header

Das Theater eint und entzweit

Rat beschließt weitere finanzielle Unterstützung – Grüne schießen gegen die SPD

Die Zukunft des Theaters ist vorerst gesichert, auch wenn noch offen ist, unter welchen Vorzeichen. Foto: LGheute  Lüneburg, 11.11.2023 - Wieviel Theater wird Lüneburg künftig haben? Eine Antwort darauf sollte ein Antrag bringen, der nahezu fraktionsübergreifend in die jüngste Sitzung des Lüneburger Stadtrats eingebracht worden war. Einhellig mit Ausnahme von AfD und Basis-Partei kam man zu dem Entschluss: Fürs Theater soll weiter Geld aus dem Stadtsäckel fließen, auch wenn dieser längst überleer ist. Damit dennoch nicht zu viel Freude unter den Ratsmitgliedern über den gemeinsamen Beschluss aufkam, hatten die Grünen ihr neues Ratsmitglied Corinna Dartenne in Stellung gebracht – gegen die SPD.

Dartenne brauchte nicht lange, um in ihrer kurzen Rede ihren gezielten Schuss abzugeben. Dieser richtete sich gegen die SPD in Person von Jens-Peter Schultz, der sichtlich getroffen mit den Worten ring. "Schade, dass Sie hier Wasser in den Wein gießen", sagte Schultz angesichts des gemeinsam zustandegebrachten Antrags.

Kurz zuvor hatte Dartenne hatte ihm in ihrer Rats-Jungfernrede vorgeworfen, sich in Hannover nicht ausreichend für das Theater stark gemacht zu haben. "Haben Sie zum Telefonhörer gegriffen und Ihrem Minister Falko Mohrs gesagt, dass das Versprechen eingehalten werden muss?", bohrte Dartenne vor dem Hintergrund, dass die SPD bereits in der vorangegangenen rot-schwarzen Landesregierung zwar erklärt hatte, die Tariferhöhungen für das Theaterpersonal mit zu übernehmen, es dazu aber bislang nicht gekommen war – ein Punkt, der die Finanzsituation des Lüneburger Theaters stark belastet. 

◼︎ Gegenfrage blieb leider aus

Allerdings hatte Dartenne offenbar vergessen, dass derzeit nicht Rot-Schwarz in Hannover regiert, sondern Rot-Grün, wobei die Grünen sogar den Finanzminister stellen. Warum Schultz seinerseits nicht die Gegenfrage stellte, ob denn auch Frau Dartenne in Hannover angerufen habe, um ihrem Minister Gerold Heere die fehlenden Millionen fürs Lüneburger Theater locker zu machen, muss wohl dem plötzlichen Blackout zugeschrieben werden, den Dartenne dem verblüfften SPD-Mann mit ihrer Frage zugefügt hatte. 

Unterm Strich beschlossen SPD, Grüne, CDU, FDP und Linke, dem Theater weiter finanziell die Stange zu halten, was vor allem bei der AfD angesichts des 49-Millionen-Euro-Defizits, der für 2024 droht, auf deutliche Kritik stieß. Zugleich wurde das Theater unter seiner künftigen Leitung von Friedrich von Mansberg, der seinerseits viele Jahre für die SPD im Rat der Stadt saß, gehalten, ein Theater-Zukunfts-Konzept auf der Basis des umstrittenen actori-Gutachtens bis zum Frühjahr vorzulegen (LGheute berichtete). Wie dies sinnvoll gehen soll, wenn doch Stadt und Landkreis als gemeinsame Träger des Theaters noch gar nicht wissen, welche finanziellen Mittel dem Theater künftig zur Verfügung stehen werden, ist rätselhaft. Denn der Beschluss, der gleichlautend auch vom Kreistag beschlossen wurde, besagt, dass man hierzu auch die Unterstützung des Landes benötige.

◼︎ SPD-Minister signalisiert Unterstützung

Immerhin: Hannover scheint inzwischen verstanden zu haben, dass in Lüneburg in Sachen Theater viel auf dem Spiel steht. So berichtete Friedrich von Mansberg in der Ratssitzung von dem Ergebnis einer Demonstration in Hannover und einer Äußerung von Kultusminister Mohr (SPD), wonach das Theater Lüneburg "derzeit mehr Bedarf an Untersützung habe".

Man darf also gespannt sein, ob es nun Grünen-Ratsfrau Dartenne schafft, auch ihren Finanzminister Gerald Heere (Grüne) fürs Lüneburger Theater zu begeistern. Ein Anruf in Hannover wäre angebracht.

 

 

Kommentare  
Apropos Friedrich von Mansberg (SPD) als ewigem Kulturausschussmitglied, ich frage mich, was Andrea Schröder-Ehlers (SPD) eigentlich noch im Stadtrat und im Kreistag zu suchen hat. Neben vielem anderen ist sie Ausschussmitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse, beschließendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, städtische Beteiligungen und Digitalisierung, im Kreisausschuss, im Kreisausschuss als Finanzausschuss und im Kreisausschuss für Wirtschaft und Touristik. Das sind alles SPD-Parteipositionen, die unmittelbar mit Geld-, Sach- und Manpower-Aufwendungen der Kommune und des Kommunalverbandes zu tun haben. Seit September 2023 ist Schröder-Ehlers aber auch Vizepräsidentin des Niedersächsischen Landesrechnungshofs, zu dessen Aufgaben u. a. die überörtliche Kommunalprüfung, also die Frage gehört, ob das Haushalts- und Kassenwesen ordnungsgemäß und wirtschaftlich geführt wurde und angemessen organisiert ist. Sieht sie und sehen andere nicht die vielen möglichen Interessenkollisionen?
Kleine Ungereimtheiten: "Jens-Peter Schultz, der sichtlich getroffen mit den Worten ring"? Ringte? RANG? - "um ihrem Minister Gerold Heere die fehlenden Millionen fürs Lüneburger Theater locker zu machen"? BEI wem? - "Zugleich wurde das Theater unter seiner künftigen Leitung von Friedrich von Mansberg, der seinerseits viele Jahre [quasi als Angestellter und Geldgeber in einer Person] für die SPD im Rat der Stadt saß [und einen Großteil davon den Kulturausschuss präsidierte], gehalten, ein Theater-Zukunfts-Konzept...vorzulegen"? ANGEHALTEN? Das Theater? Oder: Zugleich wurde Fiddi angehalten, der das Theater künftig leiten soll und...saß, ein Konzept...?
Die Historikerin Dr. Corinna Dartenne ist erst vor einem knappen Vierteljahr als neues Mitglied der B90/Grünen Ratsfraktion von, der Oberbürgermeisterin in ihr Amt eingeführt worden. Trotzdem weiß sie (anders als offenbar die beiden langjährigen LZ-Redakteure Carlo Eggeling und Ulf Stüwe) bereits heute, dass der für die Mit-Finanzierung kommunaler Theater (MWK, Abteilung 3, Kultur und Erwachsenenbildung, Bereich 33, Theater, Musik) ALLEIN zuständige Landesminister der liebe Herr Falko Mohrs von der SPD ist, der seit dem 8. November 2022 dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur vorsteht. Aufgabe von Finanzminister Gerald Heere (GRÜNE) dagegen ist es, den Landeshaushalt und die mittelfristige Finanz- und Aufgabenplanung aufzustellen, u. a. die Steuergesetzgebung mitzugestalten, die 59 Finanzämter zu betreuen und die Beteiligungen des Landes zu verwalten,— aber ganz sicher NICHT, Lüneburger Theaterenthusiastinnen auf Zuruf einstellige Millionenbeträge zuzuschanzen.
Kommentar schreiben