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Messerangriffe, Körperverletzung, Raub und Diebstahl

Registrierte Kriminalität in Niedersachsen um 5,6 Prozent gestiegen – Anteil Nichtdeutscher an Straftaten besonders hoch

Hannover, 11.03.2024 - Wenn eine für Sicherheit zuständige Ministerin bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik das "geringe Kriminalitätsfurchtniveau" sowie leichte Verbesserungen bei der Aufklärungsquote hervorhebt, lohnt es, genauer hinzuschauen. Schnell wird dann offenbar, was lieber nicht an die große Glocke gehängt werden soll: Der weitere Anstieg der Kriminalitätsrate im Jahr 2023 nach dem bereits hohen Anstieg in 2022. Schlimmer aber: die weitere Zunahme der Kinder- und Jugendkriminalität. Und besonders auffallend: der hohe Anteil Nichtdeutscher an den Straftaten.

Um 5,6 Prozent auf 553.202 Fälle ist die registrierte Kriminalität in Niedersachsen im vergangenen Jahr gestiegen. Diese Zahlen nannte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) heute anlässlich der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für 2023. 

◼︎ Zunehmende Kinder- und Jugendkriminalität

Um 9,7 Prozent auf 68.874 Fälle stieg die Zahl junger Menschen im Alter unter 21 Jahren, die als Tatverdächtige oder Beschuldigte ermittelt wurden. 

Während die Zahl der ermittelten heranwachsenden Tatverdächtigen (18 bis unter 21 Jahre) mit 17.239 Tatverdächtigen wieder das bereits hohe Niveau des Vorjahres 2022 erreichte, lag die Zahl der jugendlichen Tatverdächtigen (14 bis unter 18 Jahre) mit 21.725 Personen sogar deutlich darüber, ebenso die der tatverdächtigen Kinder (0 - bis unter 14 Jahre) mit 10.813 Personen. Die aufgeklärten Fälle mit kindlichen Tatverdächtigen erreichten im Zehnjahresvergleich mit 10.415 sogar erneut einen Höchststand. Die wesentlichen Delikte: Körperverletzung, Raub, Diebstahl. Um 17,4 Prozent auf 4.457 Fälle stieg die Anzahl junger Tatverdächtiger auch im sogenannten Schulkontext. 

Laut Innenministerium spielen insbesondere bei den Jugendlichen "wahrscheinlich auch sogenannte 'Corona-Nachholeffekte" eine Rolle. Die für diese Altersgruppe "relativ typischen Normüberschreitungen" seien während der Pandemie nur begrenzt möglich gewesen und werden nun möglicherweise verstärkt ausgelebt, so das Ministerium.

◼︎ Gestiegene Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger

2023 wurden 74.168 Nichtdeutsche als Tatverdächtige registriert, eine Zunahme von 15,5 Prozent gegenüber 2022. Dies entspricht einem Anteil von 32,6 Prozent an den insgesamt ermittelten Tatverdächtigen – und dies, obwohl der Anteil der Nichtdeutschen in Niedersachsen in 2022 bei lediglich 11,8 Prozent lag. 

Vor dem Hintergrund dieser alarmierenden Zahlen fordert Innenministerin Behrens zu einer "differenzierten Betrachtung" auf. Und sie hat auch Erklärungen für die Kriminalität von Nichtdeutschen: "Wir müssen uns bewusst machen, dass eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielt, darunter sozioökonomische Bedingungen, Bildungschancen und Integration." Es sei deshalb von entscheidender Bedeutung, die "soziale Integration nichtdeutscher Mitbürgerinnen und Mitbürger zu fördern". 

◼︎ Zunahme von Messerangriffen 

Mit einer Zunahme von 8,7 Prozent auf 3.048 Fälle liegt die Anzahl der Messerangriffe über dem Anteil an der Gesamtkriminalität von 5,6 Prozent. Als "erwähnenswert" bezeichnet das Innenministerium die Zunahmen von Messerangriffen bei Raubdelikten auf Straßen, Wegen oder Plätzen sowie bei Raubüberfällen oder räuberischer Erpressung auf Kassenräume und Geschäfte. Bedrohungen machen laut PKS zudem mit aktuell 1.474 Fällen fast die Hälfte der 3.048 Messerangriffe aus.

Der Anteil der Nichtdeutschen an Messerangriffen beträgt 41 Prozent. Er liegt liegt nicht nur über ihrem Anteil an der Gesamtkriminalität (31 Prozent), sondern auch an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung in Niedersachsen von 11,8 Prozent im Jahr 2022.

Der Anteil der Jugendlichen an Messerangriffen ist in 2023 um 12 Prozent gestiegen, bei den Heranwachsenden um 18 Prozent. Genaue Zahlen zum Anteil der Nichtdeutschen nennt das Innenministerium hier nicht, weist aber darauf hin, dass bei den nichtdeutschen Tatverdächtigen Steigerungen in allen Altersgruppen zu verzeichnen seien, während die Zahlen bei den deutschen Tatverdächtigen zum Messerangriff bei den Kindern und bei den Heranwachsenden rückläufig seien.

◼︎ Gewalt gegen Einsatzkräfte weiter hoch

Die Zahl der erfassten Fälle, bei denen Polizeibeamte im Dienst Opfer einer Straftat geworden sind, stagniert. Sie beträgt aktuell 4.291 und damit 14 Fälle mehr als im Vorjahr. Zuwächse sind primär bei tätlichen Angriffen zu verzeichnen.

Zu den 4.291 Fällen wurden 10.101 Opfer registriert. Dies sind 334 Opfer mehr als im Vorjahr (+ 3,42 Prozent). Dagegen nimmt die Anzahl der verletzten Opfer leicht um zehn Personen ab (-0,64 Prozent). Rund 70 Prozent aller Tatverdächtigen in diesem Kriminalitätsbereich sind in den vergangenen Jahren deutsche Tatverdächtige.

Die Gewalt gegen Rettungsdienste entwickelte sich im Vergleich zum Vorjahr uneinheitlich: Während die Fallzahlen um sieben auf 290 Fälle zunahmen (+2,47 Prozent), gingen die Opferzahlen um 6 auf 422 zurück (-1,40 Prozent). Viele Fälle der Gewalt gegen Rettungskräfte betreffen die Bereiche der Widerstandsdelikte und des tätlichen Angriffs sowie die Bedrohungen. Rund vier Fünftel aller Tatverdächtigen in diesem Kriminalitätsbereich sind in den vergangenen Jahren deutsche Tatverdächtige.

◼︎ Starker Anstieg bei kinder- und jugendpornographischen Straftaten

Im Bereich der Verbreitung pornografischer Inhalte ist ein starker Anstieg von 39,9 Prozent auf 8.549 Fälle zu verzeichnen. Kinderpornographie-Delikte sind hierbei um 45,8 Prozent auf 6.855 Fälle angestiegen, 2022 waren es noch 4.702 Fälle. Jugendpornographie-Delikte stiegen um 43,3 Prozent oder 340 Taten auf 1.126 Fälle.

Zu dem starken Anstieg verweist das Innenministerium auf Veränderungen der Meldemechanismen zu Delikten im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Danach werden seit mehreren Jahren dem National Center for Missing & Exploited Children (NCMEC) durch verschiedene Internetprovider Verdachtsmeldungen übermittelt, die durch das Bundeskriminalamt erstbearbeitet und anschließend in die Bundesländer abgegeben werden. Weiter heißt es, dass der Konsum pornografischen Materials, Sexting oder der Versand im Freundes- und Bekanntenkreis in Messenger-Gruppen aktuellen Studien zufolge auch unter jungen Menschen weit verbreitet zu sein scheint. 2023 waren im Bereich Kinderpornografie etwa 35 Prozent der Tatverdächtigen Kinder und Jugendliche. Im Bereich Jugendpornografie waren etwa 46 Prozent. 

◼︎ Weiter steigende Zahlen bei Häuslicher Gewalt

Im vergangenen Jahr hat die Polizei in Niedersachsen insgesamt 29.875 Fälle Häuslicher Gewalt und damit eine Zunahme von 10,7 Prozent registriert (2022: 26.997 Fälle). Häusliche Gewalt ist laut Innenministerium überwiegend durch Körperverletzungsdelikte geprägt. 2023 betrug ihr Anteil mit 17.735 Körperverletzungen 59,4 Prozent. 3.051 davon waren gefährliche und schwere Körperverletzungen. Zudem wurden 11 vollendete sowie 14 versuchte Morde und 21 vollendete sowie 36 versuchte Totschlagsdelikte im Bereich der Häuslichen Gewalt festgestellt. Im Jahr 2022 wurden noch 30 Mord- und 60 Totschlagsdelikte gezählt. Verzeichnet wurde hier ein Rückgang von 90 auf 82 Taten.

◼︎ "Niedersachsen ist ein sicheres Bundesland"

Trotz der bedrückenden Zahlen aus der Kriminalitätsstatistik erklärt Innenministerin Behrens: "Niedersachsen ist und bleibt ein sicheres Bundesland." Sie beruft sich dabei auf Ermittlungserfolge der niedersächsischen Polizei. Diese habe in mehr als 62 von 100 Fällen Tatverdächtige ermitteln können. "Das ist nach wie vor eine hervorragende Quote, die sich im mehrjährigen Vergleich über dem Mittel der letzten zehn Jahre bewegt." Ganz kann aber selbst Behrens die Augen vor den Fakten nicht verschließen: Es gebe einen "signifikanten Anstieg der Gesamtfallzahlen". 

 

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