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Raststätten-Charme

25.07.2024 - Nomen es omen, sagte sich der stolze Vater, der es seinem frisch geborenen Sprößling im Leben leichter machen und ihn deshalb mit Vornamen "Professor Doktor" beim Standesamt anmelden wollte. Das ging zwar schief, zeigt aber, wie sehr ein gut gewählter Titel unser Denken in eine gewünschte Richtung lenken kann. Nicht anders verhält es sich mit den Lüneburger "Grünen Oasen". Die strahlen zwar lediglich den Charme einer Autobahn-Raststätten-Sitzgruppe aus, verheißen aber das schiere Glück. Man muss nur dran glauben. 

Was sich die Verantwortlichen im Lüneburger Rathaus dabei gedacht haben, als sie sich nach der heftigen Kritik an dem Vorgänger-Modell für die jetzt installierte 2.0-Oase entschieden, ist nur schwer zu ergründen. Italienische oder spanische Stadtplaner, die gewohnt sind, ihre allseits beliebten Piazzas und Plazas mit passendem Stadtmobiliar zu bestücken, wurden vermutlich nicht im Vorfeld befragt. Und warum die Stadtbaurätin und die Denkmalschutzbehörde grünes Licht für diese Zumutungen gegeben haben, möchte man lieber gar nicht erst wissen.

Warum eine der Sitzgruppen aber auch noch ausgerechnet mitten auf dem Marktplatz aufgestellt wurde, vor dem prachtvollen Rathaus und dem Luna-Brunnen, ist kaum noch nachvollziehbar. Will man Lüneburg unbedingt auf das Niveau der Dortmunder Einkaufsmeile bringen? Und wo ist das Oasen-Feeling, wenn nicht einmal Schatten spendende Bäume in der Nähe sind? Vielleicht sollte man die kommende Ratssitzung einmal genau an diesem Ort stattfinden lassen, und zwar mittags um 12 Uhr, damit die Entscheider im Rat spüren, was sie da angerichtet haben.

Doch vermutlich wird es anders laufen. Die Oasen werden super angenommen, ist schon jetzt zu hören. Das mag stimmen, aber zur Not setzen sich Menschen auch auf einen Melkschemel, wenn ihnen nichts anderes geboten wird. In Lüneburg dürfen sie sich dabei sogar inmitten einer Oase sitzend fühlen. Damit es auch jeder glaubt, muss die Verwaltung nur noch Schilder mit der Aufschrift "Oase" aufstellen. 

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Einladung zum Platznehmen

 

 

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