Staatssekretär Ferlemann sieht technische Probleme für Streckenausbau
Lüneburg, 03.10.2020 - Wohin mit den vielen Zügen? Dies ist die Kernfrage bei der Diskussion, die seit Jahren die Region unter dem Stichwort "Alpha-E" beschäftigt und kaum von der Stelle kommt. Zwar sind sich Bahn, Politik, Verbände und Öffentlichkeit weitgehend einig, dass Pendlerverkehr, vor allem aber Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlegt werden soll. Doch dazu müssten die vorhandenen Strecken ausgebaut oder neue geschaffen werden – kein leichtes Unterfangen, wie die Situation in und um Lüneburg zeigt. Nun aber bringt Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Bewegung in die Diskussion.
"Wenn wir nicht durch die Orte kommen, dann fahren wir eben außen 'rum." Mit diesen Worten wird Ferlemann im Bremer "Weser-Kurier" zitiert. Denn die bisherigen Ausbaupläne seien "teilweise technisch gar nicht machbar", wie Ferlemann weiter erklärt. In der Theorie seien diese "gutgedacht, in der Praxis kriegen wir das nicht hin."
Ferlemann reagierte damit auf einen offenen Brief des Projektbeirats Alpha-E, dem sich auch Kirsten Lühmann, SPD-Bundestagsabgeordnete für Celle-Uelzen, abgeschlossen hatte. Darin wurde an Ferlemann appelliert, an dem Modell Alpha-E festzuhalten. Ministerium un Staatssekretär sollten "jetzt klaren Kante zeigen" für die Zukunft von Alpha-E, wie die "Allgemeine Zeitung" aus Uelzen zitierte.
Bei Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge stoßen die klaren Worte des Staatssekretärs auf offene Ohren. "Auf Dauer ist Faktenverdrängung und der Versuch, Politik über die Köpfe der Menschen in der Lüneburger Region machen zu wollen, zum Scheitern verurteilt", ist Mädge überzeugt, der seine Haltung nun durch die Äußerungen Ferlemann bestätigt sieht. Mädge hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach auf die Defizite des Dialogforums Schiene Nord und dessen Ergebnis Alpha-E hingewiesen. "Eine Gesprächsrunde wie das Dialogforum ersetzt keine sauberen rechtlichen Verfahren", hatte Mädge immer wieder erklärt und nicht nur ein ordnungsgemäßes Planfeststellungsverfahren gefordert, sondern auch die Verlegung der Bahntrasse entlang der Autobahn 7 empfohlen, zumindest aber eine weiträumige Umfahrung Lüneburgs.
Mädge beklagt, dass viel Zeit verloren gegangen sei, ohne einem Ergebnis entscheidend näher zu kommen. Die mehrjährigen Untersuchungen und Gutachten der mit Alpha-E in Verbindung stehenden möglichen Streckenausbauten zeigten, dass diese in der Praxis nicht funktionierten, weil sie zu aufwändig und damit zu teuer seien, nicht die erhofften Zeitersparnisse brächten und vor Ort nicht umsetzbar seien. "Da bin ich ganz bei Herrn Ferlemann."
Die Hansestadt Lüneburg lehnt Alpha-E daher "entschieden" ab. Sie hält den zur Diskussion stehenden dreigleisigen, teilweise viergleisigen Ausbau nicht für ausreichend, um zusätzliche Kapazitäten für Pendler zu schaffen und zugleich dem steigenden Güterverkehr gerecht zu werden. Zwar bestehe in der seit 1992 währenden Diskussion um Y-Trasse, Alpha-E und Alternativen Einigkeit darin, dass die Schiene gestärkt und die Kapazitäten auf der Strecke Hamburg-Hannover, einer der meistbefahrenen Strecken in Deutschland, ausgebaut werden müssen. Welche Lösung aber gut und tatsächlich vor Ort machbar ist, darüber werde nach woe vor zwischen Deutscher Bahn, Politik in Bund, Land und Kommunen sowie Projektbeirat und Anrainer gestritten.
Schon jetzt gibt es in Lüneburg Bereiche, wo die Gleise unmittelbar an Wohnhäusern vorbei führen. Nicht nur Lüneburgs Oberbürgermeister sieht da in der Realität keinen Platz für die Umsetzung der bisherigen Alpha-E-Planungen in die Praxis und fordert andere Lösungen in den Blick zu nehmen.