"Inakzeptabel und entsetzlich"

Die Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an Daniel Cohn-Bendit

Lüneburg, 23.04.2013 - Mit großer Hingabe widmen sich die Medien dieser Tage einem Thema: der Glaubwürdigkeit des selbsterklärten Steuersünders Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München. Weit weniger Beachtung erfuhr hingegen ein anderer: Daniel Cohn-Bendit, Alt-68er, Mitglied der Grünen im Europäischen Parlament und bislang von der deutschen Medienlandschaft stets gern gesehener und zitierter Polit-Provokateur. Ihm wurde am vergangenen Wochenende der Theodor-Heuss-Preis verliehen. Doch nicht seine politischen Visionen, sondern seine pädophilen Vorlieben gelangten dabei ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Von den Grünen im Kreisverband Lüneburg gibt es dafür kein Verständnis.

"Vorstand und Kuratorium der Theodor-Heuss-Stiftung haben beschlossen, den Politiker und Publizisten Daniel Cohn-Bendit mit dem 48. Theodor-Heuss-Preis auszuzeichnen. Er erhält die Auszeichnung angesichts seines langjährigen außerordentlichen Engagements, als Ideengeber und Politiker immer wieder auf Veränderung einzugehen, Lösungen zu suchen und dadurch stets neue Wege in der Demokratie zu beschreiten", heißt es zur Begründung der Preisverleihung an Daniel Cohn-Bendit auf der Internetseite der Stiftung.

Die pädophilen Veranlagungen des EU-Parlamentariers spielten offenbar keine Rolle für das hochkarätige Kuratorium unter Vorsitz von Prof. Dr. Gesine Schwan. Doch genau dieses Thema fand allein noch den Weg in einige deutsche Zeitungen, darunter die "Frankfurter Allgemeine". Sie berichtete über die von starken Protesten begleitete Veranstaltung, in der Cohn-Bendit im Rahmen seiner Dankesrede auch zu seinen frühen Äußerungen über seine sexuellen Handlungen mit Kindern Stellung nahm.

Erneut versuchte Cohn-Bendit am Wochenende deutlich zu machen, dass seine Äußerungen, die er in seinem in den siebziger Jahren erschienenen Buch "Der große Basar" noch stolz präsentierte, nicht der Wahrheit entsprächen. Damals hatte er - ganz den Theorien und Zielen der sexuellen Revolution verbunden - von seinen sexuellen Erfahrungen mit ihm anvertrauten Vier- bis Sechsjährigen und von "Spielen am offenen Hosenlatz" berichtet. Cohn-Bendit war zu der Zeit Mitarbeiter eines Kinderladens an der Uni Frankfurt.

Doch das sei lediglich "eine unerträgliche Provokation gewesen - aber es gab keine realen sexuellen Handlungen mit Kindern", zitiert die FAZ den Preisträger. Der steht jetzt vor dem Dilemma, glaubhaft machen zu müssen, dass seine schriftlichen Bekenntnisse von damals nur Lug und Trug gewesen seien.

Die Reaktionen auf die Preisverleihung und die damit erneut an die Öffentlichkeit gelangten früheren Äußerungen waren in den meisten Online-Kommentaren verheerend. Aber auch Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens distanzierten sich von Cohn-Bendit, wenngleich seine "Bekenntnisse" nicht annähernd den Raum und das Echo fanden, der dem Thema sicher angemessen gewesen wäre.

|| "Inakzeptabel und entsetzlich" - Lüneburger Grüne distanzieren sich ||

Kein Verständnis für die Äußerungen oder gar Handlungen des grünen Europapolitikers haben die Lüneburger Grünen. "Auch wenn wir wissen, dass gerade die 68er-Bewegung von Tabubrüchen geprägt war und man sich gerne wie Cohn-Bendit gegen die bürgerliche Gesellschaft aufgelehnt hat, sind die Äußerungen und Publikationen von Cohn-Bendit zu den 'sexuellen Beziehungen zu Kindern' inakzeptabel und entsetzlich, da sie natürlich auch dazu beigetragen haben, den Kindesmissbrauch und ihre Täter zu verharmlosen", sagte Detlev Schulz-Hendel, Sprecher der Grünen im Kreisverband Lüneburg, gegenüber LGheute.

Von den Alt-68er-Phantasien à la Cohn-Bendit haben sie sich inzwischen weit entfernt. Der Kreisverband Lüneburg setzt sich gemeinsam mit anderen Kreisverbänden für eine Verschärfung der Strafen in Kindesmissbrauchsfällen ein und kämpft für eine Verdoppelung der Verjährungsfristen bei Fällen von Kindesmissbrauch.

Für die Ehrung Cohn-Bendits zeigen die Kreis-Grünen ebenfalls kein Verständnis. "Auch wenn Daniel Cohn-Bendit selbst erklärt, seine Publikationen seien eine Dummheit, und auch wenn Weggefährten diese Aussagen für glaubhaft halten, und auch wenn diese Schilderungen nicht der Wahrheit entsprachen, haben sie sexuelle Gewalt verharmlost und salonfähig gemacht. Das ist sehr schlimm", erklärte Schulz-Hendel. Sexuelle Gewalt gegen Kinder traumatisiere diese ihr Leben lang.

Welchen politischen Flurschaden Cohn-Bendit bei den Grünen angerichtet hat, wird wohl erst im weiteren Verlauf deutlich werden. Schon jetzt aber zeigt sich, dass er nicht mehr die politische Strahlkraft hat, für die er in Stuttgart noch mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet wurde. "Natürlich ist Cohn-Bendit ein glühender Europapolitiker, aber wir brauchen jetzt dringender als je zuvor moralische Instanzen, die für ein gemeinsames Europa antreten. Aufgrund seiner Vergangenheit scheidet hier Cohn-Bendit aber klar und deutlich aus", so Schulz-Hendel.