Mehr als 800.000 Euro Defizit – Landkreis boykottiert Zusammenarbeit mit Landwirtschaftsministerium
Lüneburg, 28.08.2024 - Zwischen dem Landkreis Lüneburg und der Landesregierung in Hannover kracht es heftig. Anlass ist die langanhaltende Weigerung des Landwirtschaftsministeriums, die Landkreise für die Wahrnehmung von Landesaufgaben im Veterinärwesen finanziell ausreichend auszustatten, wie der Landkreis heute mitteilte. In Lüneburg hat man sich daher entschlossen, die Zusammenarbeit mit dem Grün-geführten Landwirtschaftsministerium in zahlreichen Gremien weitgehend auszusetzen. Der Kreis folgt damit einem Beschluss des Niedersächsischen Landkreistags, dem sich alle niedersächsischen Landkreise angeschlossen haben.
"Wir sind nicht mehr dazu bereit, die Unterfinanzierung durch das Land im Veterinärwesen zu tragen und fortzuführen", sagt Landrat Jens Böther zu dem außergewöhnlichen Schritt. Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) habe mit dem Beschluss ein Zeichen gesetzt, das auch der Landkreis Lüneburg unterstützt. "Wir erwarten vom Land eine deutlich bessere Ausstattung der kommunalen Veterinärbehörden", so Böther.
"Für den Haushalt des Veterinäramts ergeben sich seit Jahren Defizite im hohen sechsstelligen Bereich", berichtet Jochen Gronholz, Fachdienstleiter des Veterinäramtes im Landkreis Lüneburg. Zum Vergleich: Der NLT hat im Jahr 2021 ein Defizit von rund 800.000 Euro für das Veterinäramt des Landkreises Lüneburg berechnet. Dieses Defizit sei mit den Jahren weiter gestiegen. Für 2024 rechnet das Veterinäramt mit einem Defizit von über 900.000 Euro. Landesweit ergibt sich für die Kreise ein Defizit von insgesamt 41 Millionen Euro.
"Es ist das erste Mal, dass sich die Landkreise geeint gegen das Land aufbäumen. Schade, dass es so weit kommen musste", bedauert Landrat Böther. Dennoch sei jetzt die Zeit gekommen, um zu handeln. Seit Jahren würde das Land eine Besserung der Situation versprechen, passiert sei bisher jedoch nichts. Ein Zustand, der auch die Mitarbeiter des Lüneburger Veterinäramts beschäftigt. "Stetig neue Aufgaben und keine Entlastung durch das Land sind nicht mehr tragbar. Unsere Mitarbeitenden im Veterinärwesen arbeiten nach Kräften, aber irgendwann müssen wir die Reißleine ziehen und sie schützen", bekräftigt Gronholz. Schließlich fehle das Geld insbesondere für wichtige Aufgaben vor Ort.
Ab dem 1. September ziehen alle Landkreise Niedersachsens ihre Beschäftigten aus den zahlreichen Arbeitsgruppen des Landes zurück. Ausgenommen sind jedoch die zwingend erforderlichen Besprechungen im Tierseuchenfall sowie bei lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen. Gronholz betont: "Wir werden die Seuchenbekämpfung, die Lebensmittelkontrolle und den Tierschutz nicht einschränken. Die Bürgerinnen und Bürger werden also keine Einschränkungen merken." Aber: Der aktuelle Servicestandard bei der Abwehr von Gefahren für die Lebensmittelkontrolle, den Tierschutz und der Tiergesundheit sei nicht zu halten, wenn die Landesregierung nicht bereit ist, die engagierte und wichtige Arbeit zum Wohle von Menschen und Tieren finanziell fair zu erstatten.