Stadt kauft ehemalige "Lünebuch"-Immobilie am Markt – und schweigt zu den Kosten
Lüneburg, 01.11.2024 - Der seit Monaten leerstehenden ehemaligen "Lünebuch"-Immobilie am Marktplatz soll neues Leben eingehaucht werden – mit Mitarbeitern der Verwaltung. Wie die Stadt bekanntgab, hat der Rat der Stadt dem Kauf der Immobilie zugestimmt. Noch in diesem Jahr soll der Ankauf über die Bühne gehen. Dort sollen Büro-Arbeitsplätze für die Stadtverwaltung entstehen, im Erdgeschoss sei ein Mix aus Gewerbe, Gastronomie und Verwaltungsservice denkbar, heißt es aus dem Rathaus. Das Vorhaben wirft Fragen auf. Und es dürfte den schon jetzt aus dem Ruder gelaufenen Stadthaushalt noch weiter belasten.
"Wir schließen damit eine Lücke im Herzen unserer Stadt. Und die Verwaltung gewinnt Raum für viele Arbeitsplätze in zentraler Lage", freut sich Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch über die Zustimmung des Rates, der im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch mehrheitlich grünes Licht für das Vorhaben gab.
Im Fokus steht die Nutzung des Gebäudes durch die Verwaltung, wie Stadtkämmerer und Personaldezernent Matthias Rink betont: "Im Zuge unseres Standort-Masterplans wollen wir unter anderem eine wirtschaftliche und bürgerfreundliche Zentralisierung der Verwaltungsstandorte erreichen." Aktuell ist die Verwaltung auf mehr als 25 Liegenschaften im Stadtgebiet verteilt, zahlreiche davon sind angemietet.
Mit dem Kauf der Immobilie könnten die Kosten für die angemieteten Büroflächen deutlich reduziert werden, heißt es. Bis zu 8,7 Millionen Euro könnten so innerhalb von zehn Jahren eingespart werden. Dies gehe aus einem Masterplan hervor, den die Stadt mit der Beraterfirma Eurocres entwickelt habe. Er sieht die Schaffung von "modernen Bürowelten und dadurch eine deutlich effizientere Flächennutzung" vor.
Gemeint sind Großraum-Büros mit Arbeitsplätzen, die je nach Lage von verschiedenen Mitarbeitern genutzt werden, die gelegentlich auch im Home-Office arbeiten. So, sagt die Stadtverwaltung, könnte die Stadt sogar ihren Flächenverbrauch reduzieren und nach und nach einige angemietete Objekte abgeben. Ob dies am Ende auch so kommt, ist indes fraglich, denn die Verwaltung wächst seit Jahren, allein in den vergangenen drei Jahren um rund 360 Mitarbeiter.
◼︎ Mindestens 4,2 Millionen Euro Kosten
Zum Kaufpreis äußerte sich das Rathaus nicht. Wie zu erfahren war, sollen es 2,2 Millionen Euro sein, die von der Stadt für das Objekt auf den Tisch gelegt werden müssen. Hinzu kommen die Kosten für die Sanierung der Immobilie. Die Verwaltung gehe hier von rund 2 Millionen Euro aus. Doch die tatsächlichen Kosten dürften am Ende vermutlich um einiges höher liegen. Denn das Gebäude soll stark renovierungsbedürftig sein, es muss den aktuellen und meist kostenintensiven Brandschutz-Anforderungen gerecht werden, barrierefrei sein und energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden.
Damit stellt sich auch die Frage, wie die hochverschuldete Stadt die Kosten stemmen will. Auch dazu war aus dem Rathaus nichts zu hören. Einfach dürfte es nicht werden, denn der Stadt laufen schon jetzt die Kosten davon. Erst am Mittwoch musste der Rat einen Haushaltsnachtrag beschließen, um eine Haushaltssperre zu verhindern. Damit darf die Stadt Liquiditätskredite, also Überziehungskredite, in Höhe von 160 Millionen Euro aufnehmen, 15 Millionen mehr als bisher. Allein um hierfür die Zinslast bedienen zu können, müssen weitere Kredite aufgenommen werden.
◼︎ "Teurer als ein Neubau"
Wie zu hören war, stand die Zustimmung des Rates für den Kauf der Immobilie unter Zeitdruck. Auch das Lüneburger Immobilien-Unternehmen Porth war an dem Objekt interessiert, kam dann aber nicht zu Zuge. "Wir hatten weniger geboten", bestätigt Günter Porth gegenüber LGheute. Enttäuscht sei er deswegen nicht, schließlich sei die Immobilie wegen der geringen Geschosshöhe für eine Handelsnutzung nur bedingt geeignet. "Hier großräumige Büroflächen einzurichten, macht daher Sinn." Dazu habe es auch Gespräche mit der Stadtverwaltung gegeben – die sich schließlich entschied, lieber selbst zuzugreifen.
"Wenn die Stadt sich das leisten kann?", fragt sich indes Jürgen Sallier. "Das dürfte teurer werden als ein Neubau", vermutet der Lüneburger Immobilienexperte und Investor, der selbst zahlreiche Objekte in Lüneburg besitzt. Unter anderem das Gebäude gleich nebenan, in dem Karstadt beziehungsweise Galeria, wie es jetzt heißt, untergebracht ist – und das von den Kaufplänen selbst betroffen sein könnte.
◼︎ Karstadt-Standort gefährdet?
Denn zur Sicherung des Galeria-Standortes Lüneburg gibt es Pläne, dass auch die Verwaltung in dem großen Gebäude-Komplex Mitnutzer wird, indem etwa Teile der Marketing GmbH dort einziehen. "Dazu habe ich eine mündliche Zusage von Frau Kalisch", versichert Sallier gegenüber LGheute. Ob ein Abrücken der Stadtverwaltung von ihren Plänen den Erhalt des Kaufhauses gefährden könnte, wollte Sallier nicht bewerten: "Dazu müssen Sie Galeria fragen. Wichtig ist nur, dass Galeria funktioniert."
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