Wer profitiert von der Energiewende?

MIT beklagt Milliarden-Belastung deutscher Stromkunden – Erzeuger sahnen ab

Ist die Energiewende noch zu finanzieren? Die Mittelstandsvereinigung MIT sieht Korrekturbedarf und fordert mehr marktwirtschaftliche Orientierung. Foto: LGheuteLüneburg, 27.03.2016 - Als vor fünf Jahren der Atommeiler im japanischen Fukushima in die Luft flog, war die Druckwelle so groß, dass hier in Deutschland auch Bundeskanzlerin Angela Merkel umkippte. Mit der wankelmütigen Kanzlerin flog auch ihre erst wenige Tage zuvor getroffene Entscheidung zur Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken über Bord, stattdessen kam der Ausstieg aus der Kernenergie. Eine kostenschwere Entscheidung, die deutschen Stromkunden teuer zu stehen kommt: Rund 30 Milliarden Euro müssen sie künftig jährlich als Folge aus dem Ausstieg zahlen, wie Dieter Bischoff, stellvertretender Bundesvorsitzender der MIT Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, bei seinem Besuch in Lüneburg erklärte.

Laut Bischoff setzt sich die Summe zusammen aus 25,7 Milliarden Euro allein in diesem Jahr für die auf 20 Jahre festgeschriebene Einspeisevergütung an die Erzeuger erneuerbarer Energien und etwa einer Milliarde Euro (2015) für Eingriffe in den Netzbetrieb. Hinzu kommen über Jahre geschätzte rund zwölf Milliarden Euro für die Verlegung der Überlandkabel in die Erde, erklärte Bischoff vor den Gästen des MIT-Abends im Roy-Robson-Haus. "Zudem dürfen sich Betreiber herkömmlicher Kraftwerke wegen des Einspeisevorrangs erneuerbarer Energien und der daraus resultierenden Unwirtschaftlichkeit herkömmlicher Energieerzeugung über 1,6 Milliarden Euro freuen, die ihnen von Minister Gabriel zugesagt wurden, damit auch bei Windstille die TV-Geräte laufen können."

Die durch die Energiewende bedingten zusätzlichen rund 30 Milliarden Euro jährlich seien zu zahlen mit der Stromrechnung, für jeden Bundesbürger statistisch mit etwa einem Euro täglich. "Das alles bei einem Anteil öffentlicher Abgaben und Steuern von 52 Prozent des Strompreises, während dieser bei unseren EU-Nachbarn bei 32 Prozent liegt."

Peter Luths (r.) begrüßte als besonderen Gast der "Gespräche MIT-Genuss" den stellvertretenden MIT-Bundesvorsitzenden Dieter Bischoff, der sich über das Wiedersehen mit dem langjährigen MIT-Bundesvorsitzenden Dr. Josef Schlarmann (l.) freute. Foto: MIT/Max ManzkeDeutschlands Nachbarn produzierten währenddessen weiterhin wetterunabhängig kostengünstige Kernenergie. "Und wenn an sonnen- und windreichen Tagen bei uns über Kapazität produziert wird, werden dort die Netze geschlossen, um nicht von unserer Energie überschwemmt zu werden." Frühzeitige Abstimmungen mit den EU-Partnern hätten manche Folgen abmildern können, das aber sei nicht geschehen, kritisiert Bischoff. Elf Jahre vertrat er die Interessen von seinerzeit 4.000 Mineralölhändlern als Vorsitzender des Gesamtverbandes des Deutschen Brennstoff- und Mineralölhandels, seit 1985 diente er der MIT auf Kreis-, Landes- und Bundesebene, seit 2011 als stellvertretender Bundesvorsitzender und Fachmann für Energiepolitik.

Bischoff stellte klar, dass er den Ausstieg aus der Kernenergie ebenso akzeptiere wie er den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien forciert sehen möchte. Zugleich macht er deutlich, dass ein Ausstieg aus Kohle, Öl und Kernenergie gleichzeitig und sofort nicht funktioniere. Wer das fordere, agiere wie ein Geisterfahrer. 

"Nicht etwa haben die Energieverbraucher die Erzeuger zu versorgen, sondern umgekehrt."

Dieter Bischoff, stellvertretender Bundesvorsitzender der MIT Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung

Statt auf die mit der Energiewende verstärkte Planwirtschaft zu setzen, sei es vielmehr geboten, marktwirtschaftliche Prinzipien wieder stärker in den Blick zu nehmen. Nachdem der Staat auf Kosten der Energieverbraucher mit der über 20 Jahre festgeschriebenen Einspeisevergütung für die Erzeuger erneuerbarer Energien in Vorleistung getreten ist, sei es die Aufgabe dieser Erzeuger, sich um die Speicherfähigkeit – und damit Unabhängigkeit von Sonnenschein und Wind – und verlässliche Versorgung zu kümmern.

"Nicht etwa haben die Energieverbraucher die Erzeuger zu versorgen, sondern umgekehrt", fordert Bischoff. Er plädiert zudem für technologieoffene Ausschreibungen. Noch vor wenigen Jahrzehnten habe sich auch niemand vorstellen können, welche technischen Möglichkeiten heute bestehen: "Computer, Handys und Tablets brauchten auch keine festgeschriebenen Ausbaukorridore und garantierte Anschubvergütungen, um den Markt zu erobern." Schließlich sollen Speicherbetreiber auch dann von Umlagen und Steuern befreit werden, wenn sie gespeicherte Energie in den Wärmemarkt geben oder für die Elektromobilität zur Verfügung stellen und nicht nur, wenn sie sie in den Stromkreislauf zurückspeisen.

Diese Maßnahmen seien zu flankieren durch eine Deckelung der Einspeisevergütung auf 25 Milliarden Euro jährlich und eine Senkung der hohen Energiesteuern. Und: Dass Umsatzsteuern auch auf die hohen Energiesteuern erhoben werden und damit der Verbraucher doppelt besteuert wird, gehöre schnellstens abgeschafft.