ungehindert in die Bäckerstraße hineinfahren. Betonklötze als Sperren gibt es dort nicht, obwohl eine Aufstellung problemlos möglich wäre. Warum nicht?
Es gibt viele Orte, an denen sich regelmäßig viele Menschen ansammeln, nicht nur auf Weihnachtsmärkten und in Einkaufsstraßen. Ein Abschirmen dieser Bereiche wäre mit hohem technischen und finanziellen Aufwand möglich.
In Anbetracht der offenkundigen Sicherheitslücken stellt sich die Frage, ob die Stadtverwaltung einen Anschlag wie in Magdeburg billigend in Kauf nimmt. Wie steht die Verwaltung dazu?
Natürlich nimmt die Stadt einen solchen Anschlag nicht billigend in Kauf. Es ist nicht sinnvoll, Panik zu verbreiten und Ängste zu schüren. Stattdessen braucht es eine möglichst sachliche Debatte. Es gehört aber auch dazu, ehrlich zu sein und klar zu sagen: Vollständige Sicherheit gibt es nicht. In diesem Zusammenhang von "Sicherheitslücken" zu sprechen, verfälscht den Blickwinkel ein wenig. Die Verwaltung hat sich gegenüber Landkreisverwaltung und Polizei im Übrigen dafür stark gemacht, dass auf dem diesjährigen Weihnachtsmarkt Kontrollen durchgeführt werden, die die verschärften Regelungen des Waffengesetzes betreffen, nachdem dieses als Ausfluss des Solinger Attentats verschärft wurde. Unmittelbar nach dem Anschlag in Magdeburg hat die Hansestadt am Samstag (21.12.) intensiv mit der Polizei zusammen die Sicherheitslage in Lüneburg erörtert.
Sehen Sie vor dem Hintergrund der eingangs aufgeführten Sicherheitslücken die Notwendigkeit, das bisherige Sicherheitskonzept zu verbessern und falls ja, wie?
Es wird weiterhin zu diskutieren sein, ob und wie die Sicherheit noch den aktuellen Entwicklungen anzupassen ist. Das erfolgt wie auch schon seinerzeit in Abstimmung mit der Polizei. Teil dieser Diskussion sind sicherlich auch die geplanten Polleranlagen in der Innenstadt und die Frage, ob wir da nicht schneller sein müssen und mehr Polleranlagen und damit auch mehr Finanzmittel benötigen. Aber auch hier der Hinweis: Vollständige Sicherheit kann es leider nicht geben. Das entspricht nach unserem Kenntnisstand auch der Einschätzung der Polizei.
Der Platz Am Sande ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für die Linienbusse. Diesen Platz für den normalen Busverkehr offenzuhalten und dort gleichzeitig einen Weihnachtsmarkt auszurichten, ergibt wenig Sinn, es sei denn, es wird ein mit einem hohem personellen und organisatorischen Aufwand verbundenes verbessertes Sicherheitskonzept erarbeitet und umgesetzt. Ist es vor diesem Hintergrund sinnvoll, an dem Weihnachtsmarkt am Sande und ggf. auch am Markt weiter festzuhalten?
Ja, aus Sicht der Stadt ist das nach wie vor sinnvoll. Was wären Alternativen? Vollständige vom Verkehr abgeschirmte Bereiche gibt es nicht. Das ist in anderen Städten nicht anders.
Lesen Sie hierzu auch den Kommentar.