Warum für Bundestagsabgeordnete andere Gesetze gelten
09.06.2025 - Die lateinische Redewendung "quod licet jovi, non licet bovi" – frei übersetzt: Was dem Bauern gebürt, gebürt dem Ochs noch lange nicht – bringt passend zum Ausdruck, was gemeinhin auch mit "zweierlei Maß messen" bezeichnet wird. Ein passendes Beispiel haben dafür erneut die Bundestagsabgeordneten mit der Erhöhung ihrer Diäten zum 1. Juli geliefert. Der dafür angesetzte Mechanismus ist nämlich eigentlich der gleiche wie der für die Erhöhung der Renten. Aber eben nur eigentlich.
Zum 1. Juli steigen die Diäten der Abgeordneten des Deutschen Bundestags von derzeit 11.227,20 Euro monatlich auf dann 12.000 Euro, eine Steigerung um 5,4 Prozent. Seit 2016 sind die Diäten an die allgemeine Verdienstentwicklung für Beschäftigte in Deutschland gekoppelt. Die Grundlage dafür bildet der Nominallohnindex, den das Statistische Bundesamt ermittelt. Demnach stiegen die Nominallöhne im vergangenen Jahr um 5,4 Prozent verglichen mit 2023.
Auch die Rentner in Deutschland bekommen ab dem 1. Juli mehr Geld. Und auch hier ist die allgemeine Lohnentwicklung die Grundlage dafür, wie immer wieder von den Rentenpolitikern betont wird. Doch im Gegensatz zu den Diäten steigen die Renten nicht ebenfalls um 5,4 Prozent, sondern nur um 3,74 Prozent. Warum aber ist das so?
Anders als bei der Festlegung der Diäten wird die Rentenanpassung unter anderem durch einen sogenannten "Nachholfaktor" oder "Nachhaltigkeitsfaktor" bestimmt. Dieser berücksichtigt das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern und wird mit dem Faktor gebildet, der die Auswirkung aktuell auf ein Viertel mindert. In der Rentenformel (Quelle: Wikipedia) ist dieser Faktor am Ende zu finden:
◼︎ Faktor gilt für die Diäten nicht
Mit dem -Faktor lässt sich die Rentenerhöhung bequem so steuern, dass nicht etwa der Nominallohnindex wie bei den Diäten zum Tragen kommt, sondern ein Wert, der politisch festgelegt ist und jährlich der Haushaltslage des Bundes und der Einhaltung des sogenannten Mindesrentenniveaus von derzeit 48 Prozent angepasst werden kann.
Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, schließlich steht es um die Rentenkassen nicht gut. Warum aber der -Faktor nur bei den Renten und nicht auch bei den Diäten zum Tragen kommt, erschließt sich nicht. Zwar werden die Diäten nicht von den Beitragszahlern, wohl aber von den Steuerzahlern entrichtet. Einer Gleichbehandlung stünde eigentlich nichts im Wege. Aber eben nur eigentlich. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären.
Vielleicht können es die Bundestagsabgeordneten ja beantworten, wenn sie demnächst in ihren Wahlkreisen ihre Diäten-Erhöhung damit zu rechtfertigen versuchen, dass diese sich wie die Renten an der allgemeinen Lohnentwicklung orientieren. Übrigens: Die diesjährige Diäten-Erhöhung wurde von CDU/CSU, SPD und Grünen beschlossen.