Ausstellung "Alles brannte!" im Ostpreußischen Landesmuseum
Lüneburg, 10.11.2013 - Das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg und die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas präsentieren gemeinsam vom 14. November 2013 bis 24. April 2014 die Sonderausstellung "Alles brannte!". Die feierliche Eröffnung findet am 13. November um 19 Uhr im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg statt. Die Ausstellung bietet auf Grundlage zahlreicher bisher unveröffentlichter Dokumente erstmals einen vergleichenden Einblick in die jüdische Geschichte der ehemaligen preußischen Provinzen Hannover und Ostpreußen. Anlass ist der 75. Jahrestag des antijüdischen Terrors im November 1938.
Die Ausschreitungen beendeten für die Juden im niedersächsischen Raum und in Ostpreußen gleichermaßen jede Hoffnung auf eine weitere Existenz in ihrer Heimat. Soweit ihnen die Auswanderung nicht mehr gelang, wurden sie fast ausnahmslos in Ghettos und Vernichtungslager deportiert, heißt es in der Ankündigung zur Ausstellungseröffnung.
Weiter heißt es:
Im niedersächsischen Raum bestanden zahlreiche traditionsreiche jüdische Landgemeinden, so zum Beispiel in Ostfriesland. Anziehungspunkt jüdischen Lebens wurde jedoch die Provinzhauptstadt Hannover, die um 1930 zu den zehn größten jüdischen Gemeinden Deutschlands zählte. Bereits seit Ende der 1920er Jahre verübten Nationalsozialisten antijüdische Anschläge. 1933, nach ihrer Machtübernahme im Deutschen Reich, begann die systematische Verfolgung von Juden auch in Hannover. Zum Scheitelpunkt der antijüdischen Politik wurde der Terror im November 1938. Ab 1941 begannen die systematischen Verschleppungen in den Tod. Eine öffentliche Gedenkkultur, die an die Opfer erinnert und sich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten auseinandersetzt, entwickelte sich in Niedersachsen, wie auch anderswo, erst in den 1980er Jahren.
Zentrum des jüdischen Lebens in Ostpreußen war die Hauptstadt Königsberg, in der sich bis zum Ersten Weltkrieg der Liberalismus als politische Bewegung behauptete - länger als in anderen Teilen des Deutschen Reiches. Nach 1919 agitierten völkische Gruppen auch in Ostpreußen. Ihre Propaganda wirkte bei manchen Einwohnern, die nach der Abtrennung der Provinz vom übrigen Reichsgebiet in wirtschaftliche Not geraten waren. Anders als in Hannover setzte eine starke Radikalisierung erst 1928 ein, als die NSDAP Erich Koch als Gauleiter nach Ostpreußen sandte. Die SA überzog die Provinz seitdem mit Terror, der nach 1933 Teil der Regierungspolitik wurde. Auch die ostpreußischen Juden wurden im November 1938 Opfer brutaler Ausschreitungen. Sie teilten in den folgenden Jahren das Schicksal der deutschen und europäischen Juden. Nur an wenigen Orten wird ihrer heute gedacht.
Die Ausstellung wird durch eine Vortragsreihe ergänzt. Folgende Themen sind vorgesehen:
- 21. November 2013: "Die Juden in Deutschland 1933 - 1945". Prof. Dr. Wolfgang Benz, ehem. Direktor Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin
- 30. Januar 2014: "Gedächtnis und Gedenken. Orte des Holocaust in Niedersachsen". PD Dr. Habbo Knoch, Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten
- 13. Februar 2014: "Juden in Königsberg unter nationalsozialistischer Herrschaft". Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum, Direktorin Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin
- 27. Februar 2014: "Im Ghetto: Das Schicksal deportierter deutscher Juden in Riga 1941 - 1944". Dr. Peter Klein, Touro College Berlin / Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur
- 13. März 2014: "Erinnerung an jüdisches Leben im früheren preußischen Osten". Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
Die komplett zweisprachige Ausstellung (deutsch-russisch) will einen Beitrag zur grenzüberschreitenden Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit in Deutschland, Polen, der Russischen Föderation und Litauen leisten und ist parallel vom 9. November bis 6. Dezember 2013 im Deutsch-Russischen Haus Kaliningrad (Königsberg) zu sehen. Die Ausstellung "Alles brannte!" ist ein gemeinsames Projekt der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und des Ostpreußischen Landesmuseums Lüneburg in Zusammenarbeit mit dem Nordost-Institut/IKGN e.V. (Lüneburg) und mit Unterstützung der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, dem Deutsch-Russischen Haus, der Jüdischen Gemeinde und dem Deutschen Generalkonsulat Kaliningrad und der Stadtgemeinschaft Königsberg.