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Die Eskalationsbrücke

Geplante Elbbrücke bei Neu Darchau entfacht neuen Streit – Gemeinde spricht Betretungsverbot für Planer aus

So könnte die geplante Elbbrücke zwischen Darchau und Neu Darchau aussehen – wenn sie denn einmal kommt. Fotomontage: Landkreis LüneburgLüneburg, 25.07.2024 - Das gibt es auch nicht alle Tage: Weil der Landkreis Lüchow-Dannenberg plötzlich nichts mehr von dem gemeinsam mit dem Landkreis Lüneburg vereinbarten Bau der Elbbrücke zwischen Darchau und Neu Darchau wissen will, hatte er kürzlich die weitere Planung der Elbquerung untersagt. Die Gemeinde Neu Darchau legte noch eins obendrauf und sprach ein Betretungsverbot für die Brückenplaner des Landkreises Lüneburg aus. Das aber will der Landkreis nicht akzeptieren und reagiert mit einer klaren Ansage. 

"Wir halten uns an die Vereinbarung, die wir mit unseren kommunalen Partnern an der Elbe getroffen haben“, betont Lüneburgs Landrat Jens Böther. "Die Menschen bei uns an der Elbe brauchen eine ganzjährig verlässliche Querung, daran werden wir weiter arbeiten." Der Landkreis Lüneburg werde daher die Planung fortführen "und auch die dafür erforderlichen Grundstücke betreten", so Böther.

In der sogenannten Brückenvereinbarung, auf die Böther sich bezieht, hatten sich der Landkreis Lüchow-Dannenberg, die Samtgemeinde Elbtalaue, der Landkreis Lüneburg und die Gemeinde Neu Darchau darauf verständigt, das Brückenprojekt erfolgreich abzuschließen. Das gemeinsame Ziel: Bau einer Brücke. "Diese Verpflichtung eines jeden Partners gilt nach wie vor", ist Böther überzeugt.

◼︎ Streit wegen der Straßenführung

Das aber sehen der Landkreis Lüchow-Dannenberg und die Gemeinde Neu Darchau inzwischen anders. Die Planung der Straßenführung bei Katemin entspreche nicht der zwischen dem Landkreis Lüchow-Dannenberg, der Samtgemeinde Elbtalaue und dem Landkreis Lüneburg getroffenen Brückenvereinbarung. Im Juni forderte der Landkreis Lüchow-Dannenberg den Landkreis Lüneburg deshalb auf, die Fortführung der Baumaßnahme zu unterlassen. Der Gemeinderat Neu Darchaus beschloss zusätzlich ein Betretungsverbot ihrer gemeindeeigenen Flächen für Planer des Brückenprojekts.

Der Landkreis Lüneburg kann dieser Argumentation nicht folgen. Böther: "In der Brückenvereinbarung haben sich alle beteiligten Parteien auf eine Ortsumfahrung Neu Darchaus geeinigt, nicht jedoch des Ortsteils Katemin." Insofern entspreche die beantragte Trassenführung in vollem Umfang den getroffenen Vereinbarungen. Zudem liege keine Baumaßnahme vor, die untersagt werden könne, und auch mit dem Bau der Elbbrücke sei noch nicht begonnen worden. Ohnehin stelle das Planfeststellungsverfahren keine Baumaßnahme dar. 

Im April dieses Jahres hatte der Landkreis Lüneburg das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen und den Planfeststellungsantrag – er entspricht einem Bauantrag – für die geplante Elbbrücke bei der Genehmigungsbehörde eingereicht. Nun werden unter anderem Bauwerksskizzen, Gutachten zu Umweltauswirkungen und Hochwasserschutz geprüft. Eine Auslegung und Öffentlichkeitsbeteiligung soll noch im Sommer 2024 starten. 

◼︎ Warum kommen die Einwände erst jetzt?

Warum sich der Landkreis Lüchow-Dannenberg erst jetzt gegen die Brücken-Pläne ausspricht, ist wenig nachvollziehbar, denn die geplante Trassenführung zwischen Neu Darchau und Katemin ist seit Jahren bekannt. "Die Planungen zum Brückenbau wurden vom Landkreis Lüneburg und der Politik stets transparent für die Bürgerinnen und Bürger unserer Region geführt. Jegliche Planungsschritte wurden im kreiseigenen Betriebs- und Straßenbauausschuss öffentlich präsentiert, zudem wurde regelmäßig seitens des Landkreises Lüneburg dem Landkreis Lüchow-Dannenberg in deren Ausschüssen vorgetragen, erstellte Unterlagen bereitgestellt und erforderliche Abstimmungen vorgenommen", so Böther.

Auch die Gemeinde Neu Darchau dürfte mit ihrem Betretungsverbot vermutlich kaum Aussicht auf Erfolg haben. Denn die Gemeinde war bereits 2020 gerichtlich gegen Duldungsbescheide vorgegangen, mit denen sie verpflichtet wurde, für die Erstellung der Planunterlagen erforderliche Vorarbeiten – unter anderem Kartierungen – auf ihren Grundstücken zu dulden.

Dem aber wollten die Gerichte nicht folgen, wie das Kreishaus auf LGheute-Nachfrage erläutert: "Das hierzu geführte Eilverfahren wurde sowohl durch das Verwaltungsgericht Lüneburg als auch das Oberverwaltungsgericht zugunsten des Landkreises Lüneburg entschieden. Bereits im Zusammenhang mit diesem Verfahren wurde außergerichtlich eine Untersagung der Fortführung der Baumaßnahme durch die Gemeinde Neu Darchau ausgesprochen. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu jedoch festgestellt, dass die Untersagung für das damalige Verfahren keine Wirkungen entfaltet hat."

◼︎ Eskalation offenbar gewollt

Wie es nun weitergeht, bleibt abzuwarten. Klar aber ist, dass die früheren Partner der gemeinsamen Brückenvereinbarung nun offenkundig bewusst einen Eskalationskurs einschlagen, der letztlich wohl erst wieder durch ein Gericht gestoppt werden wird. Warum kein anderer Weg, etwa der eines klärenden Gesprächs mit allen Beteiligten gewählt wird, begründet Landrat Böther so: "Das öffentliche Interesse an der Elbbrücke ist groß."

Ob das noch zutrifft, ist nach Jahrzehnten der Ankündigung, Planung, der zwischenzeitlichen Ignorierung des Projekts und Wiederaufnahme desselben allerdings fraglich. Klar ist aber auch, dass die jetzige Lösung mit den beiden Fährverbindungen in Bleckede und Neu Darchau wegen regelmäßiger Ausfälle für erhebliche Probleme vieler Betroffener führt. Woher aber das Geld für die mit aktuell rund 94,78 Millionen Euro Projektkosten veranschlagte Brücke kommen soll, ist noch offen. Der Landkreis Lüneburg wird sie wohl kaum allein aufbringen können.

Hinzu kommt, dass das Land Niedersachsen inzwischen ein Fähr-Konzept favorisiert. Wie dieses konkret aussehen soll und wie damit allein die witterungsbedingten Probleme wie Eisgang, Niedrigwasser, Hochwasser oder Sturm gelöst werden, ist ebenfalls unklar. 

 

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