Blinder Alarm

07.06.2012 - Es war dieses Mal keine 75-Kilo-Bombe wie 2002, sondern nur eine 30-Kilo-Stacheldrahtrolle, die heute Morgen am Meisterweg vom Kampfmittelräumdienst ausgebuddelt wurde. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute Nachricht: 8.000 Menschen standen gestern plötzlich vor der Situation, innerhalb von nicht einmal 24 Stunden ihre Häuser und Wohnungen verlassen zu müssen - und das auch nur für den Fall, dass tatsächlich ein Blindgänger hätte gefunden werden sollen.

Dass die Stadtverwaltung bei Bombenfunden Vorsorgemaßnahmen trifft und treffen muss, ist jedem einsichtig und verständlich. Und dass sie auf solche Situationen gut vorbereitet ist, hat sie gestern und heute erneut bewiesen. Aber warum gestern eigentlich? Warum war plötzlich so dringender Handlungsbedarf erforderlich, dass eine ganze Stadt unvorbereitet in Schrecken und Aufregung versetzt werden musste? Doch nicht, weil eine Bombe drohte, plötzlich zu explodieren.

Seit rund 80 Jahren schlummerte die jetzt gefundene Stacheldrahtrolle, die auch ein Bombe hätte sein können, in vier Meter Tiefe. Sie wurde nicht bei Bauarbeiten entdeckt, sondern aufgrund von Messungen vor Ort, die nur vorgenommen wurden, weil Luftbildaufnahmen aus der Zeit um 1945 dort Bombentrichter ausweisen. Als ehemals bedeutende Garnisonsstadt hat die Stadt Hunderte davon. Insofern war es also eine - man muss es so sagen - völlig entspannte und unkritische Situation, die aber dennoch gestern ohne Not zu hektisch ausgerufenen Katastrophenmaßnahmen geführt hat.

Nicht nur für die Betroffenen wäre es daher besser gewesen, wenn die Stadt die Situation am Meisterweg gestern durch ein unaufgeregteres Handeln in den Griff bekommen hätte. So steht zu befürchten, dass bei einem nächsten Blick auf die Luftbildaufnahmen von 1945 schon bald wieder blinder Evakuierungsalarm ausgelöst wird.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Bombenalarm: Stacheldraht lag dort seit 1930"