07.03.2024 - Ulrich Mädge? Es ist noch nicht lange her, da waren viele in Lüneburg froh, ihn endlich los zu sein. Nach 30 Jahren als Oberbürgermeister und Erreichen der Altersgrenze hatte der überzeugte Sozialdemokrat Platz machen müssen für Veränderung, die damals selbst von Teilen der SPD-Fraktion herbeigesehnt wurde. Die kam dann auch, doch nach anfänglicher Harmonie-Euphorie im Rat, ausgelöst durch den Wechsel im Rathaus von Rot auf Grün, wurde schnell klar: es fehlt was. Diese Erkenntnis wurde nun bei der Wahl für den Seniorenbeirat bestätigt.
Eindeutiger konnte das Ergebnis nicht ausfallen. Mehr als 1.400 Stimmen und damit mehr als das Doppelte an Zustimmung gegenüber dem Zweitplatzierten fielen bei der Wahl für die Delegiertenversammlung auf Ulrich Mädge. Dabei hatte der Alt-OB noch nicht einmal eine kämpferische Rede gehalten, als er wie auch die übrigen Kandidaten sich bei der etwas missglückten Info-Veranstaltung zur Seniorenbeiratswahl im Februar vorstellen durfte.
Aber das brauchte er auch nicht. Als erfahrener Politiker mit wachem Gespür für die Stimmung in der Stadt weiß Mädge, dass die anfängliche Bereitschaft in der Bürgerschaft für Neues längst einer allgemeinen Skepsis gewichen ist, die in Teilen bereits in breite Ablehnung gegen die Politik des Rathauses umgeschlagen ist. Zu offensichtlich sind die Probleme, die von der neuen Führung falsch oder gar nicht angepackt werden, von schlaglochübersäten Straßen bis zu unnützen "Grünen Oasen" oder Millionenausgaben für einen Umbau der Sternkreuzung, damit Radfahrer noch schneller und noch rücksichtsloser die Kurve nehmen können.
Mädge sieht, dass es nicht gut läuft in der Stadt, zuletzt beim Desaster um die Fernwärme-Abrechnungen. Nichts unternahm die Stadtverwaltung für die in Not geratenen Fernwärmekunden, zumeist Haushalte mit geringem Einkommen, die sich unverhofft absurden Nachzahlungen von Avacon und Vonovia ausgesetzt sahen. Dass das Rathaus jetzt aktiv wurde, ist vor allem Mädge zu verdanken, der dafür eigens eine Ratssitzung aufsuchte und die Verantwortlichen zum Handeln aufforderte.
Diese Eigenschaft, nicht für sich, sondern für die Gemeinschaft und das Wohl der Stadt einzutreten, ist es wohl, die viele der rund 20.000 Lüneburger bewog, ihr Kreuz bei Ulrich Mädge zu machen. Auch weil sie wissen: Jemand wie er setzt sich auch für ihre Belange ein.
Ob Mädge nun auch den Sprung in den Seniorenbeirat schafft, ist offen. Denn in dieses Gremium wird nicht automatisch berufen, wer die meisten Stimmen bei der Delegiertenwahl bekommen hat. Welche Stimmen und Stimmungen dort vorherrschen, lässt sich nur schwer einschätzen. Gänzlich ignoriert aber dürften die Ergebnisse der Top-Kandidaten dort dennoch nicht werden, will man sich nicht dem Verdacht aussetzen, den Wunsch-Kandidaten der Lüneburger Senioren kalt zu stellen.
Im Rathaus wird man über das Ergebnis nicht besonders erfreut sein. Denn mit einem agilen Seniorenbeirat wird man künftig ein Gremium an der Seite haben, das zuvorderst eigene Ziele verfolgt. Dass diese abseits neuer Fahrradstraßen oder Einrichtungen für woke Jugendliche liegen, wird niemanden überraschen. Insofern kommt der Seniorenbeirat genau zur rechten Zeit.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Seniorenbeiratswahl hat erste Etappe geschafft"