header

Unrecht bleibt Unrecht – auch für "Unfug"

Verwaltungsgericht Lüneburg lehnt Anträge Lüneburger Bauwagen-Kolonie ab

Lüneburg, 24.06.2020 - Dürfen Bürger oder Interessengruppen sich über bestehende Gesetze und Verordnungen hinwegsetzen, weil sie ihre Interessen als höherwertig betrachten? Nein, sagt das Verwaltungsgericht Lüneburg. Es reagiert damit auf vorläufige Rechtsschutzanträge, die Teilnehmer des Lüneburger Wohnprojekts "Unfug" gegen das von der Hansestadt Lüneburg ausgesprochene Verbot der Nutzung von Bauwagen auf einem Grundstück im Lüneburger Ortsteil Kaltenmoor gestellt hatten. 

Das Wohnprojekt "Unfug" hatte im Jahr 2017 ein Grundstück mit Haus im Stadtteil Kaltenmoor erworben; in der Folgezeit wurden sechs Bauwagen auf dem Grundstück aufgestellt, die gemeinsam mit dem bestehenden Haus zu Wohnzwecken als zusätzliche WG-Zimmer genutzt wurden. Ziel des Projekts sei nach Darstellung der Teilnehmer, ein "inklusives barrierefreies Zusammenleben von Menschen mit und ohne Einschränkungen zu ermöglichen und lebenswerten und bezahlbaren Lebensraum im urbanen Raum zu schaffen", wie das Verwaltungsgericht heute mitteilte.

Das Gericht hat die Nutzungsuntersagung durch die Stadt nun bestätigt, weil die Bauwagen wegen fehlender Baugenehmigung "formell und wegen Verstoßes gegen insbesondere bauplanungsrechtliche Vorschriften voraussichtlich auch materiell illegal, d. h. nicht genehmigungsfähig", seien. Die zuständige Bauaufsichtsbehörde, so das Gericht, müsse gegen eine solche illegale Nutzung im Regelfall einschreiten, damit "rechtstreue Bürger", die vor einer Nutzung um eine Genehmigung nachsuchten, nicht benachteiligt würden. Auch gelte es zu verhindern, dass sich die rechtswidrige Nutzung "nicht perpetuiere".

Vor diesem Hintergrund sei das Nutzungsverbot auch nicht unzumutbar. Die Bewohner der Bauwagen könnten anderweitig Wohnraum anmieten oder ihre Bauwagen an einem anderen Ort, insbesondere auf dem von der Stadt am Ebelingweg ausgewiesenen Bauwagenplatz, aufstellen. Dass die Anmietung konventionellen Wohnraums ebenso wie der Bauwagenplatz am Ebelingweg nicht den Wohnvorstellungen der Teilnehmer des Wohnprojekts „Unfug“ entspreche, sei unmaßgeblich. Einen Anspruch, Wohnvorstellungen unter Verstoß gegen geltendes Baurecht zu verwirklichen, gebe es nicht.

Auch habe die Stadt den Bewohnern mit einer Frist von etwa sieben Wochen genügend Zeit für die Räumung der Wohnwagen gelassen.

Die Stadt sieht sich durch die richterliche Entscheidung in ihrer Auffassung weitgehend bestätigt. "Wir müssen natürlich noch die genaue Begründung abwarten und auswerten. Aber im Kern stärken die Aussagen uns in unserer täglichen Arbeit, wenn das Verwaltungsgericht in seiner Pressemitteilung formuliert, dass die zuständige Bauaufsichtsbehörde gegen eine solche illegale Nutzung im Regelfall einschreiten müsse, damit rechtstreue Bürger, die vor Aufnahme einer Nutzung um eine Genehmigung nachsuchten, nicht benachteiligt würden, und um zu verhindern, dass sich die rechtswidrige Nutzung festsetzt", bewertet Lüneburgs Stadtbaurätin Heike Gundermann.

Das Gericht machte aber auch klar, dass unter anderem eine von der Stadt angedrohte Zwangsgeldandrohung zur Durchsetzung ihrer Forderung zu unklar und darum voraussichtlich rechtswidrig sei. Dazu sagt die Stadtbaurätin: "Wir werden die abschließenden Einschätzungen des Gerichts natürlich beachten und die Maßnahmen entsprechend anpassen."

Die städtische Verwaltung hat den Bewohnern der Bauwagen des Wohnprojekts auf dem Grundstück an der Konrad-Adenauer-Straße 120 deren Nutzung über den 1. Juli 2020 hinaus untersagt und für den Fall der Nichtbeachtung je nach Dauer der Überschreitung gestaffelte Zwangsgelder angedroht. Die Termine für die Nutzungsuntersagungen würden dennoch weiterhin gelten, teilte die Stadt am Nachmittag mit. Bevor erneut ein Zwangsgeld angesetzt wird, sei aber die Beschwerdefrist von zwei Wochen abzuwarten.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen.

 

 

Kommentar schreiben