Verkehrsexperte Peter Pez fordert mehr Einsatz für eine Verkehrswende
23.06.2022 - Wenn der Rat der Stadt heute zusammenkommt, geht es fast nur um ein Thema: Verkehr. Sechs der insgesamt zwölf Anträge aus den Fraktionen beschäftigen sich allein damit, hinzu kommen Anfragen, die ebenfalls den Verkehr betreffen. Vor allem das Vorhaben der Verwaltung, 125 Parkplätze in der Innenstadt zu streichen, hat die Opposition auf den Plan gerufen. Nun rudert die Verwaltung zurück. Das wiederum bedauert der Lüneburger Verkehrsexperte Prof. Dr. Peter Pez.
"Ich sehe da keine Not, wenn 125 Parkplätze gestrichen werden", sagt Pez, der an der Leuphana Geographie lehrt und sich einen Namen als Verkehrsexperte gemacht hat, im Gespräch mit LGheute. Die Stadt verfüge mit ihren Parkhäusern und den Parkplätzen an den Sülzwiesen über ausreichend Parkraum. "Es wäre auch kein Problem, wenn noch mehr als die jetzt vorgesehenen 125 Plätze wegfielen."
◼︎ Verwaltung spricht nur noch von 44 Parkplätzen
Doch selbst von dieser Anzahl hat sich die Stadtverwaltung schon wieder verabschiedet, wie aus einer Stellungnahme zu einem Antrag der CDU hervorgeht. Darin heißt es, dass "entgegen der breiten Wahrnehmung keinesfalls 125 Parkplätze nahe der Innenstadt wegfallen. Insgesamt werden 80 dieser Stellplätze in der Wallstraße weiterhin zur Verfügung stehen; tatsächlich werden nur 44 Parkplätze wegfallen. Hier wird lediglich die Parkraumbewirtschaftung angepasst, um die Wallstraße in eine echte Fahrradstraße zu wandeln".
Diesen Schritt findet Pez zwar richtig, doch er bedauert, dass nicht deutlich mehr unternommen wird. "Lüneburg ist in den letzten Jahren kräftig gewachsen, der Verkehr hat entsprechend zugenommen, vor allem der Radverkehr, der zudem auch noch schneller geworden ist." Pez sieht darin ein Problem für die Sicherheit im Straßenverkehr und plädiert seit langem für ein Umdenken zugunsten der Radfahrer.
Dem Ansatz der CDU, auf "Schnellschüsse" wie der Streichung von Parkplätzen zu verzichten und zunächst die Ergebnisse des von der Stadt angeschobenen "Nachhaltigen Urbanen Mobilitätsplans" (NUMP) abzuwarten (LGheute berichtete), kann Pez nichts abgewinnen. Überhaupt gelte es, "Dinge mal auszuprobieren", so etwa die Soltauer Straße und Uelzener Straße zu gegenläufigen Einbahnstraßen zu machen. Durch die wegfallende Spur könnten dann links und rechts breite Radfahrstreifen entstehen.
◼︎ Autofahren soll unattraktiver werden
Aber auch andere Varianten könnten geprüft werden, etwa die Soltauer Straße mit einer Umweltspur zu belegen, dergestalt, dass neben der Einbahnstraßenspur eine Rad- und Busspur eingerichtet wird. "Schließlich geht es ja auch darum, dass die Buslinien zügig vorankommen", so Pez. Die Problem-Straße "Auf der Höhe" könnte zudem zu einer "unechten Einbahnstraße" gemacht werden, indem Schilder die Durchfahrt in eine Richtung verbieten, die Straße selbst aber nicht zur Einbahnstraße wird. Das sollte aber nur für Autofahrer gelten. "Der Autoverkehr könnte dann über den Oedemer Weg ausweichen."
Dass solche Überlegungen zu Lasten des Autoverkehrs geht, bestreitet der Verkehrsexperte nicht, im Gegenteil: "Wenn Autofahren unattraktiver wird, steigt die Zahl derer, die das Fahrrad oder den ÖPNV nutzen. Das ist ja das Ziel."
Insofern begrüßt Pez auch das Vorhaben der Stadtverwaltung, im Zuge der Bauarbeiten an der Uelzener Straße die Einbahnstraßenregelungen an dieser und der Soltauer Straße zu untersuchen (LGheute berichtete). "Die Ergebnisse solcher Versuche sollten dann mit in den NUMP einfließen."
◼︎ Expertenwissen bislang nicht abgefragt
Pez hofft, dass nun endlich Bewegung in die von Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch angekündigte "Verkehrswende" kommt. Er stehe bereit, die Verwaltung dabei zu unterstützen, "und das sogar kostenlos". Doch die hat sich laut Pez bisher zurückgehalten: "Anfragen kommen aus Uelzen und Soltau, aber nicht aus dem Lüneburger Rathaus."