Hans-Georg Maaßen hat offenbar den Finger in eine offene Wunde gelegt
06.07.2021 - Verfügt Hans-Georg Maaßen über Wissen, das andere nicht haben? Als ehemaliger Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz könnte das durchaus sein. Schließlich gehört es zu den Aufgaben der Behörde, zu wissen, wer im Lande wie tickt und warum, Journalisten inbegriffen. Dass er dieses Wissen nach seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht kundtun darf, hielt ihn dennoch nicht davon ab, einseitige Berichterstattung in den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten zu beklagen. Die mediale Aufregung ist seitdem groß. Allerdings muss man kein Verfassungsschutz-Präsident sein, um zu einem solchen Urteil zu kommen. Ein paar Klicks im Internet genügen.
Wer "SPD" und "Medien" in die Suchmaschine eingibt, landet schnell bei der "Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG)". Das Unternehmen ist eine Medienbeteiligungsgesellschaft, die zu einhundert Prozent der SPD gehört. Zwar wird ihr Marktanteil bezogen auf die Auflagenhöhe am bundesdeutschen Tageszeitungsmarkt mit lediglich 1,9 Prozent angegeben. Wichtiger als die Auflagenhöhe aber sind die Zeitungen selbst, die ganz oder teilweise im Besitz der SPD sind.
Darunter finden sich die Hannoversche Allgemeine Zeitung, Neue Presse Hannover, Leipziger Volkszeitung, Dresdner Neueste Nachrichten, Kieler Nachrichten, Lübecker Nachrichten, Ostee-Zeitung, Göttinger Tageblatt, Märkische Allgemeine Zeitung, Neue Westfälische, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus ist die SPD über die DDVG als größter Kommanditistin am "Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)" beteiligt, das mehr als 60 Tageszeitungen mit redaktionellem Inhalt versorgt.
Dass die SPD damit entscheidenden Einfluss auf die Meinungsbildung in Deutschland hat, wird von ihr zwar bestritten, indirekt aber eingeräumt. Auf Wikipedia wird die ehemalige Bundesschatzmeisterin und Generaltreuhänderin der DDVG, Inge Wettig-Danielmeier, mit diesen Worten zitiert: "Auch dort, wo wir 30 oder 40 Prozent haben, kann in der Regel nichts ohne uns passieren. Doch wir behalten uns nur Einfluss auf den Wirtschaftsplan und die Besetzung der Geschäftsführung vor." Über die Besetzung der Geschäftsführung hat die Partei damit aber auch Einfluss auf die Auswahl der in den Medienhäusern arbeitenden Journalisten – und deren politische Heimat.
Wie es mit der politischen Heimat von Politikjournalisten in Deutschland bestellt ist, zeigt das Ergebnis einer Befragung, die vom Statista Research Department im Jahr 2010 durchgeführt wurde. Danach gaben 26,9 Prozent der Befragten an, dass sie den Grünen am nächsten stehen, 15,5 Prozent der Befragten nannten die SPD, nur 9 Prozent nannten die CDU, 7,4 Prozent die FDP und 4,2 Prozent die Linke.
Das ist zwar schon ein paar Jahre her, doch die linkslastige Haltung vieler Journalisten dürfte eher noch zugenommen haben. Das lässt eine Umfrage von Volontären der ARD unter ihresgleichen aus dem vergangenen Jahr vermuten. Danach favorisieren 92 Prozent eine Rot-Rot-Grüne Bundesregierung. 57,1 Prozent votieren für die Grünen, 23,4 Prozent für die Linkspartei, 11,7 Prozent für die SPD, die Union landet bei 3, die FDP bei 1,3 Prozent, wie die FAZ berichtet.
Ein ähnliches Bild, allerdings mit deutlich mehr Nähe bundesdeutscher Politikjournalisten zu den Grünen, zeichnet eine Studie der Universität Trier, in der die Interaktionen von Berichterstattern und Bundestagsabgeordneten unter die Lupe genommen wurde. Dabei wurde eine "bemerkenswerte Präferenz seitens der Journalisten für die Vertreter der Umweltpartei" festgestellt, wie die NZZ schreibt.
Ob die Grünen nach dem Debakel, das deren Vorsitzende und Bundeskanzlerkandidatin Annalena Baerbock angerichtet hat, weiter Mediens Liebling sein werden, darf angenommen werden, so schnell wechseln selbst Journalisten ihre Haltung nicht. Das erklärt auch, warum die Empörung bestimmter Medien auf die Äußerung von Hans-Georg Maaßen besonders heftig ausfällt. Wer lässt sich schon gern sagen, voreingenommen zu sein.