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Erfolg mit 1,50 Meter-Abstand

Lüneburger Verkehrswacht überzeugt mit Radfahr-Projekt – Bericht mit Kurzinterview

Einen Abstand von 1,50 Metern müssen überholende Autofahrer gegenüber Radfahrern einhalten, wenn diese auf der Straße fahren, so schreibt es die Straßenverkehrsordnung vor. Doch die Erfahrung im Alltag sind anders. Hier soll die Aktion helfen. In der Bildmitte Initiator der Aktion Martin Schwanitz. Foto: Verkehrswacht LüneburgLüneburg, 07.06.2020 - Einen schönen Erfolg kann sich die Verkehrswacht Lüneburg auf die Fahnen schreiben. Für ihr Aktion zur Einhaltung des Sicherheitsabstandes zwischen Autofahrern und Radfahrern erhielt die Lüneburger Ortsgruppe den 1. Preis der Verbandszeitschrift "mobil und sicher" 2019 und damit ein Preisgeld von 1.550 Euro. Mit der Anerkennung werde sowohl die eindrückliche Darstellung des Sicherheitsabstands von 1,50 Metern zu den überholenden Autos als auch die bis in die Nachbarländer reichende Verbreitung der Foto- und Videosequenzen dieser Aktion gewürdigt, teilte die Ortsgruppe mit.

Die Aktion, die mit Hilfe des ADFC-Kreisverbands Lüneburg durchgeführt wurde, sollte anhand von Beispielen aus Lüneburg zeigen, wie groß der Mindestabstand von 1,50 Metern beim Überholen an verschiedenen Stellen ist. "Vielfach ist nämlich zu beobachten, dass an Radfahrern viel zu dicht vorbeigefahren wird. Dies ist einer der Gründe, weshalb Radeln von vielen immer noch als unsicher erlebt wird", sagt Martin Schwanitz vom Vorstand der Verkehrswacht-Ortsgruppe, der auch Verkehrssicherheitsberater der Lüneburger Polizei ist und die Aktion initiiert hat.

Die entstandenen Fotos und Videos stellte die Verkehrswacht Lüneburg in die eigenen Facebook-, YouTube- und Instagram-Auftritte ein. "Mit dem Thema schien ein Nerv getroffen zu sein, denn die Darstellungen erreichten über 100.000 Nutzer", berichtet der 1. Vorsitzende der Ortgruppe, Prof. Dr. Peter Pez, der als Verkehrsexperte der Lüneburger Universität immer wieder Anstöße unter anderem zu alternativen Radwegführungen gibt.

Das Projekt fand sogar bundesweit Beachtung durch einen Beitrag in der ZDF-Sendung Terra Xpress und wurde von verschiedenen Zeitungen aufgegriffen. Auch die Einbindung eines lokalen Buchändlers, der die Aktion unterstützte durch den Verkauf von Warnwesten mit entsprechendem Aufdruck unterstützte, kam bei der Jury offenbar gut an.

Der Vorstand zeigt sich über den Preis hoch erfreut. Pez: "Lüneburg spielt verkehrspolitisch jetzt in der Bundesliga mit. Diesen Rückenwind werden wir für unsere Verkehrswachtaktionen nutzen."

◼︎ Kurzinterview

LGheute hakte bei den beiden Akteuren mit Fragen zu dem Projekt nach. Hier das Kurzinterview:

Beide Abstände links und rechts machen zusammen 3 Meter aus. Hinzu kommt noch der Platz für den Radfahrer selbst, insgesamt also rund 3,50 Meter. Ein Überholen bei Gegenverkehr ist dann ausgeschlossen. Glauben Sie, dass die Autofahrer das akzeptieren?

Das wird noch einige Zeit dauern, deshalb ja unsere Aktion. Die 1,50 Meter waren bereits gerichtlich seit einiger Zeit das Maß der Dinge, aber sie sind erst im April per Novellierung in die Straßenverkehrsordnung gelangt. Bis diese Information sich ausgebreitet hat, wird es dauern. In der Tat wird ein Überholen dann nicht mehr so einfach sein, und schon Prof. Dr. Müller betonte in seinem Vortrag: Dann muss man eben warten, das heißt hinterherfahren, bis eine Verkehrslücke das sichere Überholen gestattet. Er sprach wörtlich vom "faktischen Überholverbot", solange die Umstände die 1,50 Meter nicht hergeben. Das ist eine Sicherheitsphilosophie, die heute noch nicht in den Köpfen ist, aber zur Verfolgung der "Vision Zero" – null Verkehrstote und möglichst auch Verletzte – nötig ist.

Bei den vielen Radfahrern in der Stadt, die sich auch entgegenkommen, würden Autos überhaupt nicht mehr überholen können. Damit würden die Radfahrer den Verkehrsfluss quasi zum Erliegen bringen. Ist das das Ziel?

Der Begriff Verkehrsfluss darf nicht auf den Autoverkehr reduziert werden, auch Radler stellen Verkehrsfluss dar, und es wäre nicht verkehrt, wenn dieser generell im Sinne der Unfallprävention verlangsamt, aber damit auch verstetigt wird. Das ist das Ziel der Verkehrsberuhigung. Allerdings verbleiben Hauptverkehrsstraßen mit begleitenden Bordsteinradwegen, da wird und darf der Autoverkehr auch weiterhin mit der Stadtgeschwindigkeit von bis zu 50 km/h unterwegs sein – solange sich der Autoverkehr nicht selbst im Stau steht. Es sind nämlich weder Rad- noch öffentlicher Verkehr, die Staus verursachen, das macht der Autoverkehr selbst.

Wollen Sie Radfahrer mehr auf die Straße bringen (Schutzstreifen) oder wären angesichts des Überholprobles nicht Hochborde besser? Wofür plädieren Sie?

Beides! Im Ernst, das hängt von der Situation ab, es gibt keine Patentlösung. In Nebenstraßen vertragen sich Rad- und Autoverkehr problemlos. Bei mehr Kfz-Verkehr sind Schutz- und Radfahrstreifen eine gute Lösung, bei noch mehr Verkehr darf es auch der Hochbordradweg oder eine "Protected bike lane" sein. Und hinzu kommen die gänzlich abseitigen, aber sehr attraktiven und weitgehend ampelfreien "Radschönwege", die ich (Prof. Pez, Anm. d Red.) verkehrswissenschaftlich propagiere.

Was machen Sie mit dem Preisgeld?

Verkehrssicherheitsarbeit, so viel ist schon mal klar. Aktuell denken wir an eine Aktion, die Radfahrer dazu animieren soll, bei Dunkelheit die Beleuchtung zu aktivieren, gegebenenfalls vorher zu reparieren. Möglicherweise findet das Geld hier ein Einsatzfeld, aber wir werden das im Vorstand beraten. Bis gestern Abend wusssten wir ja auch noch nicht, ob wir zu den Gewinnern zählten und in welchem Rang.

 

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