IHK-Konjunkturbericht weist auch Schattenseiten aus
Lüneburg, 18.07.2021 - Die regionale Wirtschaft hat ihren konjunkturellen Aufholprozess im Sommer sehr dynamisch fortgesetzt. Der IHK-Konjunkturklimaindikator hat um acht Punkte zugelegt und erreicht aktuell 101 Punkte. Damit liegt der Wert nur noch fünf Punkte unter dem Vorkrisenniveau von 106 Punkten im vierten Quartal 2019. Das zeigt der Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für Nordostniedersachsen für das zweite Quartal 2021.
Fast jeder vierte befragte Betrieb bezeichnet seine Geschäftslage als gut. Gut die Hälfte sieht sie als befriedigend an, allerdings beurteilen 20 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Situation als schlecht. Positiv haben sich auch die Aussichten der Unternehmen auf die Geschäftsentwicklung im weiteren Jahresverlauf entwickelt: Knapp ein Viertel der Befragten geht von einer Verbesserung aus. Gut die Hälfte erwartet eine unveränderte Situation und knapp ein Viertel der Betriebe befürchtet eine Eintrübung seines Geschäftsbetriebs.
"Die Befreiung von den strengen Fesseln der Pandemiebekämpfung und Fortschritte beim Impfen schüren die Hoffnung auf ein Überwinden der Corona-Krise", zeigt sich IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert überzeugt. "Die Stimmung der Unternehmen im Wirtschaftsraum Nordostniedersachsen hat sich daher zuletzt deutlich verbessert."
Noch laufe allerdings nicht alles wieder rund. Zeinert: "Vor allem in der Industrie, aber auch in anderen Wirtschaftszweigen, wird der Aufschwung durch Unterbrechungen in internationalen Lieferketten und extreme Preissprünge für Rohstoffe gebremst." Engpässe gebe es beispielsweise im Automotive-Bereich bei Zulieferteilen wie Computerchips, auch in der Baubranche seien Materialien knapp.
Angesichts dieser Unsicherheiten sei die aktuelle Stimmung in der Industrie noch verhalten. Während diese Branche in den vergangenen Quartalen noch an der Spitze des Konjunkturzuges stand, verharrt sie derzeit bei 97 Punkten. Insbesondere bei den Geschäftsprognosen für die kommenden zwölf Monate herrsche noch Skepsis. So berichten 43 Prozent der Industriebetriebe von geringeren Auftragseingängen. Gründe für Optimismus in der Industrie liefert erneut das Exportgeschäft. 87 Prozent der Betriebe rechnen mit einem besseren oder zumindest gleichbleibenden Außenhandelsvolumen.
◼︎ Verhaltene Stimmung im Einzelhandel
Deutlich zugelegt hat dagegen der Konjunkturklimaindikator des Groß- und Einzelhandels und der Dienstleistungsbranche. Ein regelrechter Sprung nach oben ist beim Einzelhandel zu verzeichnen: Der Konjunkturklimaindikator verbesserte sich um 32 auf nunmehr 102 Punkte, was vor allem auf die positive Beurteilung der aktuellen Lage zurückzuführen sei. Auch die Geschäftsprognosen des Einzelhandels für die kommenden Monate haben sich verbessert. Aber: Der Anteil der Einzelhandelsbetriebe, die mit einer Verschlechterung der Geschäfte rechnen (20 Prozent), überwiegt aber noch immer den Anteil derjenigen, die mit einer Verbesserung rechnen (14 Prozent).
"Der Einzelhandel, der in der Corona-Krise insbesondere in den Innenstädten schwer gelitten hat, bedarf jetzt der besonderen Aufmerksamkeit. Der Fokus muss auf die Belebung, Stabilisierung und Weiterentwicklung der Innenstädte gelegt werden", betont Zeinert.
◼︎ Autofahrer weiter berücksichtigen
Von zentraler Bedeutung sei, die Erreichbarkeit der Innenstädte und Ortskerne sicherzustellen. Alle Besucher und Kunden müssten die Innenstadt barrierefrei mit den von ihnen frei gewählten Verkehrsmitteln erreichen können, fordert Zeinert. Da der motorisierte Individualverkehr auf absehbare Zukunft das dominierende Verkehrsmittel bleiben werde, müsse er im Rahmen einer urbanen Mobilitätspolitik mit dem erforderlichen Gewicht berücksichtigt werden. "Und nicht zuletzt müssen bedarfsgerechte Wirtschafts- und Lieferverkehre auch künftig die Versorgung der Gewerbetreibenden in den Innenstädten sicherstellen."
Für die Konjunkturumfrage Nordostniedersachsen haben im Juni und Juli 194 Betriebe aus den Landkreisen Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Celle ihre aktuelle und künftige Wirtschaftslage eingeschätzt.