Rat stützt Verwaltung bei Radfahrweg-Vorhaben in der Hindenburgstraße, will aber neue Pläne
Lüneburg, 14.12.2022 - Acht Meter sind keine acht Meter fünfzig. Was an sich einfach klingt, muss in der Politik noch lange nicht einfach sein. Den Beweis dazu lieferten Stadtrat und Verwaltung in ihrer jüngsten Sitzung. Dort wurde erneut über die Hindenburgstraße debattiert, konkret über die Verlegung des Radfahrweges auf die Fahrbahn, obwohl der Platz dafür nicht ausreicht. Der Rat lieferte eine aufschlussreiche Debatte, bei der es sogar um Tote ging.
"Fünfzig Zentimeter, die darüber entscheiden, ob jemand getötet wird oder nicht", brachte Jörg Kohlstedt, Mitglied der SPD-Stadtratsfraktion, das Problem auf den Punkt – ein Thema, das inzwischen bei vielen Lüneburgern eine heftige Diskussion ausgelöst hat, nachdem wie berichtet auch die Polizei von der Umsetzung der Pläne aus Sicherheitsgründen abgeraten hatte. Schließlich ist die Straße nur acht Meter breit, benötigt würden aber acht Meter fünfzig.
Weil aber die Stadtverwaltung keine Anzeichen macht, auf ihr Vorhaben zu verzichten, stellten SPD und FDP gemeinsam den Antrag, von dem Projekt abzulassen (LGheute berichtete).
Bei der CDU kam das nicht gut an. Fraktionschefin Monika Scherf sorgte sich vielmehr um das Ansehen der Stadt. Lüneburg sei "nicht modern" und werde "abgehängt", wenn die Politik bei jedem Schritt, das von ihr beschlossene Radverkehrskonzept umzusetzen, "es mit der Angst bekommt". Außerdem dürfe man "nicht gleich bei jedem Leserbrief einknicken", warnte Scherf mit Bezug auf die heftigen Reaktionen, die das Vorhaben in den Medien der Stadt ausgelöst hat. Das Angebot ihrer Fraktion: Erarbeitung neuer Pläne unter Einbindung eines Verkehrssicherheitsexperten. Den Antrag von SPD und FDP aber lehnte sie für ihre Fraktion ab.
◼︎ "Mal auf dem Bauhof ausprobieren"
Empört über den Antrag von SPD und FDP zeigte sich ein Fraktionsmitglied der Grünen. "Jetzt sterben auch schon Kinder", mokierte sich Sebastian Balmaceda über die Sicherheitsbedenken der Antragsteller. Seine Devise: "Autos raus aus der Stadt" und "Verkehrsräume müssten "gerechter verteilt werden". Sein Vorschlag: Das Vorhaben könnte doch mal auf dem Bauhof der Stadt ausprobiert werden.
Grünen-Fraktionskollegin Andrea Kabasci kümmerten die vorgetragenen Argumente offenbar wenig, sie sprach stattdessen von "mehr Gerechtigkeit" und "Umverteilung". Überhaupt gebe es in der Stadt "viel mehr Menschen als die Leserbriefschreiber in der LZ".
Etwas Ordnung in die Debatte versuchte Frank Soldan einzubringen, der als FDP-Fraktionsvorsitzender den Antrag mit unterschrieben hatte. Die Zustimmung auch seiner Fraktion zur Radverkehrsstrategie 2025 bedeute nicht, dass nicht über jede einzelne Maßnahme abgestimmt werden müsse, so Soldan. Überhaupt sei unverständlich, warum andere Maßnahmen so lange zurückgestellt werden, bis der "Nachhaltige Urbane Mobilitätsplan" der Stadt (NUMP) vorliege, "nur diese nicht".
◼︎ "Nicht mit der Angst argumentieren"
Soldans Hinweis, die Hindenburgstraße sei schließlich auch eine wichtige Straße für Einsätze der Feuerwehr, brachte ihm wiederum einen Rüffel von Christian-Tobias Gerlach (CDU) ein. Mit dem Hinweis, hier dürfe man "nicht mit der Angst argumentieren", wischte er die Sicherheitsbedenken von FDP und SPD vom Tisch.
Ja, es gebe die Radverkehrsstrategie, doch die stehe unter einem "Möglichkeits-Vorbehalt", klärte Jens-Peter Schultz (SPD) den Rat auf. "Wenn wir das Geld nicht haben, können wir es nicht machen", sagte Schultz und erinnerte daran, dass der bestehende Radweg gerade mal fünzehn Jahre alt ist. "Und jetzt fassen wir ihn ideologisch wieder an", das könne nicht sein, mahnte Schultz.
Eine Mehrheit konnten SPD und FDP für ihren Antrag letztlich nicht finden. Stattdessen stimmte der Rat mehrheitlich für den Antrag der CDU, an dem Vorhaben festzuhalten, aber neu zu planen und Verkehrsexperten einzubinden.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es für SPD und FDP dennoch: Stadtrat Markus Mossmann erklärte, die Verwaltung werde versuchen, in der Straße mehr Breite für das Projekt zu finden. "Wenn es aber nicht geht, werden wir es auch nicht machen."