Gerichtsurteil: Airlines müssen Flugpreis unter Umständen erstatten
Celle, 04.11.2022 - Fluggäste kennen das zur Genüge: Man ist gelandet, aber das Gepäck ist nicht mitgekommen. Das kann für Fluggesellschaften teuer werden, wie aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle hervorgeht. Danach muss ein Flugunternehmen, das damit rechnen muss, Passagiergepäck nur mit einer erheblichen Verzögerung an den Zielort transportieren zu können, die Passagiere vor der Buchung darauf hinweisen. Unterbleibt ein solcher Hinweis, hat es die dem Passagier entstandenen Schäden zu ersetzen.
Insbesondere, so der für Reiserecht zuständige 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle, muss die Airline den Flugpreis erstatten, soweit die Beförderung für den Passagier keinen Wert hatte.
Konkret ging es um eine Familie, die einen Flug von Hannover nach Kenia gebucht hatte. Dort sollte der 50. Geburtstag eines Mitreisenden gefeiert werden. Das Gepäck einschließlich der festlichen Garderobe für die Geburtstagsfeier traf jedoch erst mit einwöchiger Verzögerung in Mombasa ein. Die Kosten für eine notdürftige Ersatzbeschaffung musste das Luftfahrtunternehmen bereits nach einem Urteil des Landgerichts Hannover ersetzen. Sonstige Ansprüche hatte das Landgericht aber abgewiesen. Mit ihrer Berufung verlangten die Passagiere insbesondere den Flugpreis zurück.
Der 11. Zivilsenat hat nun entschieden, dass dieser Anspruch grundsätzlich besteht, allerdings nur für die Kosten des Hinflugs. Das Flugunternehmen hätte auf die Gefahr einer erheblichen Verzögerung des Gepäcktransports hinweisen müssen. Der Senat ist davon ausgegangen, dass dem Unternehmen bekannt war, dass es nicht zuverlässig in der Lage war, das Gepäck zeitgleich oder zeitnah zu befördern. Die einsetzbaren Flugzeuge hätten bei voller Beladung mit Passagieren und deren Gepäck nicht in Mombasa landen können.
Die Beförderungsleistung für den Hinflug sei jedenfalls deshalb wertlos, weil die zeitnahe Gepäckbeförderung für den Fluggast hier von wesentlicher Bedeutung war, so das Gericht. Ein in Europa lebender Passagier werde durch das dauerhafte Fehlen seines Gepäcks in seinem Aufenthalt in einem weniger entwickelten und in vielerlei Hinsicht kulturell fremden Land üblicherweise ganz erheblich beeinträchtigt. Die Ersatzbeschaffung für den Gepäckinhalt erfordere dort – soweit überhaupt möglich – einen deutlich höheren Zeitaufwand, wodurch der eigentlich geplante Reisezweck "nachhaltig gestört" sei. Die Beförderungsleistung für den Rückflug sei aber zu vergüten, wobei der Senat angedeutet hat, dass dies bei einer Pauschalreise – die hier nicht gebucht war – möglicherweise anders zu beurteilen sei. Das Urteil ist rechtskräftig.