01.10.2024 - Stillen ist das Natürlichste der Welt, da hat Lüneburgs Oberbürgermeisterin vollkommen recht. Und es ist gut, wenn darauf immer mal wieder hingewiesen wird – und bedenklich zugleich. Denn offenbar gibt es immer noch Menschen, bei denen die Betrachtung einer stillenden Mutter anderes als das Gefühl vertrauter Wärme und Geborgenheit auslöst, warum auch immer. Und dennoch wirkt die Aktion befremdlich.
Was ist von einer Stadt und ihren Bewohnern zu halten, die stillenden Müttern Orten empfiehlt, an denen sie ungestört sind? Sind alle anderen Orte, an denen kein Still-Logo am Eingang prangt, etwa gegen stillende Mütter?
Ein solcher Schluss wäre sicher falsch. Und doch kommt dieser Eindruck auf, dass, wer bei dieser Still-Aktion nicht mitmacht und kein entsprechendes Logo im Schaufenster hat, zumindest fragwürdig erscheint. Hat die Kneipe, das Bekleidungsgeschäft oder der Buchladen etwa etwas dagegen? In den meisten Fällen vermutlich nicht.
Damit aber bekommt das Logo einen üblen Beigeschmack nach dem Motto: Wer nicht für mich ist, ist dagegen. Das ist hinlänglich bekannt aus anderen Aktionen, etwa den "Schulen gegen Rassismus". Die Herder-Schule in Lüneburg hat sich hier besonders hervorgetan. Nur: Sind deshalb alle anderen Schulen, die dieses Markenzeichen nicht an der Schulpforte angebracht haben, deshalb für Rassismus? Wohl kaum.
Dass die Stadtverwaltung jetzt ein Herz für stillende Mütter zeigt, ist zu begrüßen. Dass dies mit der Anbringung eines Logos verknüpft wird, läuft auf eine gesteuerte Bekenntnis-Aktion hinaus. Das aber braucht niemand, nicht mal stillende Mütter.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Ein Platz für Mutter und Säugling"