Hosenfeld-Szpilman-Preis geht in diesem Jahr an die polnische Kulturgemeinschaft Borussia
Lüneburg, 05.04.2025 - Wer den Film "Der Pianist" noch nicht gesehen hat, sollte dies baldmöglichst nachholen. 2002 drehte Roman Polanski als Regisseur den mit drei Oscars ausgezeichneten Film, der die bewegende Geschichte des polnischen Juden Wladislaw Szpilman erzählt, eines Pianisten, der 1939 im Warschauer Ghetto auch dank des deutschen Wehrmachtsoffiziers Wilm Hosenfeld überlebt und der Vernichtung in einem Konzentrationslager entgeht. Beiden, Szpilman und Hosenfeld, ist der Preis gedacht, der jetzt erneut in Lüneburg vergeben wurde.
Als Preis gegen das Vergessen, als Sieg der Mitmenschlichkeit über Gewalt und Gehorsam – dafür steht der Hosenfeld-Szpilman-Preis, der am Donnerstag, 3. April, gemeinsam von der Stadt Lüneburg, der Universitätsgesellschaft und der Museumsstiftung Lüneburg im Audimax der Leuphana Universität verliehen wurde.
Die Geschichte der Namensgeber des Preises ist bewegend: Am 17. November 1944 entdeckt der deutsche Wehrmachtsoffizier Wilm Hosenfeld den jüdischen Pianisten Wladysław Szpilman in dessen Versteck im Ghetto von Warschau. Er lässt ihn nicht erschießen und liefert ihn auch nicht der SS und der Gestapo aus, sondern versorgt ihn heimlich und rettet ihm das Leben. Hosenfeld selbst kommt nach dem Krieg in russische Gefangenschaft und von dort nicht mehr zurück, 1952 starb er in Wolgograd. Szpilmann arbeitete nach dem Krieg als Musiker weiter, er starb im Juli 2000 in Warschau.
Nach den beiden Männern ist heute der Hosenfeld-Szpilman-Preis benannt, mit dem herausragende Projekte der Erinnerungskultur ausgezeichnet werden. In diesem Jahr geht er an die polnische Organisation Borussia – Stiftung und Kulturgemeinschaft Olsztyn/Alleinstein.
"Ich bin gleichermaßen froh und dankbar, dass wir heute den Hosenfeld-Szpilman-Preis an die Kulturgemeinschaft Borussia vergeben. Das kulturelle Erbe, das Sie pflegen, ist Basis der Werte, die uns tragen", würdigte Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch die Arbeit der Borussia und betonte zugleich, es müsse neben einer Erinnerungskultur auch eine Kultur des Mahnens und Hinsehens geben.
Prof. Dr. Heike Düselder wies als Vorsitzende der Universitätsgesellschaft auf die Bedeutung der Stiftung hin. Sie binde insbesondere junge Menschen aus Polen und Deutschland in Projekte ein, die sowohl Wissen über die Geschichte vermitteln als auch demokratische Werte, Zivilcourage und Toleranz in der Gegenwart fördern.
In seiner Laudatio erinnerte Dr. Axel Smend, Sohn eines Lüneburger Widerstandskämpfers und Ehrenvorsitzender der "Stiftung 20. Juli 1944", auch an das Schicksal derjenigen, die sich den Nationalsozialisten widersetzten und diesen Einsatz, wie sein Vater, mit dem Leben bezahlten: "Sie haben ihren Handlungsspielraum, und war er noch so klein, genutzt." Smend sprach im Gegensatz dazu von der "Schuld der Unschuldigen", von denen, die zugesehen hätten mit der Einstellung: "Da kann man nichts machen."
Kornelia Kurowska, Vorsitzende der Stiftung Borussia, dankte im Namen der Preisträgerinnen für die Auszeichnung: "Es ist uns besonders wichtig, dass insbesondere junge Menschen aus anderen Ländern die Chance bekommen, einander kennenzulernen und zu verstehen." Kurowska mahnte auch, angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine Mut zu zeigen: "Wir fragen uns: Wie geht es weiter mit Europa? Wir bei der Borussia sind der Meinung: Wir brauchen mehr Mut. Mehr Empathie und Menschlichkeit. Und nicht zuletzt brauchen wir Erinnerungen wie die an Hosenfeld und Szpilman. Aber auch weitere, die ihre Geschichten inspirierend und überzeugend weitererzählen. Für den Frieden. Mit Borussia können Sie rechnen."
Unter den rund 200 Gästen, die zur Preisverleihung kamen, waren auch die Enkelkinder Alina Szpilman und Friedhelm Hosenfeld sowie Carl-Peter von Mansberg, der sich leidenschaftlich für diesen Preis eingesetzt hat.
Der Hosenfeld-Szpilman-Preis wurde zwischen 2005 und 2017 durch die Leuphana Universität Lüneburg verliehen. Die Universitätsgesellschaft setzte sich federführend dafür ein, den Preis wieder aufleben zu lassen, 2023 vergab erstmals ein Kuratorium aus Universitätsgesellschaft Lüneburg, Museumsstiftung Lüneburg und Hansestadt Lüneburg den Preis. Die Auszeichnung ist verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro. Finanziert wird der Hosenfeld-Szpilman-Preis vom Rotary Club Lüneburg und der Hansestadt Lüneburg.